Praxis
Wie kommt es, dass ein Bodentreter so vielseitig ist und zudem noch Speicherplätzen für sechs Presets anbietet? Die Antwort ist ganz einfach: Das Gerät arbeitet mit Digitaltechnologie. Das Gitarrensignal wird am Eingang per A/D-Wandler in Daten umgewandelt und erst am Ausgang wieder in ein analoges Signal konvertiert. Dazwischen verhält sich das Pedal wie ein kleiner spezialisierter Computer. So ist es möglich, das Gitarrensignal unmittelbar hinter dem A/D Wandler in unterschiedliche Bänder aufzuteilen, um diese separat zu verzerren. Die Multiband-Verarbeitung ist ein außergewöhnliches Verfahren zum Auftrennen des Eingangssignals in zehn unterschiedliche Frequenzen. Durch das Isolieren einzelner Frequenzbänder erhält man eine sehr aufgeräumte Verzerrung, die besonders bei Akkorden zu erstaunlichen Ergebnissen führt. Vorsicht ist allerdings beim Gainregler geboten, der ab 3 Uhr zu matschen beginnt. Aber selbst mit viel Gain klingt es hier nicht nach Metallzerre, sondern eher nach Fuzz. Die Sounds wirken insgesamt verpackt und teilweise im wahrsten Sinne des Wortes „Digital“.
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Im A/B-Vergleich zu Pedalen wie dem Baldringer Dual Drive, den Pedalen von Mad Professor und dem Cornish Soft Sustain wird schnell klar, dass man es hier nicht mit einem Brot-und-Butter-Verzerrer zu tun hat. Wie bei vielen digitalen Verzerrer-Emulationen sind auch hier die Frequenzen im Bereich um 1 kHz kritisch und es wird schnell harsch. Mit dem integrierten siebenbandigen Equalizer kann man diesen Bereich zwar absenken, wobei es dann aber relativ schnell noch indirekter wird. Ich würde diesen Frequenzbereich im Studio mit einem guten Plugin später nachbearbeiten und den internen EQ außen vor lassen. Erst nach und nach habe ich mich von dem Gedanken lösen müssen, dass man es hier mit einem gewöhnlichen Verzerrerpedal zu tun hat. Die Vorzüge liegen eher in außergewöhnlichen Klängen, die man so mit keinem anderen Gerät hinbekommt. Zum Vergleich fällt mir die Zvex Fuzzfactory ein, die ja auch so ein Kandidat für Soundtüftler und Leute ist, die auf der Suche nach etwas Neuem sind. Drive und Sustain beeinflussen sich beim Multiwave-Distortion gegenseitig, und wenn man, je nach Preset, zusätzlich noch das Poti an der Gitarre leicht zurückdreht, erhält man erstaunliche Ergebnisse. Der Sustainregler arbeitet wie ein Kompressor und mit wenig Gain bekommt man interessante Sounds hin, die sich bestens für perlende Picking-Gitarren eignen. Solche Effekte sind mit anderen Geräten nicht so leicht hinzubekommen. Er greift massiv ins Klanggeschehen ein und verhält sich nicht so, wie man das aus der analogen Welt gewohnt ist. Auf jeden Fall ist er mit Vorsicht zu genießen, denn ab der 12-Uhr-Stellung macht er den Sound völlig platt. Die Devise lautet deshalb, je mehr Gain, desto weniger sollte man den Sustainregler aufdrehen. Kommen wir zum Mixregler. Er ermöglicht es, das verzerrte Signal mit dem cleanen Sound zu mischen. Bei meinen Versuchen hatte ich die besten Ergebnisse, wenn ich bei wenig verzerrten Sounds das cleane Signal mit einem Mischungsverhältnis von etwa 80 Prozent des verzerrten Sounds eingestellt habe. Dreht man das Mischungsverhältnis hier auf 50 Prozent, klingt es schnell phasig. Die Frequenzaufteilung in Kombination mit Foldback produziert wilde, synthesizerähnliche Verzerrungen, die jedem Fuzz-Fanatiker das Herz höher schlagen lässt. Einige Foldback-Sounds bringen teilweise digitale Artefakte mit sich, die auch wieder etwas Besonderes haben. Die Octave-Abteilung gefällt mir persönlich am besten. Neben total bekloppten Klängen bekommt man hier auch sehr schöne, bluesige Octafuzz-Sounds, die sich wirklich sehen und hören lassen können. Sie klingen bei Weitem nicht so kaputt, wie das bei vielen analogen Fuzztretern der Fall ist. Auch hier gilt wieder der Rat, den Gain Regler nicht zu weit aufzudrehen und mit dem Volumepoti der Gitarre zu arbeiten.