Beim Praxisteil habe ich mich auf das Standardangebot beschränkt, also alles, was man am Pedal direkt machen kann, ohne mit der Neuro-App weitere Sounds und extremere Parameter-Settings zu programmieren. Meines Erachtens ist allein dieses Angebot schon absolut ausreichend und variabel. Wenn man bedenkt, dass ein Kompressor nur ein Dynamik-Prozessor ist und kein Effektgerät mit abgefahrener Klangerzeugung, wie zum Beispiel ein moderner Reverb mit Modulation und endlos Nachhall für Ambientsounds. Für die Aufnahmen habe ich einen Tweed Deluxe Klon benutzt, der über eine 1×12 Box (Celestion Alnico Blue) läuft, die mit einem Beyerdynamic M-160 abgenommen wird. Der Amp ist relativ unverzerrt eingestellt, knapp an der Grenze zur Übersteuerung bei höheren Pegeln.
Zu Beginn hört ihr die sechs Modes, die mit dem Schalter anwählbar sind. Dabei ist der Blend-Regler auf 7 Uhr geparkt, damit man auch das Kompressor-Signal deutlich hört. Die restlichen Parameter sind in mittiger Einstellung. Das ist übrigens auch immer der Fall, wenn man den Modus wechselt. Prinzipiell werden hier sechs Speicherplätze mit den dort gespeicherten Einstellungen aufgerufen, und zwar unabhängig von den aktuellen Reglerpositionen. Dabei ist bei allen sechs Modes Blend auf Minimum, der Rest in mittlerer Position.
Wie erwartet zeigen sich die Unterschiede nicht extrem, aber doch deutlich hörbar. Der „Studio Snap“ kommt mit spritzigem Attack, der LA2A-Sound im Optical-Mode ist im Kompressionsverhalten etwas dezenter. Sehr knackig ist die 1176er Emulation beim Studio-Mode Alt. Klanglich sind alle ausgezeichnet, der Atlas macht das Signal nicht platt, sondern arbeitet tatsächlich feinfühlig an der Dynamik. Auch beim Spielen fühlt es sich sehr gut an, der Wohlfühlfaktor setzt mit dem Aktivieren des Pedals ein.
Jetzt kommen wir zur Bandbreite, was mit den Regelmöglichkeiten alles eingestellt werden kann. Klarer Trumpf im Vergleich zu manch anderen (einfachen) Kompressorpedalen ist definitiv der Blend-Regler zum Hinzumischen des Direktsignals. So lässt sich quasi eine parallele Kompression fahren, die man zum Beispiel hart einstellen kann, sie aber durch einen höheren Wert des Blend-Reglers wieder entschärft. Die Bandbreite der Parameter variiert je nach Modus, was auch bei einem Blick in die Neuro App deutlich wird. So ist zum Beispiel beim „Studio Snap“-Preset die Ratio zwischen 1,30:1 und 20,00:1 und beim nächsten Preset „Optical Rack“ zwischen 1,50:1 und 8,73:1 mit dem entsprechenden Regler am Pedal einstellbar, Werte, die man von den emulierten Originalen übernommen hat. Mit den sehr guten Grundsounds und den voreingestellten weiteren Parametern liefert allein das Pedal schon eine hohe Bandbreite an Kompressorsounds. Auch wenn die Aufzählung all dieser Werte und Möglichkeiten komplex klingen mag, ist es das absolut nicht. Grundsätzlich gilt, dass man mit der 12-Uhr-Einstellung von Threshold, Ratio und Output einen soliden Sound und eine gute Ausgangsbasis erhält. Hat man das Kompressionsverhalten mit Threshold und Ratio eingestellt, kann man ausprobieren, den Blend-Regler langsam aufzudrehen, um bei Bedarf noch etwas Direktsignal hinzuzufügen. Soll der Höhenbereich entschärft oder gepusht werden, ist die Alt-Funktion des Ratio-Reglers angesagt, mit der die Höhen angehoben oder abgesenkt werden. Beim Ausgangssound sind die Parameter der Alt-Funktionen auch immer in der mittleren (neutralen) Position geparkt. Attack und Release bieten noch weiteres Feintuning für den gespielten Gitarrenpart. Hier ist die Bandbreite der Regelmöglichkeiten mit dem ersten Preset „Studio Snap“.
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Jetzt kommen einige typische Einsatzbereiche für Kompressorsounds. In dezenter Einstellung eignet sich der Atlas auch als „Always On“-Pedal, das mit sanftem Kompressionsverhalten vor allem bei leistungsstarken Amps in niedrigen Lautstärken das geliebte Sättigungsgefühl der Endstufe in gewisser Art imitieren kann und man einfach entspannter spielt. Der Ton hat bei entsprechender Einstellung mehr Sustain und leise Anschläge kommen knackig und gut hörbar aus den Speakern. Vor allem Singlecoil-Gitarren verleiht der Atlas einige Muskeln. Und natürlich gibt es auch die extremen Settings, bei denen der Kompressor im Ausklingen den bekannten Pumpeffekt erzeugt. Zwar wird damit auch das Grundrauschen angehoben, aber das gehört dazu und bleibt im Rahmen. Was mir auffällt, ist die hohe Klanggüte, die der Atlas an den Tag legt. Da wird nichts platt gemacht, alle Anschläge, Akkorde und Details sind immer definiert hörbar. Beim Spiel mit dem Slide sorgt der Atlas für ein langes Sustain, das immer natürlich klingt und bei dem auch längere Noten nicht einfach absterben. Auch vor oder hinter Overdrive-Pedalen kann der Atlas sehr gut als leichter Boost oder für einen etwas intensiver schmatzenden Ton eingesetzt werden.