Der Blues gilt gemeinhin als der Vater aller modernen populären Musikrichtungen, ob Soul, Jazz, Rock oder Pop. Auch die meisten Unterarten dieser Musikformen haben ihre Wurzeln im Blues, der sich als Musik der afroamerikanischen Bevölkerung Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts in den USA entwickelte. Seine Ursprünge liegen in afrikanischen Traditionen, gemischt mit europäischen und karibischen Einflüssen und natürlich der aktuellen Musik aus jener Zeit.
Und weil wir ohne den Blues heute musikalisch nicht dort wären, wo wir sind, ist es immer lohnenswert, sich mit dieser schon etwas betagten, aber nichts destotrotz ewig aktuellen Musikrichtung zu beschäftigen. Nicht nur, weil sie uns täglich in unserer Musik begegnet, sondern auch, weil es Musiker gibt, die sich dem Blues als Genre widmen und ihn immer wieder neu entdecken und beleben, ohne seine Wurzeln aus den Augen zu verlieren. In seinen Anfängen waren logischerweise akustische Instrumente wie Gitarre und Banjo im Einsatz, aber mit den ersten E-Gitarren entdeckten auch Blues Musiker deren Ausdrucksmöglichkeiten und prägten mit ihren Sounds die Entwicklung der modernen Musik. Das setzt sich bis heute fort und in diesem Artikel wollen wir herausfinden, wie wir einen authentischen Blues-Sound erzeugen können und was wir dazu benötigten. Viel Spaß dabei!
Equipment – Gitarre für Blues-Sounds
Die Gitarre ist (nicht nur) für den Blues-Musiker ein persönliches Sprachrohr und deshalb bleiben die meisten Gitarristen auch einem Instrumententyp treu. Wie es die ramponierte Strat von Rory Gallagher beweist, der diese Gitarrenform nahezu während seiner gesamten Karriere bevorzugte. Im Blues kommen die unterschiedlichsten Gitarren zum Einsatz und es gibt keine „must have“. Ob Telecaster, Stratocaster, Les Paul, ES-335 oder andere Instrumente, man muss sich entscheiden, was zum persönlichen Stil und Geschmack passt, ob man also eher den dünnen Ton von Single Coils (Tele, Strat) mag oder eher den warmen, fetten Sound von Humbuckern (Les Paul, ES-335). Dass die Entscheidung für eine bestimmte Gitarre im Blues wie in kaum einer anderen Musikrichtung von persönlichen Vorlieben abhängt, belegt auch unsere kleine Auflistung von Blues-Helden mit ihren „Haupt-Gitarren“ ganz eindrucksvoll.
• BB King: Gibson ES-355-Style (Lucille)
• Stevie Ray Vaughan: Stratocaster
• Robben Ford: Fender Elite, Telecaster
• Muddy Waters: Telecaster
• Albert Collins: Telecaster
• Eric Clapton: Stratocaster
• Joe Bonamassa: Les Paul
• John Mayer: Stratocaster (PRS Silver Sky)
• Rory Gallagher: Stratocaster
• Johnny Winter: Firebird
• Albert King: Flying V
• Gary Moore: Les Paul
• Buddy Guy: Stratocaster
• John Lee Hooker: ES-335
Gitarrenverstärker für Blues
Was die Verstärker anbelangt, so geht die Tendenz eher in Richtung Röhrencombos – selten sieht man einen Gitarristen in der Blues-Band mit einem Fullstack auf der Bühne. Auch wird meist nicht extrem laut gespielt, sodass die Kraft von acht 12 Zoll Lautsprechern nicht unbedingt benötigt wird. Dazu kommt, dass der typische Blues-Sound normalerweise etwas dezenter verzerrt ist, wobei Ausnahmen wie Gary Moore oder Joe Bonamassa die Regel bestätigen: Sie sägen bei Lead-Passagen auch gerne einmal ein ordentliches Gain-Brett. Zwei mögliche Wege bieten sich hier an: Man nutzt den Amp, stellt ihn auf höchste Verzerrung ein (Leadsound) und regelt den Verzerrungsgrad über das Volume-Poti an der Gitarre. Das ist der puristische Weg, aber dabei muss das Equipment absolut aufeinander abgestimmt sein und allzu viel Flexibilität kann man nicht erwarten. So könnte der Cleansound zu leise sein, bei optimaler Lautstärke könnte es schon zu stark zerren oder andere Kompromisse könnten erforderlich werden. Etwas einfacher ist die zweite Möglichkeit, die aber nur funktioniert, wenn man einen zweikanaligen Amp zur Verfügung hat. Dort wird ganz einfach der erste Kanal clean eingestellt und der zweite erzeugt den Solo-Sound. Soll es zum Beispiel nur leicht zerren, wählt man den Lead-Kanal und dreht den Volume-Regler an der Gitarre zurück, schon hat man den gewünschten Crunch-Sound. Die variabelste Methode ist natürlich ein cleaner Amp, der die Zuständigkeit für die dreckigen Sounds an Pedale abgibt. Damit lassen sich nahezu grenzenlose Klangvariationen zusammenstellen. Alles Weitere dazu steht im nächsten Kapitel. Bevor wir uns diesem widmen, gibt’s hier noch eine (unvollständige) Liste der beliebtesten Blues-Amps mit den dazugehörigen Gitarristen, von denen die meisten im Laufe der Zeit allerdings durchaus auch mal mit anderen Verstärkern gesichtet wurden:
• Fender Bassman (Buddy Guy)
• Dumble Overdrive Special (Robben Ford)
• Fender Super Reverb (Stevie Ray Vaughan)
• Vox AC30 (Rory Gallagher)
• Marshall Bluesbreaker Combo (Eric Clapton)
• LAB Series L5 (BB King)
• Two Rock (John Mayer)
Multi-Amping
Manche Gitarristen benutzen nicht nur einen, sondern zwei oder auch drei Verstärker. Die dienen dann in der Regel nicht zur Erzeugung von Stereo-Sounds, sondern als sogenannte Layer. Dabei wird ein Amp clean eingestellt, ein nächster leicht verzerrt und der dritte geht noch etwas härter zur Sache. Stevie Ray Vaughan hat so seinen typischen Sound mit Amps von Fender und Marshall erzeugt. Auch Joe Bonamassa zählt zu den „mehr-Amp-Usern“, bei ihm sind ein Marshall Jubilee, ein VanVelden Twinkle Lead und ein Two Rock Verstärker miteinander kombiniert. Während der Jubilee durchgehend clean bleibt, werden die beiden anderen wahlweise hinzugeschaltet.
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Effektpedale für Blues Sounds
Für Blues-Sounds sind keine großartigen Effektpedale nötig, die meisten Gitarristen bevorzugen einen puristischen Ton ohne viel elektronische Klangveränderung. Neben einem Overdrive gehört eigentlich nur noch ein Wah-Pedal zur Grundausstattung. Wer zusätzliche klangliche Vielfalt und Flexibilität benötigt, der besorgt sich noch einen zweiten Overdrive oder auch ein Distortion- oder Fuzz-Pedal, je nach Geschmack. Auch nicht schlecht ist ein Booster im Pedalboard, der für Solo-Sounds den berühmten „go-to-eleven-switch“ parat hat. Das kann ein gewöhnliches, klangneutrales Booster-Pedal (MXR Microamp, Seymour Duncan Pickup Booster, etc.) sein, man kann aber auch einen Equalizer benutzen und dort die Mitten etwas anheben. Der Booster/EQ sollte hinter den Overdrive geschaltet werden. Modulationseffekte sieht man auf Blues-Bühnen eher selten, eventuell ist einmal ein Chorus oder ein Rotary im Einsatz. Ansonsten peppt unter Umständen ein Delay die Lead-Sounds auf, oder ein Reverb – am besten ein Federhall – sorgt für den typischen Vintage-Sound. So sieht die Verschaltung der Grundausstattung aus:
Gitarre – Wah Wah – Overdrive – Amp
Hier wäre ein Vorschlag für das aufwendigere Pedalboard:
Gitarre – Wah Wah – Overdrive 1 – Overdrive 2 – Booster (oder EQ) – Modulation (Chorus, Rotary) – Delay – Reverb -Amp
Dynamische Ansprache beim Overdrive
Ganz wichtig bei der Wahl des Overdrives ist die Ansprache auf den Anschlag an der Gitarre. Für einen Blues-Sound wird in erster Linie ein Pedal benötigt, das nicht permanent am Sägen ist und dabei den Ton plattmacht. Ob es tauglich ist, kann man sehr schnell feststellen: Stellt den Gainregler des Pedals so ein, dass eine mittlere Verzerrung bei hartem Anschlag zu hören ist. Dann probiert ihr das Ganze mit leichtem Anschlag, wobei die Verzerrung im Optimalfall wesentlich zurückgehen sollte. So wie beim folgenden Beispiel.
Blues Gitarristen: B.B. King
Der Altmeister hat einen relativ cleanen Gitarrensound, er benutzt nur seine Lucille und spielt sie über einen LAB Series L5 Combo oder einen Twin Reverb. Die Amps sind so eingestellt, dass sie nur bei harter Bearbeitung eine leichte Zerre von sich geben. Man bekommt diesen Ton mit einem sehr schwach eingestellten Overdrive oder Booster-Pedal ganz gut hin. Es geht in diesem Fall nur darum, einen etwas dreckig gefärbten Klang zu erhalten, den man mit einem clean eingestellten Amp nicht hinbekommt. Hier ist meine Variante mit einer Epiphone ES-335 und einem Boss Blues Driver.
Gitarre | Overdrive |
---|---|
ES-335 | Level: 14 |
Hals & Steg-Pickup | Tone: 11 |
Volume: 10 | Gain: 9,5 |
Tone : 10 | – |
Blues Gitarristen: Rhythmus-Sound à la Stevie Ray Vaughan
Jetzt gibt es eine Stufe mehr Verzerrung, das Ganze sollte aber immer noch dynamisch klingen und der Overdrive muss auf jeden Fall Lautstärke-Abstufungen durch unterschiedlichen Anschlag zulassen. Hier ist die Strat im Einsatz und zwar mit der Kombination Mitte/Steg-Pickup. Für diesen Sound wird das Overdrive-Pedal (Boss Blues Driver) mit mittlerem Gain eingestellt.
Gitarre | Overdrive |
---|---|
Strat | Level: 11 |
Mittel& Steg-Pickup | Tone: 13 |
Volume: 10 | Gain: 12 |
Tone : 10 | – |
Zwei Overdrive-Pedale
Eine sehr gängige Methode ist das Arbeiten mit zwei Overdrive-Pedalen, die unterschiedlich eingestellt sind. Das erste erzeugt einen leicht angezerrten Sound, während das zweite schon etwas kerniger zur Sache geht. Damit hat man bereits zwei unterschiedliche Rhythmus-Sounds abgedeckt. Wenn sie miteinander harmonieren und nicht zu viele Nebengeräusche erzeugen, spricht nichts dagegen, für einen dicken Leadsound auch beide gleichzeitig zu verwenden. So hat man mit zwei Pedalen vier Sounds parat: Clean (Pedale ausgeschaltet), Crunch (Pedal 1), Overdrive (Pedal 2), Lead (beide Pedale). Das erste Pedal (Overdrive 1) wird auf leichten Crunch-Sound eingestellt, also bei schwachem Anschlag an der Gitarre wird kaum Verzerrung erzeugt. Das zweite Pedal sorgt dann für ein gutes Rhythmus-Brett, hier ist der Gain-Regler schon recht weit aufgedreht. Ich habe für das folgende Beispiel zwei unterschiedliche Pedale genommen (Boss Blues Driver, Boss OD-3), die auch unterschiedliche Klangcharakteristiken aufweisen. Wenn ihr das mit euren Pedalen nachbasteln wollt, dann solltet ihr unbedingt mit den Gainreglern experimentieren. Ist nämlich bei beiden Pedalen zu viel Gain im Spiel, klingt der Kombinationssound mit zwei Overdrives meist sehr matschig. Außerdem empfehle ich eine sparsame Dosierung des Tone-Reglers, denn bei etwas höheren Werten und gemeinsamem Einsatz kann das Ganze sehr schrill werden. Ihr hört alle vier beschrieben Kombinationen mit der untenstehenden Einstellung.
Gitarre | Overdrive 1 | Overdrive 2 |
---|---|---|
Tele | Level: 11 | Level: 9 |
Steg-PU | Tone: 10 | Tone: 12 |
Volume: 10 | Gain: 11 | Drive: 15 |
Tone: 10 | – | – |
Blues Rock Lead-Sound
Jetzt wird es etwas moderner und rockiger. Für Solo-Sounds haben besonders Les Paul Spieler wie Joe Bonamassa oder Gary Moore auf ihren Blues-Alben einen fetten, gain-haltigen Leadsound am Start. Hier wird es mit einem normalen Overdrive schon etwas eng, ein Distortion-Pedal ist dafür die bessere Wahl. Es agiert zwar nicht so dynamisch – was in diesem Fall aber auch nicht unbedingt gefragt ist – sondern erzeugt mehr Sustain, die Gitarre soll singen und sich gut durchsetzen. Mein Favorit für diesen Einsatz ist der Okko Diablo, der auch im folgenden Beispiel zu hören ist. Ein Hauch Delay sorgt dafür, dass der Ton künstlich verlängert wird und die Gitarre dadurch noch etwas „größer“ klingt.
Gitarre | Distortion | Delay |
---|---|---|
Les Paul | Body: 12,5 | Time: 480ms |
Hals-PU | Gain: 17 | Feedback: 10 (ca.4 Wiederhol.) |
Volume: 10 | Tone: 12 | Mix: 9 |
Tone: 10 | Feed: 13 | – |
– | Level: 14 | – |
Der Woman Tone
Eric Clapton hat diesen Sound mit Cream in den 60ern geprägt. Es handelt sich um einen muffigen verzerrten Ton, der dadurch erzeugt wird, dass man den Steg-Pickup wählt und den Tone-Regler komplett zurückdreht. Hier kommt übrigens wieder der Boss OD-3 zum Einsatz. Das nächste Hörbeispiel gibt es einmal mit abgedrehtem und dann mit voll aufgedrehtem Tone, um den klanglichen Unterschied zu demonstrieren. Mit dem Tone-Regler am Overdrive oder am Amp ist dieser Klang nicht richtig reproduzierbar, weil die EQs in anderen Frequenzbereichen arbeiten und unter Umständen nicht so stark absenken wie der Tone-Regler an der Gitarre.
Gitarre | Overdrive |
---|---|
SG | Level: 11 |
Mittel& Steg-Pickup | Tone: 13 |
Volume: 10 | Gain: 12 |
Tone : 10 | – |
Effektpedale für Blues: Reverb
Die meisten Röhrencombos verfügen über einen eingebauten Federhall und so war er auch der erste Effekt, den Blues-Gitarristen nutzten. Mit einem Hall fügt man dem Signal „Raum“ hinzu, was in gewissen Passagen oder manchmal auch generell durchaus angebracht sein kann. Aber auch hier gilt: Weniger ist mehr, denn ein zu stark dosierter Effekt kann den Sound schnell matschig und undifferenziert machen, besonders, wenn man viele Anschläge spielt, was auch beim Blues öfters vorkommen kann. Es gibt mittlerweile ein paar Pedale, die einen erstklassigen Federhall im Programm haben. Beim nächsten Beispiel kommt eine Simulation des beliebten 63er Fender Reverbs von Boss zum Einsatz.
Gitarre | Overdrive | Reverb |
---|---|---|
Tele | Level: 14 | Mixer: 10 |
Hals & Steg-PU | Tone: 10 | Tone: 11 |
Volume: 10 | Drive: 11 | Dwell: 10 |
Tone: 10 | – | – |
Effektpedale für Blues: Rotary
Die meisten Blues-Gitarristen sind keine großen Effekt-Spieler und Modulationseffekte wie Chorus oder Flanger sind eher selten am Start. Dafür hört man hin und wieder einen (echten) Rotary-Sound. Stevie Ray Vaughan hat zum Beispiel beim Song Cold Shot ein Fender Vibratone Cabinet benutzt. Den Effekt der rotierenden Lautsprecher gibt es mittlerweile von verschiedenen Herstellern in Pedalformat, eine der authentischsten Nachbildungen kommt aus Deutschland, das Rotosphere von Hughes & Kettner, das in Verbindung mit einem vorgeschalteten Overdrive auch im folgenden Hörbeispiel in den Modi Slow (Lautsprecher dreht sich langsam), Fast (simulierter Lautsprecher dreht sich schnell), Brake (Lautsprecher bleibt an beliebiger Stelle stehen) zu hören ist. Zusätzlich gibt es das Ganze dann noch ohne Effekt zum besseren Vergleich.
Gitarre | Overdrive | Rotary |
---|---|---|
Strat | Level: 14 | Drive: 12 |
Hals-PU | Tone: 10 | Output: 14 |
Volume: 10 | Drive: 11 | Rotor-Balance: 13 |
Tone: 10 | – | – |
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