Praxis:
Preset Sounds
Bevor wir ans Eingemachte gehen und selbst tätig werden, gibt es zu Beginn unseres Tests zunächst einmal ein paar Kostproben aus dem Preset-Regal. Insgesamt stehen hier 30 verschiedene Sounds zur Verfügung.
Wir starten mit Preset Nummer 5 (Clean), das mit der Vintage-Box arbeitet. Der Gain-Regler steht fast ganz links. Den Klang, den man mit einer Humbucker-Gitarre erhält, würde ich als dreckigen Clean-Sound bezeichnen. Bei härterem Anschlag kommt es zu einem leichten Zerren, eine durchaus als „natürlich“ zu bezeichnende Reaktion eines echten Amps.
Unter der Bezeichnung Crunch Classic Rock kommt dieser Sound zum Vorschein.
Wie man im Screenshot sehen kann, ist der Lead-Schalter noch nicht aktiviert, wir sind nach wie vor im Rhythm Modus.
Mit dem Preset Scoop1 wird schon eine härtere Gangart einschlagen, Lead ist aktiviert, Gain steht auf kurz vor 15 Uhr und man erhält einen kernigen Metal-Sound mit leicht abgesenkten Mitten.
Für dich ausgesucht
So, die Gain-Bandbreite wäre also grob abgesteckt. Der Vollständigkeit halber hören wir uns jetzt aber noch mal den maximalen Gain-Pegel in Verbindung mit einer Les Paul an.
Sehr angenehm fällt hierbei auf, dass die Lautstärke beim Aufdrehen des Gain-Reglers nicht gravierend höher wird, denn dieser Metal Amp hat ja kein Master-Volume. Um das Ganze dennoch stressfrei „handlebar“ zu machen, wird die Lautstärke mehr oder weniger automatisch geregelt (Supernormalize Feature). Und die Lautstärkeverhältnisse sind hierbei so gut aufeinander abgestimmt, dass ich für meinen Teil jedenfalls das Master-Volume nicht vermisse.
Noise Gate
Bei maximalem Gain bretzelt es schon ordentlich und auch der Nebengeräuschpegel in den Spielpausen ist mächtig. Aber das ist bei HiGain Sounds ja ganz normal – und so kommt das Noise Gate ins Spiel.
Die Reaktionszeit des Gates ist sehr schnell und das Ganze kann stressfrei mit einem einzelnen Regler justiert werden. Bei den Sound-Presets ist das Gate generell ausgeschaltet, jeder Gitarrist muss es entsprechend seiner individuellen Anschlagstärke und dem Output seiner Gitarre anpassen.
Im nächsten Audio hört ihr den Unterschied zwischen ausgeschaltetem und aktiviertem Gate bei maximalem Verzerrungsgrad. Nach zwei Durchgängen wird das Gate eingeschaltet.
Da gibt es nichts zu meckern. Das Gate arbeitet einwandfrei und wirklich schnell. Der Anfang des Anschlags ist unmittelbar zu hören und auch am Ende des Akkords macht das Gate sofort zu, sobald der Ton abgestoppt wird. Lediglich bei ausklingenden Akkorden kann es bei hohen Gate Einstellungen zu „wackeligen“ Tönen kommen. Dennoch: Das Ziel ein gutes Gate für Genre-typische Staccato-Attacken zu liefern, ist hier definitiv erreicht worden.
Klangregelung
Voraussetzung für einen vielfältigen Metal-Sound ist eine Klangregelung mit hohem Wirkungsgrad. Daher werfen wir mal ein Auge oder besser ein Ohr auf die Arbeitsweise der Klangregelung. Neben Bass, Middle und Treble stehen auch noch Depth und Presence zur Verfügung.
Folgende Amp-Einstellung wird in den nächsten Audios zum Einsatz kommen:
In den nächsten Beispielen hört ihr immer drei verschiedene Einstellungen des gerade im Fokus stehenden „Potis“, zuerst 7 Uhr, dann 12 Uhr und zuletzt 17 Uhr. Jeweils nach einem Durchgang des Riffs kommt die nächste Reglerposition ins Spiel.
Der Bass-Regler arbeitet in einem Bereich um ca. 150 Hz und sorgt bei Vollanschlag für einen sehr fetten Ton, der aber bei Riffs auf den tiefen Saiten nicht undifferenziert und matschig wird.
Aktiviert man den Deep-Schalter, wird der Tiefbassbereich noch zusätzlich angehoben. Auch hier kommt es selbst bei voll aufgedrehtem Bass zu keinem Soundbrei.
Die Mitten lassen sich um 1 kHz weiträumig bearbeiten, vom Scoop-Sound bis zum britischen Mittenbrett sind hier alle Möglichkeiten gegeben.
Wem die Mittenabsenkung per Regler nicht ausreicht, der kann Gebrauch vom Scoop Schalter machen, der den Klang noch extremer in den Mitten ausdünnt. Hier ist das Ergebnis, wieder mit den drei Einstellungen des Mitten-Reglers, allerdings mit aktivierter Scoop Funktion.
Der Treble-Regler hat seinen größten Wirkungsradius in einem Bereich zwischen der 12 und 17 Uhr, vorher passiert wenig. In heruntergeregeltem Zustand ist der Klang eher muffig, hinter der 15 Uhr Marke wird es dann schon recht spitz. Allerdings hat man in diesem Fall noch die Möglichkeit dem Ton mit dem Presence-Regler seine Schärfe zu nehmen. Experimentieren ist also erwünscht.
Die nächsten beiden Regler, Depth und Presence agieren im „echten Amp“ in der Endstufe und sind für Bottom- und High End-Anteile zuständig. Hier sind die drei Einstellungen (7, 12, 17 Uhr) des Depth-Reglers, Bass steht auf 12 und Deep ist nicht aktiv. Bei vollaufgedrehtem Regler gibt es auch hier einen fetten und durchsetzungsfähigen Sound.
Der ein oder andere wird sich jetzt vielleicht die Frage stellen, warum soviel Schalter und Regler für die Bässe benötigt werden. Ich persönlich finde das sehr sinnvoll, denn man kann den Klang so wirklich sehr feinfühlig einstellen und sehr unterschiedliche (Metal) Sounds erzeugen. Es klingt immer etwas anders – aber niemals schlecht…
Zu guter Letzt noch die drei Eckeinstellungen des Presence-Reglers, dessen Einsatzbereich etwas höher liegt als der des Treble-Reglers. Bei höheren Einstellungen wird der Klang erheblich frischer, so als hätte man die Wolldecke von den Speakern genommen.
Cabinets
Als Nächstes wollen wir uns um die beiden Speaker-Cabinets kümmern. Das Linke klingt moderner und hat etwas härtere Höhen, während die rechte Box einen Tick weicher und Vintage-mäßiger rüber kommt. Je nach Geschmack kann so noch einmal Einfluss auf die grundsätzliche Ausrichtung des Gitarrensounds genommen werden. Die Boxen wurden im Studio der bekannten Metal Band „In Flames“ ausgemessen und dann in die Software gepresst. Ihr hört beide Cabinets mit der gleichen Ampeinstellung- und Mikrofonierung.
Mikrofonierung
Wie allgemein bekannt sein dürfte, haben Mikrofon-Typ und Positionierung eine nicht unwesentliche Auswirkung auf den Klang. Klar, dass auch Softube versucht hat, dieses „Phänomen“ perfekt nachzustellen. Zur Verfügung stehen pro Box je ein simuliertes dynamisches Mikrofon und ein Kondensator-Mike. Das Dynamische klingt etwas härter, die oberen Mitten kommen hierbei sehr gut zur Geltung. Das Kondensator-Mikrofon gibt dem Klang eher eine weiche Färbung. Mit dem Balance-Regler kann man die beiden Signale anteilig mischen und so sehr individuelle Ergebnisse erzielen.
Hier sind drei verschiedene Einstellungen, einmal nur das Dynamische Mikrofon, dann nur das Kondensator und danach beide zu gleichen Anteilen gemischt. Beide Mikrofone sind direkt am Speaker positioniert.
Auch die Klangunterschiede durch individuelle Positionierungen des Mikrofons haben die Sound-Designer sehr gut simuliert. Zum Beweis hört ihr jetzt noch einmal die drei extremen Einstellungen des dynamischen Mikrofons, einmal am Rand des Lautsprechers (direkter Sound, weicher Ton) , dann in der Mitte (direkter Sound, harter Ton) und zu guter Letzt die am weitesten mögliche Entfernung zum Lautsprecher – der Raumanteil wird so wesentlich größer.
Jetzt gibt es auch noch die Option, die beiden Mikrofone im Stereo-Panorama nach außen zu legen, allerdings nur, wenn beim Plug-In ´Mono->Stereo´ angewählt ist. Hier können mit einer Gitarrenspur schon recht breit klingende Sounds erzeugt werden. Ihr hört das Ganze wieder in drei verschiedenen Regler-Positionen (7, 12, 17 Uhr). Das Kondensator-Mikrofon steht etwas im Raum. Wie im echten Leben kommt es bei dieser Position zu Phasenauslöschungen, die durch Aktivieren des Phase Inv Schalters eliminiert werden können. Eine sehr realistische Nachbildung.
Ansprache und Klangwiedergabe
Das Spielgefühl kann man für ein Software Plug-In als gut bezeichnen. Die Anschläge werden sauber übertragen und auch Pick-Harmonics sprechen schnell an – ein wichtiger Aspekt für eine ausdrucksstarke Metal-Gitarrenperformance. Auch mit dem Volume-Poti an der Gitarre lässt sich der Verzerrungsgrad gut regeln. Das funktioniert am besten im Rhythm Channel. Ihr hört diesen Kanal zuerst mit Volume-Poti an der Gitarre auf ´3´, dann auf ´10´.
Der Lead-Modus ist sehr brachial, denn hier soll es ja richtig zur Sache gehen. Trotz hoher Verzerrung gibt der Metal Amp aber immer noch einen klaren Ton von sich, was man im folgenden Akkordtest klar hören kann. Die Akkorde E,G,D,A,E werden nacheinander angeschlagen und sind als solche noch zu erkennen. Vor allem beim letzten E-Akkord hört man deutlich den Anschlag der einzelnen Saiten.