PRAXIS
Nach Öffnen des PlugIns blicke ich in ein ansprechend gestaltetes GUI, das fotografisch echt aussieht. Auch optisch hat man sich hier sehr nahe an der Vorlage orientiert. Sogar Schatten, die anders fallen, wenn man einen Kippschalter umlegt, wurden bedacht. Das VU-Meter verströmt mit seinem wohlig-gelblichen Licht eine willkommene Wärme im digitalen Studio, seine Anzeigenadel gibt zuckender oder wippender Weise zuverlässige Auskunft über die Gain-Reduction oder den Ausgangspegel.
Die Saturation-LED erleuchtet, wenn die Sättigung in den hörbaren Bereich kommt. Im oberen Bereich des GUI werden die Armaturen des „echten“ TLA-100A abgebildet, im unteren Bereich sind die oben genannten Zusatz-Features der Softwareversion untergebracht. Das PlugIn lässt sich gut mit der Maus bedienen, auch das Mausrad spricht an.
Unten am linken Rand des GUI wird der numerisch Wert des aktuell bearbeiteten Parameters angezeigt, wenn man es möchte. Einstellungen dazu kann man auf der „Rückseite“ des PlugIns vornehmen, wo man per Klick auf das Feld SETUP gelangt. Auch ein Mausrad Reverse-Mode kann hier aktiviert werden.
Ein paar Presets werden mitgeliefert. Das ist gut, um sich erst mal einen Überblick zu verschaffen. Die Bedienung des Softube TLA-100A ist mehr oder weniger selbsterklärend, so viele Möglichkeiten hat man hier aber auch nicht. Die entscheidenden Parameter sind Attack, Release und Gain-Reduction. Hier lohnt es sich, Zeit zu investieren und viele Kombinationen durchzuspielen. Der Gain-Reduction-Regler ist fein aufgelöst, hier schraubt man über einen tendenziell weiten Regelweg.
Für dich ausgesucht
Bei den drei festen Werten für Attack und Release wünschte ich mir oft die Möglichkeit, präziser eingreifen zu können. Aber genau an solchen Punkten merkt man, dass man es nicht mit einem normalen aktuellen Kompressor zu tun hat, sondern mit einem alt-ehrwürdigen „set and forget“ Leveling-Amplifier, der hier digital nachempfunden wird.
Ist ein Kompressions-Setting im Kontext der Gesamtmischung vielleicht etwas zu pumpend oder aufdringlich geraten, kann auch die Parallelkompression (Parallel Inject) ein guter Weg sein, diese Situation zu entschärfen. Auch ein überkomprimiertes Signal (wet), das auf diesem Wege nur ganz leicht dem zum Originalsignal (dry) hinzugemischt wird, kann manchmal das letzte fehlende Quäntchen Biss bringen.
Saturation ist ein gutes Feature, um dem Sound einen körnigeren oder weicheren Schliff zu verpassen. Harte Signale (Transienten) werden weicher, Pegelspitzen werden abgefangen und dumpfe Signale bekommen mehr Höhen. Besonders bei perkussiven Klängen funktioniert die Saturation gut. Blinkt die Sättigungs-LED zu oft, ist die Verzerrung meist deutlich hörbar. Mir klingt sie bei Maximalwerten ein bisschen zu harsch.
Oft wünsche ich mir einen integrierten Brickwall-Limiter im Ausgang, denn gerade bei den schön klingenden langsamen Attackzeiten des TLA-100A überschreitet oft nur der allererste Pegelausschlag die 0-dB-Grenze um einen Hauch. Ein erhöhter Saturation-Wert kann hier helfen, solche Clippings abzufangen, was aber natürlich mit einem „röhrigeren“ Sound einhergeht. Ein guter Work-Around ist es daher, einen zusätzlichen Limiter hinter dem TLA-100A nach dem Motto zu platzieren: den TLA-100A für den Sound, den Limiter für das letzte Wort bei der Dynamik Kontrolle.
Low Cut bzw. Low Frequency Detector sind gute Hilfen, um zu vermeiden, dass die Kompressionseinheit des TLA-100A unter der Last zu tiefer Frequenzen zu ächzen beginnt. Ein Beispiel: Komprimiert man eine Gruppe wie Schlagzeug stärker, verzerren oft die Bassdrum oder die tiefen Toms. Um diesen Trash-Effekt bei gleichbleibend starker Kompression zu vermeiden, kann man den Low Cut oder den Low Frequency Detector einsetzen. Die energiereichen tiefen Frequenzen werden herausgefiltert oder nicht zum Triggern des Kompressors herangezogen. Unerwünschte Verzerrungen bleiben aus.
Mit dem Side-Chain habe ich keine Ergebnisse erzielt, die man hier in so einem Produkttest hervorheben müsste. So etwas können viele andere (Software-) Kompressoren genauso gut bis besser, möchte ich behaupten. Auch als Mastering-Kompressor fand ich ihn nicht optimal. Er machte den Gesamtklang oft etwas verwaschener und matter. Attribute, die andererseits aber auch oft für den beliebten Vintage-Sound stehen.
Insgesamt ist der Softube TLA-100A nicht als effektiver, zupackender Lautmacher zu verstehen, nicht als präzise arbeitendes Dynamik Tool, sondern mehr als geschmackvoller Klangformer für Einzelspuren oder Subgruppen. Er holt natürlich auch ein paar Dezibel an Dynamik heraus, das Entscheidende ist jedoch seine weiche und warme Klangfärbung. Besonders bei Vocals oder Basslines kommt seine Stärke gut zur Geltung, wenn man ihn sanft einsetzt. Auch auf Drum-Gruppen oder einer verhallten Gitarrenspur hat er mir gut gefallen. Hier kann man ihn auch mal pumpen lassen und insofern von seinem warmen Charakter profitieren, weil die harschen, knalligen Klanganteile nicht so sehr betont werden. Auch eine schöne Räumlichkeit entsteht schnell. Leider steht in meinem Studio kein Summit Audio TLA-100A, sodass ich nicht beurteilen kann, wie nah die Softube-Nachbildung an das Original herankommt.
Pimpifax sagt:
#1 - 28.12.2011 um 21:04 Uhr
Was ist das denn für ein Song? Klingt extrem gut. Sowohl soundtechnisch, als auch melodiös. Diese perkussive Orgel, die die arpeggio-mäßige Oktave spielt erinnert mich klanglich an (m)eine Philicorda...
BonedoRuben sagt:
#2 - 12.01.2012 um 18:49 Uhr
Hallo Pimpifax, hier Ruben. Den Beispielsong habe ich mir höchstpersönlich für diesen Test ausgedacht. Schön, dass er Dir gefällt! Das Oktav-Riff habe ich mit der Farfisa Orgel aus dem Clavia Nordstage EX gemacht. Grüße