Praxis
Warm ‘n nice
Attribute sind eine subjektive Sache und Begriffe wie „warm“, „dick“ und „dirty“ zwar hilfreich, aber eben auch etwas irreführend, weil sie wenig Aussagekraft bezüglich der Nuancierung haben. Der Germanium Compressor ist zuallererst – in Hard- wie auch Software – ein High-End-Kompressor mit sauberem Regelverhalten und präzisem Sound, der hochflexibel ist und sich dank vieler Comp Curves musikalisch nutzen lässt – insbesondere der sanfte R Soft Mode sei hier empfohlen. Fehlende Zeitangaben bei Attack und Release unterstreichen das – die umspannten Zeitbereiche sind allerdings durchaus groß und so aufgelöst, dass vom subtilen Spitzenschneiden bis hin zum „gemäßigten Slammen“ ziemlich viel geht.
Und ja, grundsätzlich macht der Chandler untenrum dick, in den Extremen gibt es sogar deutlichere Färbungen, die vor allem für Rock und Pop zuträglich sind, aber auch Techno mit Punk-Attitüde schmeichelhaft sein dürfte. Bei ganz feinen Spielarten könnte er aber durchaus etwas zu dick auftragen. So war das eben damals – und das ist gut, selbst wenn der Chandler ein Gerät der Neuzeit ist. Und nochmal ja, bei hohen Gain-Settings rauscht der Germane auch ein wenig, aber das ist absolut nicht der Rede wert. „It has an analog sound“ und den fängt das Plugin entsprechend gut ein – viel mehr als andere „Vintage“-Plugins, wie ich finde. TippTopp, Softube!
Fein dossierbar
Für die unterschiedlichen Comp Curves muss man aber schon genauer hinhören. Wer die Axt im Walde sucht, ist dann eventuell enttäuscht – aber genau diese Nuancen sind es nun mal, die ein gutes Master bzw. Mix von Laienarbeit unterscheiden. Das Gleiche gilt auch für den Drive. Und entgegen meiner üblichen Herangehensweise gehen wir gleich in die Vollen, um einmal das Maximum auszuloten. Hier geht was – aber Verzerrung alá iZotope Trash ist das natürlich nicht ;-).
Beim kleinen Stem-Mix des folgenden Demos hört man den subtilen Charakter deutlicher, weil er sich über alle sieben Spuren addiert – und ich mit dem Drive und Feebdack auf den einzelnen Spuren auch nicht gespart habe. Aber wie sagt man so schön: In der Übertreibung liegt die Darstellungskraft! In der Realtität hätte ich einzelne Spuren mit dem EQ wieder etwas ausgedünnt, aber das Ziel des Demo-Mixes war es ja, bestehende Spuren nur mit dem Germanium Compressor und nichts anderem oder weiterem zu bearbeiten.
Germanium passt hervorragend zu Bass! Und auch Drums und Summen profitieren, wenn auch der Chandler dafür nicht unbedingt meine erste Anlaufstation wäre. Eine echte Paradedisziplin sind wiederum Gitarren: egal, ob elektrisch oder akustisch. Auf Keys und Synths überzeugt er ebenfalls, besonders beim Moog fällt mir auf, wie schön der Germanum Comp ihn abrundet, gleichzeitig aber auch weicher und edler macht. Instant Money, sozusagen. Die Acoustic Gitarre wiederum bekommt deutlich mehr Body und wirkt viel weniger blechern. Bei den Vocals hingegen sorgt der Chandler für eine ordentlich Portion Griffigkeit und Präsenz – und das bei nur relativ wenigen Dezibel GR.
Comp Curves
Im Folgenden möchte ich die unterschiedlichen Curves und ihre Regelvorgänge nochmal detaillierter am Beispiel Bass zeigen. Hier habe ich nur die Comp Curve geändert und alle anderen Parameter gleich gelassen.
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Was könnte noch besser?
Am Chandler selbst hab ich wirklich nichts zu meckern, drei Dinge könnte man in der Software aber optimieren: Erstens „knallt“ mir der Chandler unter gewissen Bedingungen zu sehr rein, wenn man den Bypass der DAW nutzt, weil er sich erst „Einschwingen“ muss – und das stört. Zweitens würde ich eine automatische Gain-Kompensation begrüßen, die den Drive auch ohne irritierende Pegelanhebung spürbar macht.
Und zu guter letzt wäre für mich – neben dem L/R und M/S-Mode – auch ein Chain-Mode denkbar. So könnte man zwei Chandlers in Reihe nutzen, ohne das Plugin verlassen zu müssen, beziehungsweise umständlich zwischen zwei identisch aussehenden Instanzen innerhalb der DAW jonglieren zu müssen.
Spankous sagt:
#1 - 14.03.2020 um 17:37 Uhr
Sind wir schon so weit das 199 euro im angebot für ein einzelnes Compressor Plugin nichtmal eine erwähnung "verdienen" ? :-) Nicht schlecht. In zwei Jahren kosten Plugins 300+ einstieg aber nur die "guten". Ziffern und Bytes werden schliesslich jedes Jahr teuerer weil sie in der Natur schwer zu finden sind. Man muss tief in taschen graben.
Felix Klostermann sagt:
#1.1 - 17.03.2020 um 03:43 Uhr
Hallo Spankous, ich finde den Preis kein Schnäppchen aber gerechtfertigt, denn Entwicklungen auf dem Niveau kosten Geld und riesige Absatzzahlen dürfte dieser Spezialist auch nicht bringen. LG; Felix
Antwort auf #1 von Spankous
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenMarcus Morgan sagt:
#2 - 17.12.2021 um 21:02 Uhr
exzellente Bewertung, ganz meine Meinung, ein fantastischer Kompressor, danke für den Test!