Details:
Der TSAR-1 aus dem Hause Softube ist ein algorithmisches Hall-PlugIn für das VST-, AU- und RTAS-Format und läuft sowohl auf dem Mac als auch unter Windows.
Algorithmisch bedeutet das, dass von den eingestellten Parametern ausgehend unterschiedliche mathematische Formeln zur Modellierung eines Raumklangs genutzt werden. Das fängt bei einfachen Delays zur Simulation der Early Reflections an und endet bei komplexeren Berechnungen zur Zersplitterung und Brechung des Sounds an den “virtuellen Wänden” zur Erzeugung authentischer Hall-Fahnen bzw. -Wolken.
Die Softube-Kreation, welche optisch durchaus mit echter Hardware zu verwechseln ist, ist zwar ein wenig verspielt geraten, dennoch aber sehr logisch aufgebaut. Das ist eindeutig dem Firmenhintergrund geschuldet, denn bisher hatte man sich vor allem der Emulation echter Analog-Schätzchen angenommen, und solche PlugIns werden nun einmal standesgemäß mit einem fotorealistischen GUI versehen. Das ist Geschmackssache, nicht jedermanns Ding und bei einer Neuentwicklung auch durchaus hinterfragbar, aber nun gut.
Folgende Parameter sind eindeutig zu erkennen und – von links nach rechts – den Fadern und folgenden Funktionen zugeordnet:
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- Fader 1: Das Predelay steuert die Verzögerung zwischen dem trockenem Signal und der Hallfahne und kann bei größeren Werten auch als Effekt (“Slap Back Echo”) benutzt werden.
- Fader 2: Steuert mit Time die Nachhallzeit, also die Zeit, bis der Nachhall ein gewisses Maß an Energie verloren hat, was in der Realität vielen reflektierenden Flächen entsprechen würde. Wird im Allgemeinen auch mit Länge bzw. RT60 bezeichnet und ist maßgeblich am Klang des Endresultates beteiligt.
- Fader 3:Der Density (von Sparse zu Low bis High) Parameter sorgt für die Dichte der entstehenden Wolke, erhöht also die Anzahl der Reflexion im Zeitbereich, wodurch diese enger beieinander liegen, was den Eindruck eines kleineren Raumes erweckt. Das Gegenteil kennt man von Flatter-Echos, die quasi ein 0% Density Reverb darstellen.
- Fader 4: Der Tone-Regler, wer hätte es gedacht, stimmt den Nachhall heller oder dunkler, indem die entsprechenden Frequenzbereiche einen betont längeren Nachhall erhalten. Der Effekt hält sich in Grenzen und wird vor allem durch das nachgeschaltete High-Cut maßgeblich beeinflusst.
- Fader 5: High-Cut steuert die obere Einsatzfrequenz des globalen Low-Pass-Filters und wirkt dabei sowohl auf die Hallfahne als auch auf die ersten Reflexionen.
Über den virtuellen Fadern befindet sich das “Display”, welches neben vollen Parameternamen der Bedienelemente auch deren aktuellen Wert sowie in Klammern den zuletzt eingestellten Wert visualisiert. Besonders praktisch ist dabei die Funktion für den A/B-Vergleich unterschiedlicher Reglerwerte geraten: Mit einem Klick auf den entsprechenden Parameter im Display stellt sich der zuletzt verwendete und in Klammern dargestellte Wert ein. Ein weiterer Klick schaltet wieder auf den vorhergehenden Wert um, usw. Für eine grobe Pegelkontrolle stehen zusätzlich links und rechts kleine Ein- und Ausgangs-Levelanzeigen zur Verfügung, die auch über eine Overload-Anzeige verfügen.
Oberhalb des Displays befinden sich weitere Regler, die von korrespondierenden Lämpchen flankiert werden. Auch hier gehen wir wieder der Reihe nach vor, von links nach rechts:
- „Early Reflections Type“ stellt Variationen der ersten Reflexionen ein und sorgt damit für den unterschiedlichen Raumeindruck nach Größe und Volumen, und zwar nach folgenden Attributen: Groß, Medium und Klein.
- „Early Reflections Mix“ legt das Verhältnis der Lautstärken von der Hallfahne und den ersten Reflexionen zueinander fest und bedarf eigentlich keiner weiteren Erläuterung.
- „Diffusion“ sorgt bei hohen Werten für einen runderen “Overall-Sound“, raubt im Mix aber auch Platz. Hier spielt man am besten in Verbindung mit Density herum. Zur Verfügung stehen wieder drei Werte: Medium, Low und High.
- „Modulation“ ist der dritte im Bunde der Dreier-LED-Schalter und sorgt für die Pitch-Modulation der Hallfahne und sollte für ein natürliches Ergebnis auf Random gestellt werden. Mit Fast und Slow erhält man eher Chorus-artige Sounds, die vor allem bei langen Decay-Zeiten überzeugen können.
- „Reverb Mix“ sorgt für das Mischverhältnis aus unbearbeitetem Signal und dem Effektsignal, aus den ersten Reflexionen und der Hallfahne. Das PlugIn lässt sich somit sowohl als Insert- sowie Return-Effekt nutzen.
- „Output Vol“ übernimmt die Kontrolle über die globale Lautstärke.
Die Steuerung des PlugIns nimmt man am besten mit der Maus vor und holt sich dabei Unterstützung von den zusätzlichen Tastatur-Kommandos. Zur Feinabstimmung bemüht man die Apfel- oder Ctrl-Taste, mit der ALT-Taste setzt man die Fader in „Default“-Stellung. Auch an den Mausrad-Support wurde gedacht.
Die Auswahl an Presets ist nicht besonders groß, deckt aber alle Grundverwendungszwecke ab und bietet so genügend Ausgangspunkte für Eigenkreationen. Freundlicherweise wurden die Presets in zwei Gruppen gegliedert.
„Modern“ liefert dabei anwendungsorientierte Bezeichnungen wie Large Hall, Drum Chamber, Vox Plate, u.ä. Die Rubrik „Vintage“ präsentiert dagegen eine Sortierung nach “klingt wie”. Hier findet man z.B. eine EMT Plate oder einen 224 Room. Das macht Sinn.
Unterstrichen wird der Gedanke des Selber-Kreierens und -Verstehens außerdem durch zwei Schnellstartknöpfe für das Quick-Start und das Manual-PDF, welche beide hervorragend und informativ, allerdings in englischer Sprache gestaltet wurden.
Das PlugIn unterstützt außerdem auch volle DAW-Automation, allerdings muted sich der Reverb bei gewissen Parameterfahrten, um so genannte “Zipper-Sounds” zu vermeiden. Führt euch deshalb folgendes Video zu Gemüte – deutlich ist zu hören, wie der Reverb bei der Density-Automation aussetzt. Manche Anwender werden das vielleicht schade finden, prinzipiell geht das aber in Ordnung. Bleiben wir gleich dabei, was ich auch noch auf Anhieb vermisse: Eine Reverse-Funktion sucht man vergebens. C´mon! It´s the 21st century!
Weiterhin bietet dieser Reverb-Prozessor auch einen Mono- und Stereo-Modus, der sich aufgrund der DAW-Settings ergibt. Da es sich um einen “True Stereo”-Reverb handelt, bedient der linke Kanal also auch den rechten sowie umgekehrt, dadurch bietet sich die Verwendung des Stereo-Modes auch auf Mono-Spuren an. Man speist dann einfach links und rechts das deckungsgleiche Mono-Signal ein.
Dominik sagt:
#1 - 06.10.2011 um 20:20 Uhr
Bin selbst benutzer des TSAR-1 und kann sämtliche Aussagen in dem Artikel unterstreichen. Ich sehe das Plug-In als hervorragende Ergänzung zu einem Faltungshall-Plug-in wobei ich zugeben muss, dass ich meinen Altiverb grad wegen dem TSAR-1 etwas anstauben lasse, nicht unbedingt wegen dem Sound sondern wiel man in einem Faltungshall-Plug-In einfach sehr lange braucht, bis man den gewünschten Hall gefunden hat. In der Postpro mag das einfacher sein aber in der Pop-Musik interessiert es nicht wie das Preset heißt sondern allein wie es klingt. Im TSAR-1 kann man den Hall innerhalb von 10 Sekunden zurechtbasteln so dass es passt und später immer noch Feinjustierungen vornehmen. Würde mir übrigens gar nicht angewöhnen, die Presets zu verwenden, kostet viel zu viel Zeit.