Praxis
Verwendung
Will man die Lyra ansatzweise wie einen klassischen Synthesizer, ja überhaupt wie ein tonales Instrument spielen, gilt es zunächst, die acht Stimmen in einen harmonischen, wahlweise auch dissonanten, Kontext zu bringen. Dazu muss man sie stimmen: Entweder per Ohr, oder mit einem externen Tuner. Gerade das freie Stimmen, rein nach Gehör, sorgt aber immer wieder für interessante Intervallschichtungen. Die Skalierung der Potis ist dabei gut gewählt, so dass es mit feinfühligem Schrauben eigentlich immer gelingt, die gewünschte Tonhöhe anzufahren. Hilfreich ist dabei die Hold-Funktion, die sämtliche Stimmen einer Vierergruppe bedient. Apropos Bedienen: Das Spielen auf den Sensoren erfordert ein kleine, aber doch vorhandene Lernkurve. Kontakt ist immer gegeben, wenn ein Teil des Körpers (beispielsweise ein Finger der linken Hand) Berührung mit einem (beliebigen) Pin der unteren Reihe hat. Wenn man dann mit der gleichen oder anderen Hand einen oder mehrere Schaltflächen der oberen Reihe betastet, erklingt die entsprechende Stimme. Bei kurzem Antippen erklingen Noten leiser und kürzer, weil dann nicht die komplette Hüllkurve durchlaufen wird. Durch den Trick eine Münze zwischen die Kontakte zu legen, lassen sich gezielt einzelne Note ins Endlos-Legato bringen.
Dreht man alle Regler (Pitch und Tune) in Zwölf-Uhr-Stellung, entsteht eine grundsätzliche Ordnung von tiefen Frequenzen links, höheren rechts. Die Anleitung empfiehlt diese aufsteigende Orientierung auch, da die linken Stimmen schaltungstechnisch für tiefe Frequenzen optimiert sind, die rechten für hohe. Dreht man sehr schnell am Pitch-Regler, geht kurzzeitig die Lautstärke um einige Dezibel runter – besonders, wenn man den Pitch nach unten verschiebt. Schon hierbei entstehen quasi automatisch interessante Drone-Episoden, die ein bisschen B-Movie-mäßig vor sich hin eiern. Der Effekt verstärkt sich, wenn man das globale Vibrato hinzugibt.
Nimmt man die Parameter Sharp und Modulation hinzu und stellt diese pro Gruppe unterschiedlich ein, zeigt sich, dass die Lyra zu durchaus komplexen Klangepisoden fähig ist, wo man beispielsweise im Bassbereich eine Ostinato-Note hält, in der Mittenlage eine LFO-modulierte Note und nach oben hin Legato-Akzente spielt. Gerade in Verbindung mit der FM-Modulation kann die Lyra schnell auch mal ins Garstige Kippen und möchte entsprechend feinfühlig bedient werden. Das integrierte Delay ist ganz klar ein Charakter-Effekt und weniger High-End, denn es fügt dem Signal eine gehörige Rauschfahne und auch eine leicht granulare „Bröselig“ kein hinzu, die eine deutlich Patinierung der Klänge zur Folge hat. Bei extremen Feedback-Einstellungen neigt es auch schon mal zum digitalen Overload und wirkt dann kaputt und krank – auch hier gilt entsprechend feinfühliges Regeln.
Soma Lyra-8 Black Beast Sound Demo (no talking)
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Mehr InformationenKlang
Ohne jegliche Modulationen und tonal sauber eingestellt kann die Lyra durchaus – im weitesten Sinne – melodisch klingen. Freunde des sauberen Klangs könnten sich daran stören, dass in den oberen Tonhöhen ein seltsames metallisches „Mitschwingen“ zu hören ist, das ein wenig an Ringmodulation erinnert. Tatsächlich ändert sich auch die Frequenz, wenn man an der danebenliegenden Tonhöhe einer Gruppe dreht. Aber natürlich ist das auch Teil des Konzeptes.
Ebenfalls ein integraler Bestandteil ist das Delay mit seinen zwei Echo-Strängen und der Möglichkeit zur internen und externen Modulation, das zu einem nicht unerheblichen Teil den Charakter des Lyra prägt.
Unendlich sind die Klangmöglichkeiten allerdings nicht. Es gibt einige Settings, die am ehesten den Bereichen Experiemental, Drone, Ambient und Noize zuzuordnen sind, die es zu entdecken gilt. Hat man diese erforscht, wünscht man sich an manchen Stellen dann doch ein kleines Filter oder zumindest eine Lautstärkeregelung für die Einzelstimmen.
optoz sagt:
#1 - 23.11.2020 um 22:48 Uhr
Der Ansatz ist gut und innovativ. Und man kommt wegen der ungewöhnlichen Architektur automatisch zu anderer Musik. Aber ich muss dem Bericht beipflichten, er fehlt einiges an Einflussmöglichkeiten, was das Instrument um einiges vielseitiger machen würde.Zuerst hatte ich ein Filter vermisst.Und jetzt nach einigen Sessions finde ich es unerträglich auf diese Bass-/Diskantbalance angewiesen zu sein, die der Hersteller vorgegeben hat, weil zwar die Attacks und Releases und die Obertöne der Oszillatoren regeln kann, aber weder die Lautstärke der einzelnen Stimmen, noch die der Parts. Das wäre das mindeste gewesen!So bleibt's letztlich ein One-Trick-Pony! Für bestimmte Effekte super, aber auf Dauer doch zu eintönig.Ist Vlad nach Polen gezogen? Wäre mir neu! Erfunden und zuerst gebaut wurde Lyra-4/-8 in Russland.
Wellenstrom sagt:
#2 - 18.07.2023 um 11:05 Uhr
Das mit dem One-Trick Pony kann man so sehen, muss man aber nicht. Als reines Performance-Tool sind die Einschränkungen schon deutlich, aber im Studio lässt sich damit viel auf die Beine stellen, wenn man diszipliniert Spur für Spur damit einspielt - und man diese Spuren nachbearbeitet. Man sollte das Dingen einfach so begreifen, wie es ist. Habe hier und da zwar schon ganze Tracks nur mit dem Soma Lyra-8 gebaut, aber es ist nun einmal als Drone Synthesizer konzipiert und keine eierlegende Wollmilchsau. Wer sich den Oschi zulegt, muss halt wissen, dass er eine gewisse Sprödigkeit besitzt und einen eigenen, aber doch eng umfassten Klangcharakter hat. Spannend wird es, wenn man sich der Herausforderung stellt, und diesen Synth kontrastierend in einen Popsong einbaut. Auch das geht, und es geht sogar gewinnbringend, sehr intuitiv und gut. Leider wird das Potential dafür vermutlich von vielen Usern außer Acht gelassen. Mein Appell: Entfremdet das Teil ruhig und seht es NICHT als One-Trick Pony. Gerade WEIL der Synth archaisch und rudimentär erscheint, lässt er sich schnell und spontan in einen Song/Track verwursten.