Nachdem Sontronics die Herstellung ihres Großmembraners Saturn aufgrund von Bauteilmangel bereits vor vielen Jahren einstellen mussten, ist mit dem Sontronics Saturn 2 nun ein Nachfolger erhältlich. Wie zu erwarten, tritt das Kondensatormikrofon in vielen Punkten die direkte Nachfolge an. Dazu zählt neben dem charakteristischen (Saturn-)Ring, der den Mikrofonkorb umgibt, auch seine solide Bauweise und seine Klangsignatur. Die Schaltung des Mikrofons wurde weiterentwickelt und soll hohe Empfindlichkeit bei geringen Rauschanteilen garantieren. Gleich neun Richtcharakteristiken, die aus fünf Basis- und vier Mischcharakteristiken bestehen, sollen für breit gestreute Einsatzmöglichkeiten sorgen. Hinzu kommen Hochpassfilter und Pad-Funktion. Wir haben für euch im Test genauer hingesehen und hingehört, was das Mikrofon für seinen stolzen Kaufpreis zu bieten hat und wie sich der Großmembraner insbesondere für Sprechstimmen und Vocals eignet.
Quick Facts zum Sontronics Saturn 2
- Großmembran-Kondensatormikrofon
- neun Richtcharakteristiken
- integriertes LowCut-Filter und Pad
- inklusive stabilem Transportkoffer mit IP65-Schutzklasse
Lieferumfang des Sontronics Saturn 2
Ein Highlight des Sontronics Saturn 2 ist sein Case. Ein Blick auf die Bauweise des stabilen Transportkoffers macht deutlich, dass er wohl der Schutzklasse IP65 entspricht. Denn dank Gummidichtung ist er nicht nur staubsicher, sondern auch wasser- und luftdicht. Außerdem scheint er schlagfest zu sein und hat eine Bügelverriegelung, die sich nicht versehentlich öffnen kann. Somit kann er das teure Mikrofon bei Lagerung und Transport hervorragend schützen. Neben dem Saturn 2 selbst ist noch eine elastische Mikrofonhalterung dabei. Die zentrale Metallstrebe, an der das Mikrofon befestigt wird, wird von Gummiringen gehalten. Ein Satz Ersatzgummibänder liegt ebenfalls bei. Damit ist der Lieferumfang des Saturn 2 grundsolide und seinem Kaufpreis durchaus angemessen.
Sontronics Saturn 2 – Aufbau und Features
Ohne Frage sticht das Sontronics Saturn 2 mit seinem Retro-Design aus dem Meer erhältlicher Mikrofone heraus. Es gibt nicht viele Mikrofone, die eine ähnliche Optik bieten. Das auffälligste Design-Merkmal des knapp 23 cm hohen Saturn 2 ist sein Mikrofonkorb, der federnd in einem ihn umlaufenden Metallring aus harteloxiertem Aluminium gelagert ist. Bedenkt man, dass das Mikrofon zusätzlich noch in einer schockabsorbierenden Halterung auf einem Stativ befestigt wird, erwartet man als Anwender durch die sehr gute Entkopplung einen lupenreinen Sound.
Auch der Mikrofonkorpus des Saturn 2 ist aus Metall. Auf seiner Vorderseite finden sich Serviceschrauben und auch der metallene Drehknopf für die Pattern-Auswahl ist mit einer Fixierschraube versehen. Die gesamte Bauweise wirkt wie beim Vorgänger grundsolide und verspricht Langlebigkeit. Doch es sind auch deutliche Unterschiede vorhanden. War die Beschriftung bei der ersten Version des Saturn noch goldfarben und in den Korpus eingeprägt, treffen wir beim Saturn 2 dagegen auf eine weiße Bedruckung ohne Prägung. Mikrofonkorpus und umlaufender Ring sind nicht lackiert, sondern harteloxiert. Somit kann keine Farbe abplatzen. Statt eines horizontal gelagerten Drehrads gibt es beim Saturn 2 einen vertikal drehbaren Knopf. Außerdem sind die LEDs, die die Auswahl der Richtcharakteristik anzeigen, nun nicht länger viereckig, sondern rund. Mir persönlich gefielen zwar die viereckigen LEDs besser, aber technisch wie praktisch macht diese Neuerung selbstverständlich keinen Unterschied.
Zentrales Feature des Sontronics Saturn 2 sind seine gleich neun Richtcharakteristiken. Neben Kugel und Acht werden mit breiter Niere, Niere und Hyperniere gleich drei Nierencharakteristiken geboten. Es lassen sich außerdem vier Zwischenpositionen wählen. So kann etwa ein Mix aus Kugel und breiter Niere oder auch aus Niere und Superniere gewählt werden.
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Technische Werte des Sontronics Saturn 2
Das Saturn 2 setzt Frequenzen zwischen 20 Hz und 20 kHz um. Sein Hochpassfilter kann deaktiviert werden oder setzt wahlweise bei 75 Hz oder 125 Hz an. Damit ist es einerseits dafür gewappnet, bei Anwahl der Nierencharakteristiken den Nahbesprechungseffekt zu verringern. Andererseits lassen sich mithilfe des Filters auch noch die letzten tieffrequenten Tritt- oder Körperschallschallanteile aus dem Audiosignal herausfiltern. Mit seinem nur 10 dB(A) messenden Eigenrauschen bei einer Empfindlichkeit von 25 mV/Pa ist es auch für das störungsfreie Aufgreifen von leisen Schallereignissen geeignet. Am anderen Ende der Dynamikskala kann es mit einem maximalen Schalldruckpegel von 130 dB SPL umgehen. Außerdem bietet des Mikrofon eine Pad-Schaltung, die wahlweise mit -10 dB oder -20 dB agiert und so den Grenzwert auf 150 dB SPL erhöht.
Installation und Handling
Um das Mikrofon einsetzen zu können, wird die beiliegende Mikrofonhalterung benötigt. Dabei handelt es sich um eine Mikrofon-Spinne aus Metall, die formtechnisch mit einem Halbrund auskommt. Technisch gesehen entspricht sie der Halterung des Vorgängermodells und sorgt durch mehrere integrierte Gummischeiben für eine akustische Entkopplung. Optisch bietet die Halterung ein harmonischeres Bild als zuvor, denn viele der ehemals silberfarbenen Elemente sind nun ebenso schwarz wie der Rest der Spinne. Die Halterung ist vertikal schwenkbar, wobei die gewählte Position mit einem großzügigen Hebel festgestellt werden kann. Der ist auch nötig, denn das Mikrofon wiegt immerhin 540 Gramm.
Der Stativflansch ist mit einem Reduziergewinde ausgestattet. Das Mikrofon selbst wird in der Spinne schonend auf einer Filzscheibe gelagert. Festgehalten wird es durch einen Arretierring, der das Gewinde umgreift, das den XLR-Fortsatz umgibt. Im Praxis-Check haben wir ein frühes Serienmodell, bei dem Innen- und Außengewinde leider nicht nahtlos ineinandergreifen und ab einer gewissen Position blockieren. Eventuell könnte hier etwas WD40 oder das Entgraten der Gewinde mit Stahlwolle helfen. Da es sich hier aber um ein Leihgerät handelt, sparen wir uns beide Eingriffe. Stattdessen ziehen wir das Mikrofon nicht bis zur Filzscheibe der Halterung heran.
Wie klingt das Sontronics Saturn 2?
Selbstverständlich testen wir auch den Klang des Sontronics Saturn 2. Dazu checken wir mit der Nierencharakteristik zuerst diejenige Richtcharakteristik, die wohl am häufigsten zum Einsatz kommen dürfte. In Nahbesprechung tritt das Mikrofon mit satten, aber kontrollierten Bässen auf. Seine unteren Mitten sind rund und verleihen dem Sound ein gutes Fundament. In den oberen Mitten kann mich das Mikrofon dagegen nicht überzeugen. Hier neigt die Sprechstimme bei unseren Aufnahmen zum Zischeln. Deshalb dürfte ein Mix-Engineer bei diesem Sound nicht ohne De-Esser auskommen. Die Höhen des Mikrofons klingen dagegen sanft, aber doch offen. Wird die Distanz zur Schallquelle größer, fällt nicht nur die Nahbesprechung geringer aus, sondern auch das Zischeln von s- und sch-Lauten ist deutlich geringer. Das gilt auch bei einem noch größeren Mikrofonabstand von etwa einem halben Meter. Bei entsprechender Vorverstärkung liefert das Saturn 2 aufgrund seiner Empfindlichkeit auch mit dieser entfernteren Mikrofonierung ein ausreichend lautes, detailreiches und lebhaftes Audiosignal.
Die weiteren Richtcharakteristiken des Saturn 2 haben wir auf vergleichbare Weise, nämlich mit mittlerer Mikrofonierungsdistanz und im selben akustisch bedämpften Raum, an identischer Position getestet. Ihr könnt deshalb bei den Audio-Tracks zu den verschiedenen Richtcharakteristiken nicht nur auf Unterschiede im Stimmklang, sondern auch auf klangliche Unterschiede bei den Raumhallanteilen hören. Die Richtcharakteristik Kugel stellt überraschenderweise bei gleichem Abstand noch einmal die Zischproblematik in den oberen Mitten heraus. Die Subnieren-Charakteristik, oder „breite Niere“, zeigt sich als Mixtur aus Kugel und Niere.
Und bei der Hypernieren-Charakteristik fällt sofort auf, dass die Raumhallanteile, wie zu erwarten, deutlich geringer ausfallen – anders als bei der Richtcharakteristik Acht, die auch den rückwärtigen Raumhall gut erkennbar aufgreift. Die gemischten Richtcharakteristiken aus Kugel und Subniere, Subniere und Niere, Niere und Hyperniere sowie Hyperniere und Acht verbinden diese Eigenschaften, so dass Anwendern nuancierte Unterschiede zur Verfügung stehen. Am besten gefällt mir die Kombination aus Niere und Hyperniere, die eine interessante Abstufung bietet. Wem der Hypernierenklang allzu direkt klingt, der Nierenklang aber zu viele Umgebungsgeräusche oder Raumhallanteile aufgreift, wird mit dieser Misch-Charakteristik deshalb gewiss glücklich werden.
Wird das Saturn 2 mit Nierencharakteristik aus nächster Nähe besprochen und dazu das LowCut-Filter bei 75 Hz aktiviert (Achtung! Versehentlich wurde beim Audio-Track „45 Hz LowCut“ eingesprochen), wird das Signal nur um die allertiefsten Frequenzanteile bereinigt. Das Klangbild ist davon kaum betroffen. Der Grundcharakter des Klangs bleibt unbeeindruckt. Ein wenig deutlicher zu hören ist das Zupacken des LowCut-Filters, wenn die Eckfrequenz auf 125 Hz eingestellt wird. Beide Filtereinstellungen eignen sich gut für Recording-Situationen, in denen es durch Übersprechungen oder Nebengeräusche zum Aufgreifen tiefer Frequenzen kommen kann.
Zu guter Letzt testen wir noch, wie gut sich das Saturn 2 mit Vocals verträgt. Erstaunlicherweise ist hier kein Zischeln zu hören, wenngleich der Präsenzbereich von Sprech- wie auch Gesangsstimmen im Klangbild des Saturn 2 doch stark ausgeprägt ist. Im oberen Frequenzbereich klingen die Vocals brillant und die Höhen wirken auch hier sanft und seidig. Das Saturn 2 passt für meinen Geschmack deshalb am besten zu Stimmen, die beim Recording an Präsenz gewinnen sollen. Ist eine Stimme in diesem Frequenzbereich bereits stark aufgestellt, kann es mit dem Saturn 2 dagegen schnell zu einer Überbetonung kommen.
Unabhängig davon, dass wir es hier mit einem einem Mikrofon in gehobener Preisklasse zu tun haben, treten beim Umschalten zwischen den Richtcharakteristiken per Pattern-Wahlregler Nebengeräusche auf. Das Umschalten führt bei jedem dritten/vierten Anwählen einer neuen Charakteristik oder Misch-Charakteristik zu Audio-Bursts. Da sist zwar bei einem Studiomikrofon weniger problematisch als bei einem Mikrofon für den Live-Einsatz, aber die Knackser sind mitunter so massiv, dass sie bei hohen Abhörlautstärken auf Kopfhörern oder Monitorlautsprechern sehr unangenehm sind. Der Fairness halber muss man aber sagen, dass dieses Problem auch bei Modellen der Konkurrenz auftritt, die eine Patternwahl bieten. Deshalb kann hierfür in der Bewertung kein voller Stern abgezogen werden.
Alternativen zum Sontronics Saturn 2
Um die Daten und technischen Werte des Sontronics Saturn 2 besser einordnen zu können, haben wir für euch die folgende Tabelle zusammengestellt, in der ihr Vergleichswerte von Konkurrenz-Mikrofonen findet, wie dem AKG C414 XLII und dem Austrian Audio OC818:
| Sontronics Saturn 2 | AKG C414 XLII | Austrian Audio OC818 | SE Electronics sE4400 | |
| Membran | Großmembran | Großmembran | Großmembran | Großmembran |
| Typ | Kondensatormikrofon | Kondensatormikrofon | Kondensatormikrofon | Kondensatormikrofon |
| Anzahl Richtcharakteristiken | 9 (Niere, breite Niere, Hyperniere, Kugel, Acht, 4 Zwischenstellungen) | 9 (Niere, breite Niere, Hyperniere, Kugel, Acht, 4 Zwischenstellungen) | 4 (Kugel, Niere, Superniere, Acht) | 4 (Niere, Kugel, Hyperniere, Acht) |
| LowCut-Filter | ja (2 Stufen) | ja (3 Stufen) | ja (3 Stufen) | ja (2 Stufen) |
| Pad | ja (2 Stufen) | ja (3 Stufen) | ja (2 Stufen) | ja (2 Stufen) |
| Frequenzbereich | 20 Hz – 20 kHz | 20 Hz – 20 kHz | 20 Hz – 20 kHz | 20 Hz – 20 kHz |
| maximaler Schalldruckpegel | 130 dB SPL | 140 dB SPL | 148 dB SPL | 137 dB SPL |
| Eigenrauschen | 10 dB(A) | 6 dB(A) | 9 dB(A) | 13 dB(A) |
| Empfindlichkeit | 25 mV/Pa | 23 mV/Pa | 13 mV/Pa | 25 mV/Pa |
| Impedanz | 200 Ohm | 200 Ohm | 275 Ohm | 22 Ohm |
| Abmessungen (H x B x T) [cm] | 22,9 x 3,2 x 1,5 | 16 x 5 x 3,8 | 15,7 x 6,3 x 3,5 | 14,6 x 5,8 x 2,9 |
| Gewicht | 540 g | 300 g | 360 g | 290 g |
| enthaltenes Zubehör | Koffer, Spinne | Koffer, Spinne, Poppschutz, Windschutz | Koffer, Spinne, Windschutz, Mikrofonklemme, Mini-XLR-Adapter | Koffer, Spinne |
| Straßenpreis | € 1609,– | € 999,– | € 999,– | € 509,– |
Test des Sontronics Saturn 2: Fazit
Das Sontronics Saturn 2 tritt mit seinen gleich neun Richtcharakteristiken als wahrer Recording-Tausendsassa an. Der Lieferumfang ist mit einer Spinne und einem Koffer, der der Schutzklasse IP65 entspricht, gut aufgestellt. Das Mikrofon selbst überzeugt optisch mit seinem Retro-Design und bietet mit eloxiertem Metallkorpus und -ring eine solide Bauweise. Mit fünf Richtcharakteristiken und vier Zwischenstufen hält es für Aufnahmen eine große Anzahl von Möglichkeiten bereit. Dadurch lässt sich – neben vielen anderen Anwendungsmöglichkeiten – beispielsweise entscheiden, wie stark Nuancen von Hallanteilen in Recording-Räumen aufgegriffen werden sollen. Positiv ist seine stark stoßabweisende Kapsellagerung, die Köperschallübertragung massiv entgegenwirkt. Dazu kommt ein dezent arbeitendes LowCut-Filter mit zwei wählbaren Eckfrequenzen und eine zweistufige Pad-Schaltung.
Klanglich liefert das Saturn 2 runde Bässe und seidige Höhen. Im Präsenzbereich von Sprechstimmen kann es aber zu Zischeln führen. Im Zusammenspiel mit Gesang überzeugt das Saturn 2 mit seiner Performance dagegen vollauf. Störend, aber für ein Gerät mit diesem Feature typisch, sind laute Audioknackser, die beim Umschalten zwischen den Richtcharakteristiken auftreten. Beim Testgerät waren zudem die Gewinde von Mikrofon und Halterung nicht ausreichend entgratet, was zu Problemen bei der Montage der Spinne führte. Dementsprechend hinterlässt das Sontronics Saturn 2 im Test einen gespaltenen Eindruck. Zwar bringt es dem Grunde nach alle Voraussetzungen mit, um den Käufer glücklich zu stimmen. Vor dem Hintergrund des Kaufpreises jenseits von 1500 Euro
ist aufgrund von Zischeln und Montageschwierigkeiten die Bewertung mit 4 Sternen möglich.
- Membran: Großmembran
- Typ: Kondensatormikrofon
- Anzahl Richtcharakteristiken: 9
- Hochpassfilter: ja (2 Stufen)
- Pad: ja (2 Stufen)
- Frequenzbereich: 20 Hz – 20 kHz
- maximaler Schalldruckpegel: 130 dB SPL
- Eigenrauschen: 10 dB(A)
- Abmessungen (H x B x T) [cm]: 22,9 x 3,2 x 1,5
- Gewicht: 540 g
- enthaltenes Zubehör: Koffer, Spinne
- hergestellt in: Großbritannien
- Webseite: sontronics.com
- Preis: € 1609,– (Straßenpreis am 1.9.2024)
- neun Richtcharakteristiken
- flexibel einsetzbar
- sanfte Höhen
- solide Bauweise
- Transportkoffer
- neigt zum Zischeln im Präsenzbereich von Stimmen
- Gewinde von Mikrofon und Halterung nicht ausreichend entgratet
