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Sonic Charge Synplant 2 Test

Sonic Charge veröffentlicht mit der GenoPatch-Technologie des Synplant 2 eine der spannendsten Sounddesign-Innovationen der letzten Jahre. Einfach ein Audio-Sample importieren und schon baut GenoPatch sie euch auf dem Soft-Synth nach. Wie gut klingt das? Und wie gestaltet sich der Workflow? Alle Antworten gibt’s hier im Test.

Ein neuer Software Synthesizer? Gähn. Was kann da denn noch kommen? Mal abgesehen von Novum handelt es sich doch meist überall nur Produktpflege und Emulationen. Nicht so beim Sonic Charge Synplant 2.

Schon sein Vorgänger galt als Exot. Dieser überraschte zwar mit ungewöhnlichen Sounds, doch ließ er sich dabei eher hakelig bedienen. Im Update steckt mit GenoPatch nun eine Technologie, die jeden Sound automatisch analysieren und im Synth nachbauen kann. Macht es das leichter? 

Das Wichtigste in Kürze

  • GenoPatch Technologie analysiert Audiosamples und justiert Oszillatoren, Effekte und Filter in Synplant 2 auf deren Basis
  • Sounddesign per Zufallsprinzip
  • Sounds verändern durch „Äste“
  • Zwei Oszillatoren, ein Filter, zwei Hüllkurven, ein LFO
  • Saturator und Reverb als Effekte
  • Ca. 600 Presets (von Flume, Virtual Riot u. v. a.)
  • MPE-fähig

DETAILS & PRAXIS

Sonic Charge Synplant 2 – Was bisher geschah

Die 2 im Namen verrät: Eigentlich geht es hier nur um ein Update zu Version 1. Die erschien bereits 2008 und zu ihr bin ich auch über die Jahre immer wieder zurückgekehrt. Der Clou: Klangerzeugung durch seltsam anmutende Äste, die, zieht man mit der Maus daran, immer weiterwachsen. Der Sound, als Saatkorn in der Mitte symbolisiert, entwickelte sich so in ganz verschiedene Richtungen. Ein – pardon – Ast-zillator? Und das bei jeder Note anders?

Hauptansicht von Synplant 2 von Sonic Charge.
Wilde Ästelei in Synplant 2. 

Was spannend und sehr ungewöhnlich klingt, zog mich tatsächlich immer wieder an. Der hakelige Workflow war hingegen aber auch immer wieder Grund genug, mich wieder Serum, Diva und Co. zuzuwenden.

Wie funktioniert Synplant 2?

Nun also Version 2. Startet man den Synth (erst mal in vollumfänglicher 3-Wochen-Demo) und spielt einen Sound, hört man einen eher dünn klingenden Lead-Sound. Und spielt man unterschiedliche Noten, sieht man mittig wieder das Saatkorn zwischen den zwölf knallgrünen Ästen hüpfen. Diese Ansicht fällt praktisch identisch zum Vorgänger aus. Auch der spielerische Ansatz ist geblieben.

Sogenannte DNA-Ansicht in Synplant 2.
So sieht das VST beim ersten Laden aus.

Zieht man jetzt mit der Maus an einem der zwölf grünen Äste, verändert sich der Sound im Vergleich zum Ursprung teilweise drastisch – und das bei jedem Ast, also bei allen zwölf Noten einer chromatischen Tonleiter, anders. Man kann in Synplant 2 auch mit den beiden Oszillatoren, den Hüllkurven, dem LFO, dem Filter, dem Verzerrer und dem Reverb-Effekt klassisches Synthesizer-Sounddesign betreiben.

Menü mit Einstellungen in Synplant 2
Die DNA-Ansicht dahinter sieht etwas komplexer aus

Das Ästeziehen verändert alle Parameter automatisch per Zufallsprinzip, da ist kein technisches Parameterdrehen nötig. Und hat man bei einem der Äste einen Sound gefunden, den man genauso auf allen Tonhöhen spielen will, geht man im Menü auf „Plant Chosen Seed“. Damit wird der Samen dieses Astes in die Mitte „gepflanzt“ und alle zwölf Töne klingen wie der erste Ast. Allein damit kann man Stunden verbringen.

Synplant 1 hat es einem damals nicht gerade leicht gemacht, wollte man dann doch mal ins Detail gehen: Die DNA-Ansicht, in der Oszillatoren, Filter und Co. zu finden waren, las sich eher kryptisch. Hieran hat Sonic Charge viel verändert.

Der „DNO-Editor“ erscheint mit drei festen Bereichen nun viel übersichtlicher: Envelope & LFO, Oscillators sowie Filters and Effects. Der Star des Updates heißt natürlich GenoPatch – die neue Technologie, die Sounds automatischen nachbaut.

Neuer GenoPatch-Modus in Synplant 2 von Sonic Charge
Mit diesem Befehl klingen alle zwölf Äste gleich. 

GenoPatch – Was bringt die Technologie?

Das Staunen war groß, als Synth-YouTuber Cuckoo for einigen Monaten ein Preview der neuen Funktion inklusive Interview mit Sonic-Charge-Entwickler Magnus Lidström vorstellte. GenoPatch analysierte sein Synth-Sample mit Wah-Wah-Effekt so gut, dass das VST sogar das Wah Wah mitsamt der veränderbaren Geschwindigkeit automatisch nachbaute. 

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Mehr Informationen

Bei meinen eigenen ersten Gehversuchen mit GenoPatch fiel mir manchmal schon die Kinnlade herunter. Vor allem bei Samples von klassischen Synth-Sounds geht hier ein uralter Sounddesigner-Traum in Erfüllung. Die Engine analysiert das Audiomaterial und stellt währenddessen stellt Oszillatoren, Filter, Hüllkurven und LFO von Synplant 2 automatisch so ein, dass sie das Quellmaterial möglichst genau reproduzieren – und das alles lokal, ohne Server-Anbindung. 

Hier zieht man die Audio-Samples hinein.

Die Presets in Sonic Charge Synplant 2

297 Presets installiert Synplant 2 direkt, 300 weitere kann man sich nach dem Kauf dann im eigenen Account auf der Website noch herunterladen. Und hier hat Sonic Charge echte Sounddesign-Prominenz versammelt. So hat EDM-Schwergewicht Flume (dessen Album „Skin“ immer noch zur innovativsten elektronischen Musik der letzten 10 Jahre gehört) genauso Sounds beigesteuert wie Dubstep-Größe und Skrillex-Intimus Virtual Riot. 

Will man zu einem anderen Buchstaben wechseln, scrollt man ewig durch die lange Liste links.

Das Laden der Presets ist für mich als begeisterter Nutzer von Microtronic, dem Drum Synth von Sonic Charge, zwar keine Überraschung, doch hätte ich mir hier wirklich mal etwas Neues gewünscht. Wo sonst gut durchdachte Preset-Browser mit praktischen Tagging-Systemen und eine Favoriten-Funktion beim Organisieren der vielen Sounds helfen, öffnet sich bei Synplant 2, wie eben auch bei Microtonic, einfach nur der Explorer (Windows) oder Finder (macOs) mit dem Ordner, in dem die Presets gespeichert sind. 

Audio Samples
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01. Around Us (Solar Fields) 02. All Mother (eXode) 03. Blooming Harp (eXode) 04. Drone of Dystopia (eXode) 05. Electric Cello (eXode) 06. Mini Metalizer (LV) 07. Shadowed (Solar Fields)

Alternativ öffnet sich eine ellenlange Liste aller Sounds im ausgewählten Ordner, die man dann durchscrollen darf. Und von den Presets klingen viele so gut, dass es wirklich nervt, sie in einem so altmodisch anmutenden Workflow laden zu müssen. 

GenoPatch mit eigenen Samples nutzen

Damit ihr mit der neuen KI-Technologie loslegen könnt, zieht ihr euch zuerst ein Sample aus der DAW oder direkt aus einem Ordner in GenoPatch. Dann wählt ihr euren gewünschten Bereich im Sample aus (maximal zwei Sekunden sind möglich) und seht (bzw. hört) einfach dem Algorithmus bei der Arbeit zu.

GenoPatch testet sich an allen vier DNA-Strängen entlang, bis es die finalen, möglichst passenden Einstellungen gefunden hat. Das kann je nach Länge des Samples schon mal ein paar Minuten dauern. Je kürzer das Sample, desto schneller geht es. Aber dadurch, dass man das Testen auch hören kann, fühlt es sich so an, als würde man einem besonders guten Sounddesigner über die Schulter schauen. 

1. Bereich im Sample festlegen. 2. „Generate Patches“ drücken.

Besonders gut baut GenoPatch klassische Synth-Sounds wie Plucks, analoge Bässe und Leads, aber auch Kick-Drums und Hi-Hats nach. Bei komplexeren Snare Samples sowie rhythmisch und melodisch komplexem Material oder Vocals kommen oft spannende Sounds heraus. 

Die haben in der Regel wenig mit dem Ursprungsmaterial zu tun. Wenn Synplant 2 aber einmal trifft, dann richtig. So hat es, ganz ähnlich wie im erwähnten Video von Cuckoo, das von mir in Ableton Drift gebaute und anschließend als Audiodatei gerenderte Wah-Wah fast eins zu eins nachgebaut, inklusive veränderbarer Geschwindigkeit. 

Audio Samples
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08. Wah Wah Bass aus Drift, dann Synplant 2 Version 09. Bass Sample, dann Synplant 2 Version 10. Marimba Sample, dann Synplant 2 Version 11. Kick Sample, dann Synplant 2 Version

Die Oszillatoren in Synplant 2: FM, VA und mehr 

Dass GenoPatch nicht jeden Sound direkt und exakt nachbaut, liegt auch daran, dass im Plugin zwei recht einfach gestrickte Oszillatoren stecken: Sinus, Saw, Square und Pulse mit Zwischenstufen und zumischbarem Noise-Anteil sowie einer sehr simplen FM-Matrix dazwischen.

Klassische Synth-Sounds oder eben Kicks oder Hi-Hats sind da gut und schnell nachgebaut. Wird es komplexer, kommt dieses Setup dann aber eben auch schnell an seine Grenzen. Man mag sich gar nicht ausmalen, welches Potential GenoPatch in einem mächtigen Wavetable- oder Granular-Synth entfalten könnte…

Jedem Parameter im DNA-Bereich ist unten eine kleine Erklärung zugeordnet.

Allein bis hierhin ist die Klangwelt allerdings schon extrem vielfältig. Denn geht man mit einem importierten Sound wieder zurück zur Hauptansicht von Synplant 2, kann man direkt mit der oben beschriebenen Ästezieherei loslegen, und erhält eine Vielzahl neuer, extrem ungewöhnlicher Sounds. Außeßrdem offenbart sich mit MPE und den neuen Bulb-Modes noch mehr Sounddesign-Potential – vor allem aber noch mehr Ausdrucksmöglichkeiten. 

MPE, Mono und die Bulb-Modes

Denn die Bulb-Modes erweitern und vereinfachen das ausdrucksstarke Spiel (mit einem entsprechenden MIDI-Controller) mit Synplant 2. Konnte man in Version 1 nur die zwölf Äste langziehen und damit nur die zwölf Noten aus einer chromatischen Oktave einem anderen Sound zuweisen, gibt es nun noch drei weitere Modi. Im Velocity-Mode springt man von Ast zu Ast (also von Sound zu Sound), und zwar nicht nach Tonhöhe, sondern nach Anschlagsstärke. 

Im Layered-Mode spielt jede Note nun die Kombination aus drei ausgewählten Ästen.

Mit Ranges legt man wiederum für jeden Ast einen Oktavbereich fest: C1 bis C2, C2 bis C3 und so weiter. So könnt ihr fast schon solche Split-Setups bauen, wie man sie von Arranger-Keyboards kennt. Unter Layered kombiniert man mehrere Äste zu einem neuen Sound. Und diese Kombination kann man dann über den Befehl „Plant Chosen Seed“ wiederum beliebig zum Startpunkt eines weiteren Sounddesign-Exzesses machen.

Synplant ist nun außerdem mit polyphonem Aftertouch und Pitchbend (Slide und Lift fehlen) zumindest teilweise MPE-fähig. Und endlich kann man den Synth jetzt auch monophon spielen, was gerade bei Bass- und Lead-Sounds in Kombination mit dem neuen Glide-Parameter richtig Laune macht. 

Zwei DNA-Ansichten in Synplant 2

Fazit

Sonic Charge Synplant 2 einen (wie ich diesen Marketing-Begriff hasse) „Gamechanger“ zu nennen, wäre zu weit aus dem Fenster gelehnt. Trotzdem bringt das Plugin, was die Klangerzeugung betrifft, so viel frischen Wind in einen ziemlich eingeschlafenen Markt, wofür allein es sich schon lohnt.

Wer sich allerdings eher mit klassischen Workflows und GUIs von Synthesizern verheiratet fühlt, wird sich an vielen Ecken schwertun mit der Ästelei. Als tatsächliche Minuspunkte bezeichne ich nur das wirklich arg veraltete Preset-System und die eher eingeschränkten Modulationsmöglichkeiten. Das, was letztlich rauskommt aus Synplant 2 und wie es entsteht, hat bei mir aber während das Tests für so viel Inspiration wie lange nicht gesorgt. 

Features

  • Software-Synthesizer 
  • Sounderzeugung durch „Äste“ 
  • GenoPatch – aus Audio-Samples über Machine Learning Algorithmus Presets erzeugen
  • 297 Presets (+ 300 kostenlose Presets kostenlos zum Download)
  • 2 Oszillatoren (Virtual Analog, per FM und Noise moduliert), 1 Filter (LP/BP/BP),
  • 2 Hüllkurven, 1 LFO, 1 Saturation-Effekt, 1 Reverb-Effekt
  • MPE-fähig
  • Systemvoraussetzungen: VST3 und AU, Ab Windows XP (64bit) und macOS 10.13 (Apple Silicon Native)
  • PREIS
  • Sonic Charge Synplant: EUR 149,- (Straßenpreis am 04.10.23)
  • Update für Synplant 1 Besitzer: EUR 50,-
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Ungewöhnliche Klangerzeugung für neuartige Sounds
  • Sound-Design-Workflow über Verästelungen
  • GenoPatch baut viele Synth-Sounds sehr genau nach
  • Ausdrucksstarkes Spiel und Performance durch Bulb-Modes
  • Sehr musikalische Ergebnisse dank Zufallsgeneratoren
Contra
  • Altbackenes Preset-Management 
  • Kaum Modulationsziele
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Sonic Charge Synplant 2 Test
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