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So werden Fans abgezockt

„when i die i want ticketmaster verified fan to lower me into my grave so they can let me down one last time“

 

So schrieb ein Taylor Swift-Fan enttäuscht über das damals neu eingeführte Ticketmaster Verified Fan Programm. Und sprach dabei sämtlichen anderen Fans aus dem Herzen. Denn der Move, der als Kampf gegen Schwarzhandel von Konzerttickets angekündigt wurde, entpuppte sich mehr und mehr als eine Goldgrube für die Sängerin selbst. 

Quelle: Fabio Dena & Creativestockexchange - Shutterstock.com
Quelle: Fabio Dena & Creativestockexchange – Shutterstock.com


Um was handelt es sch beim Verified Fan Programm genau? 
Das Verified Fan Programm der Ticketingfirma Ticketmaster ist eine zusätzliche Sicherheitstechnologie beim Ticketerwerb, die verhindern soll, dass Tickets von Bots anstelle echter Menschen gekauft werden. Denn gerade bei Konzerten mit großem Ansturm werden diese ergaunerten Tickets anschließend zu horrenden Preisen auf dem Schwarzmarkt feilgeboten. Klingt doch erst einmal gar nicht so schlecht. In Deutschland ist das Vorgehen noch nicht sehr gängig, in den USA nutzten es jedoch bereits große Namen wie Ed Sheeran, Bruce Springsteen, Billie Eilish und auch Michelle Obama. Ticketmaster erklärt auf der eigenen Website leicht nachvollziehbar die einzelnen Schritte zum Erwerb einer Konzertkarte: 

Die Anleitung zum Erwerb eines Tickets für John Prines Show in Berlin. Quelle: Ticketmaster
Die Anleitung zum Erwerb eines Tickets für John Prines Show in Berlin. Quelle: Ticketmaster

Normalerweise, so David Marcus, stellvertretender Vorsitzender und Musik-Chef, gegenüber The Verge, landeten zwischen 30 und 50 Prozent aller Tickets auf dem Schwarzmarkt. Dank des Verified Fan Programms wären es bei Bruce Springsteens Broadway-Konzert jedoch lediglich 3 Prozent gewesen. 
Taylor Swifts Boost-Masche
Um auch ihren Fans diesen Vorteil vor Augen zu führen, produzierte Taylor Swift für ihre letztjährige Reputation-Tour eigens ein Erklärvideo: 

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“And we’re excited about an exclusive program to help you get the best access to tickets, in a really fun way.”
Was die Gute aber nicht explizit in diesem Erklärfilmchen erwähnt, ist ein kleiner aber feiner Unterschied: Wer bei ihr die Chance auf gute Karten nicht verstreichen lassen wollte, musste an sogenannten „boost activities“ teilnehmen. Um die Chancen auf ein begehrtes Ticket zu steigern, konnten gegen Boost-Vergütung Videos geschaut, Posts geteilt und – vor allem – Merch gekauft werden. Bei 13 unterschiedlichen Anbietern war ihr Album erhältlich und konnte je Anbieter täglich einmal gegen Boost-Belohnung erworben werden. Kein Wunder, dass sich da einige Kids vom Lieblingssternchen hängen gelassen fühlen. Social Media Posts wurden zwar auch belohnt, aber lange nicht so großzügig wie ein Shopping-Trip in Taylors Merch-Store. Letztendlich wurde also unter dem Strich den Rich Kids ein Dankeschön für’s Geldausgehen beschert. Und Taylor Swift eine sorgenfreie Rente. 
Wie reagierten die Fans darauf? 
Im Internet wurde natürlich heiß über Taylor Swifts neuesten Move diskutiert. “I’ve spent $400 on merch and on 14 preordered Reputation albums and all I really want is for Taylor to see this!! (…) If you guys could please please please tag Taylor and reblog! I can do a giveaway for 13 of the albums too! I really want Taylor to see all that I’ve done!” schreibt ein Swiftie auf Tumblr. 
So engagiert waren jedoch nicht alle bei der Sache. Im Netz hagelte es viel Kritik, wie beispielsweise diese hier von evilhag: 

Quelle: YouTube
Quelle: YouTube

Sie wirft der Sängerin vor, das Opfer zu spielen, wo sie aber doch in Wirklichkeit nur auf das Geld ihrer Fans aus wäre. 
Lyzzie K. ist überzeugt, bei der ganzen Sache handele es sich um reine PR: 

Quelle: YouTube
Quelle: YouTube

Ein paar extra Boost-Geheim-Tipps verrät Star Brand: 

Quelle: YouTube
Quelle: YouTube

Überzeugte Fans stellen sich der Kritik entgegen und verteidigen ihr Idol: 

Quelle: YouTube
Quelle: YouTube

Doch damit nicht genug 
Einen netten kleinen Nebeneffekt, den diese ganze Boosterei der Sängerin bringt, ist ein sicherer Platz in den Billboard Charts. Diese setzen sich aus Verkäufen, Radio-Airplays und Streaming zusammen. 34 Wochen lang gehörte Reputation zu den „Top Current Albums“.
Wem das Talent fehlt, kann sich auch in die Charts kaufen.
Damit aber nicht genug. Wer zu einem Konzert der Amerikanerin geht, kann getrost sein Feuerzeug zuhause lassen. Denn jeder Besucher bekommt ein Armband, das wunderschön im Dunkeln leuchtet. Farbe und Puls passen sich dank RFID-Technologie an die Musik an. 

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Leuchtende Armbänder bei Taylor Swifts Konzerten
Aber nicht nur das: möglich ist mit der RFID-Technologie auch eine automatische und berührungslose Identifizierung und Lokalisierung von Objekten und Lebewesen mit Radiowellen. Der gläserne Konzertbesucher lässt grüßen. 
Zu allem Überfluss nutzte Swift bei ihrer Rose Bowl Performance, also bei einem Football-Match, bei fast allen Gästen eine Gesichtserkennungssoftware – als Sicherheitsvorkehrung. Was hier erwähnt werden muss: Taylor Swift machte in der Vergangenheit durchaus einige schlechte Erfahrungen mit Stalkern, eine gewisse Vorsicht ist ihr da auf keinen Fall schlecht anzurechnen. Sicherheit ist jedoch nur die eine Seite der Medaille, Big Data heißt die andere.

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Wer hat uns verraten? Megadaten!
Taylor Swift als Sündenbock der Konzertindustrie?
Auf keinen Fall! Daten sammelt Taylor Swift nicht als einzige. Kennst du schon diese unfassbar praktischen Festivalbändchen, mit denen du nicht nur auf dem Gelände einchecken, sondern auch noch bezahlen kannst? Praktisch, dass die Veranstalter dann auch gleich wissen, wo du warst, was du gegessen hast, wie du heißt und wie deine Bankverbindung lautet.
Es ist nicht schön, aber leider wahr: In der Konzertindustrie läuft so einiges falsch. Angerissen sei dabei nur die Monopolstellung des Veranstalters Live Nation gemeinsam mit bereits bekanntem Ticketmaster. Unangenehme PR gab es für diese in den Vereinigten Staaten, weil immer wieder der Vorwurf der Erpressung im Raum stand. 
Fast 30 Milliarden werden in der Konzertbranche weltweit jährlich verdient, in Deutschland sind es etwa 5 Milliarden. Dabei verdienen ein paar wenige Künstler sehr viel Geld, während die anderen sich den Rest teilen müssen. Dass dieser dann nicht einmal dem Mindestlohn entspricht, von einer schönen Rente gar nicht zu sprechen, ist leider keine Seltenheit. Unternehmen wie Live Nation sind Aktiengesellschaften. Es handelt sich um profitorientierte Firmen, keine kulturellen Samariter. 

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Hier geht’s nicht um Musikgeschmack, sondern um Business.
An alle Musikernerds:  lasst uns nicht verzagen und uns diesem Musikindustriepessimismus entgegen stellen. Auch wenn Taylor Swift ihre Fans hängen lässt: viele andere Bands tun genau das nicht und freuen sich auf die nächste Tour durch die Clubs dieses Landes.
Geht Rammstein auf Tour, freut sich nicht nur die Konzert- sondern auch die Rollrasenindustrie.
EDM-Produzent Gareth Emery zeigt, was im Musikbusiness sonst noch so falsch läuft.

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Quelle: Fabio Dena & Creativestockexchange - Shutterstock.com

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