Das Sony C-80 sonnt sich nicht im Glanze der Verwandtschaft
Sony macht keine halben Sachen, wie es scheint. Das C-80 ist alles andere als ein Mikrofon, das darauf baut, dass die edlen Verwandten schon auf den Ruf abfärben werden. Nein, das Sony C-80 ist ein absolut hochwertig klingendes Mikrofon, welches auch für einen doppelt so hohen Preis kaum als überteuert gelten würde (wäre da nicht das C-100). Ich habe natürlich Argumente für diese Aussage, die im Folgenden dargestellt sind.
Frischer Gesamtklang
Spektral macht das C-80 keine Anstalten, die Höhen zurückzunehmen. Gemeinsam mit der zackigen Weiterreichung von steilen Flanken erscheint das Signal dadurch frisch und aufgeweckt. Dennoch ist es nicht hyperaktiv und künstlich. In den Mitten zeigt sich das Mikrofon neutral, die Hochmitten wirken leicht kräftiger als der Bereich darüber, ich würde aber noch nicht von einem Schärfe-Dip sprechen wollen, wie ihn einige Mikrofone zeigen. Vor diesem Hintergrund ist es mir gar nicht so klar, weshalb Sony Sprache und Gesang nennen, die Eignung als Instrumentenmikrofon aber nicht sonderlich laut propagieren. Ich finde: Für die Stimme ist das C-80 ein hervorragendes Mikrofon, allerdings sollte man durchaus einen Equalizer und im Zweifel einen De-Esser zu bedienen wissen und die Frequenzbereiche der Stimme kennen. Wenn man beginnt, sich mit der Aufnahme der Stimme zu beschäftigen, hat man dann zwar vielleicht eine Aufgabe, aber keine unlösbare. Instrumente wie akustische und elektrische Gitarre lassen sich hervorragend capturen.
Tiefen trocken und linear
Die Tiefen überträgt das neue Kondensatormikro von Sony ebenfalls hervorragend. Der Tiefgang ist enorm, zudem ist die Wiedergabe recht trocken und linear, nicht wummernd oder bauchig. Einzig die Bassanhebung durch den Nahbesprechungseffekt ist bei sehr naher Mikrofonierung nicht ganz so edel, wie man es von manchen „richtigen“ Großmembranmikrofonen er kennt. In Verbindung mit dem Hochpassfilter funktioniert alles ganz gut. Sehr gute Arbeit leistet die Spinne, die Poppempfindlichkeit ist in Ordnung – wie immer sollte bei geringen Abständen ein Poppschutzverwendet werden.
Das Sony C-80 ist dynamisch sehr gut aufgestellt
Das wohl größte Plus des Sony C-80 ist, wie viele Details ihren Weg bis ins Kabel finden. Die Auflösung ist enorm hoch, und das gilt für den gesamten Frequenzbereich. Auch die Gesamtdynamik ist allererste Sahne, denn das japanische Mikrofon kann sämtliche Änderungen im dynamischen Geschehen ohne Einengung durchreichen. Das Pad ist in Ordnung und bremst kaum merklich, die Zerrgrenze ist mit eingeschalteter Vordämpfung nur mit Mühen zu erreichen. Das Eigenrauschen auf der anderen Seite des technisch-dynamischen Spektrums ist in Ordnung, auch Raummikrofone und leise Signale, die lassen sich anschließend noch mittelstark komprimieren, ohne dass man sich um das Rauschen Gedanken machen müsste – besonders bei höhenreichen Mikros mit kleinerer Membran für einen geringen Preis ist das nicht selbstverständlich. Das alles zusammengenommen hat zur Folge, dass man bei einem mit dem C-80 aufgenommenen Signal mit dem EQ so richtig in die Vollen gehen kann, ohne dass die Qualität leidet.
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Stabiles Pattern wie schon beim C-100
Dass ein Mikrofon direkt auf der Achse ordentlich klingt, ist heutzutage im Preissegment unter 1000 Euro gut machbar. Dass allerdings auch schräg einfallender Schall „komplett“ klingt und nicht voller Löcher ist, ist üblicherweise bei teureren Mikrofonen gut gelöst. Das Sony C-80 ist ein Paradebeispiel für ein stabiles Nierenpattern, welches auf dem Niveau des Sony C-100 liegt. Übrigens ist auch das ein Vorteil der etwas kleineren Kapsel.
Jan sagt:
#1 - 09.03.2023 um 10:45 Uhr
Vielen Dank für deinen wie immer hervorragend nachvollziehbaren Test! Mich würde noch interessieren, ob du im Vergleich zum Klang Unterschiede zum C-100 feststellen konntest. Und gibt es aus deiner Sicht Argumente für das C-100, wenn man ausschließlich Vocals aufnehmen möchte?
Nick Mavridis sagt:
#2 - 09.03.2023 um 15:51 Uhr
Hallo Jan, vielen dank für das Lob! Die Tests liegen vier Jahre auseinander, das wäre zu spekulativ und zu wenig wasserdicht, dazu eine Aussage zu treffen. In meinem Gedächtnis, anhand der Audiofiles und natürlich aufgrund der Konstruktion werden Unterschiede wohl nicht sonderlich groß sein (bis verschwindend gering). Natürlich können durch die zusätzliche Kapsel Anstiege im Schall besser dargestellt werden, was es durchaus eine Spur frischer und knackiger erscheinen lassen kann. Argumente für das C-100: Ganz klar die wählbaren Charakteristiken noch vor der Ultraschallkapsel. Allerdings gibt es bekanntlich viele Leute, die auch ein umschaltbares Mikrofon immer auf Niere gestellt lassen. Beste Grüße Nick