Spector Euro5 LX Test

Praxis

Es ist immer wieder ein faszinierendes Phänomen, wie unterschiedlich man das Gewicht eines Basses individuell einschätzt. Warum man einen bestimmten Bass schwerer empfindet als einen anderen, selbst, wenn beide Instrumente auf der Waage den gleichen Wert anzeigen? Ich kann es nur vermuten: Ein wenig ist die Haptik verantwortlich. Hebt man den Bass am Hals an, dann wirkt derjenige Bass mit dem kräftigen Hals leichter als der mit einem dünnen Hals – eventuell, weil sich der kräftige Hals besser halten und dadurch das Gewicht subjektiv weniger spüren lässt. Ähnlich verhält es sich, wenn man den Bass an dem Übergang zur Kopfplatte greift. Ist der Hals glatt lackiert und der Übergang zur Kopfplatte sanft und geschwungen, wirkt der Bass wiederum subjektiv “angenehmer” zu halten, als wenn die Kopfplatte im Übergang scharfkantig und der Hals unlackiert ist und auf diese Weise stärker durch seine Griffigkeit an der Haut der haltenden Hand zieht. Auch am Körper wirkt ein Bass mit geringer Kopflast leichter als einer mit stärkerer bei identischem Gewicht, denn der weniger kopflastige Bass zerrt subjektiv empfunden weniger stark an der Schulter, auf der der Gurt aufliegt.

Allesamt vielleicht gewagte Theorien, aber nach meiner Erfahrung kann man durch solche Faktoren ein Gewicht durchaus unterschiedlich empfinden. So jedenfalls erging es mir, als ich den Spector Euro5 LX erstmals in die Hand nahm und nach dem Blick auf die Waage ungläubig auf die Zahl 4,8kg sah. Der Bass fühlt sich schon kernig an, aber “gefühlt” ist er leichter, als die Zahl auf der Waage wiedergibt. Ich staune wieder einmal über das Phänomen der Fehleinschätzung.
Der Bass ist toll verarbeitet, nichts kennzeichnet ihn in irgendeiner Weise als “preiswerte” Variante eines teuren Originals. Lediglich der goldschriftliche Lizenzhinweis auf der Kopfplattenrückseite “precision crafted under license in the Czech Republik” und der darunter stehenden Unterschrift Stuart Spector’s zeigt die “nicht USA” Herkunft. Qualitativ wüsste ich nichts zu nennen, was den Bass hinter das Original rücken sollte.

Im Test zeigte sich der Spector-Bass sehr vielseitig
Im Test zeigte sich der Spector-Bass sehr vielseitig

Der kräftige ovale Hals lässt sich mühelos spielen, denn die Saitenlage ist super flach eingestellt und doch scheppert nichts – es sei denn, man provoziert es bewusst durch harten Anschlag. Die minimal verlängerte 35″ Mensur sorgt dafür, das die Saiten ein wenig straffer sind, was nicht nur der B-Saite, sondern auch allen anderen entgegenzukommen scheint. Ich kann den Unterschied zur Standard 34″ Mensur kaum spüren. Der Hals sitzt ein wenig weiter links in der Spielposition, aber ohne unangenehm zu sein. Im Sitzen ist der Bass toll austariert und kippt zu keiner Seite weg, kann entsprechend komfortabel auch ohne Gurt gespielt werden. Im Stehen, am Gurt hängend, verschiebt sich die Position gegenüber der im Sitzen ein gutes Stück nach links. Das heißt, der Hals und somit die Griffposition wandert nach außen. Das ist dann etwas gewöhnungsbedürftig, denn man muss den Arm stärker strecken als bei vielen Bässen mit Standard-Mensur und anderen Korpusformen. Aber auch der Spielbereich der Schlaghand wandert ein wenig weiter nach links. War die Position im Sitzen nahezu ideal zum Slappen, so muss man auch hier die Schlaghand korrigierend weiter nach links führen und erhält dadurch einen etwas anderen Daumenwinkel als in Sitzposition. Alles ist machbar und man gewöhnt sich daran, aber ich denke, es ist eine Erwähnung wert.

Kommen wir zum Sound. Bereits trocken gespielt vernehme ich ein tolles Sustain und erspüre keine Dead-Spots. Wie bereits gesagt ist die aktive 2-Band Elektronik in der Nullposition, also komplett zugedreht, entgegen der von Spector angegebenen Spezifikationen nicht linear, sondern senkt Bässe und Höhen ab. Das Resultat sollte entsprechend vorausberechnet einer Anhebung der Mitten entsprechen und das ist auch genau das, was man zu hören bekommt. In der Grundstellung der beiden EQ-Regler, in Kombination mit beiden Tonabnehmern und sowohl im Humbucker- als auch Singlecoil-Betrieb entpuppt sich der Spector Euro5 LX als kerniger Mittenspezialist – ein Sound, bei dem jedem Blues- und Classic-Rock-Player das Herz aufgehen dürfte. Die Humbucker sind entsprechend voller im Gesamtbild als die Singlecoils. Was jedoch besonders deutlich auffällt, ist ein großer Lautstärkeunterschied zwischen Humbucker und Singlecoil. Für die Aufnahmen habe ich diesen angeglichen, aber im Livebetrieb fehlen den Singlecoils einige satte dB. Wenn man das am Bass selbst regeln will, wird man ein wenig fummeln müssen. Zumindest, wenn man oft die Schaltungen wechselt, denn die Lautstärkeunterschiede mit den Volumepotis am Bass zu justieren ist knifflig, da es eben zwei getrennte Volumepotis sind und an diesen auch keine Markierungen oder Raster existieren. Eventuell wird man sich hier eines externen Boosterpedals bedienen müssen. Sowohl Humbucker als auch Singlecoil-Sound sind absolut überzeugend.

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Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Null Beide Tonabnehmer; Singlecoil; EQ Regler auf Null

Dreht man nun beide EQ-Potis, also Höhen und Bässe, herein, verschiebt sich der Sound deutlich hörbar. Die Mitten werden reduziert und der Sound öffnet sich. Ich habe für die nächsten Beispiele die Regler noch leicht über den Punkt hinaus gedreht, an dem man den Eindruck hat, der Sound wäre linear. Das heißt, hier beginnt bereits der Boostbereich, in dem sowohl Bässe als auch Höhen angehoben werden. Allerdings gesellt sich zu den Höhen auch ein deutlich hörbares zunehmendes Rauschen – für mich jedoch im Rahmen des Tolerierbaren. Gleichzeitig nimmt auch der Gesamt-Ausgangspegel zu und man muss an seinem Amp den Gain zurückschrauben, sofern er zuvor auf die EQ-Nullstellung des Spector eingepegelt wurde. Auch hier sollte man sich bewusst sein, dass man im Livebetrieb den Gain beim Soundcheck für den FOH-Mann entsprechend der lautesten Einstellung des Basses justiert, wenn man später keine Verzerrungen erleben möchte. All dies ist nicht negativ, aber es hilft zu wissen, was der Bass als Signal herauspfeffern kann.

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Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Mitte Beide Tonabnehmer; Singlecoil; EQ Regler auf Mitte

Hier einmal die Tonabnehmer einzeln, als Humbucker geschaltet:

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Bridge-Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Mitte Hals-Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Mitte

Interessante Sounds ergeben sich auch aus der Kombination zwischen Singlecoil und Humbucker. Im folgenden Beispiel hört man den pumpenden Offbeat-Begleitbass in der Humbucker-Einstellung mit beiden Tonabnehmern und dem EQ auf mittenbetonter Nullstellung. Währenddessen verwendet der Melodiebass ebenfalls beide Tonabnehmer, den Halstonabnehmer jedoch als Singlecoil. Der Sound bekommt einen leichten und schönen Touch von Out-of-Phase Charakter.

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Beide Tonabnehmer; Hals als Singlecoil; Bridge als Humbucker; EQ Regler auf Null
Dieser Bass ist ein edles Arbeitspferd
Dieser Bass ist ein edles Arbeitspferd

Hier noch einmal ein Beispiel, das den Soundunterschied zeigt zwischen EQ in Nullposition, also abgesenkten Bässen und Höhen und derjenigen Einstellung, die man als “linear” bezeichnen könnte, auch wenn das rein hypothetisch ist.

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Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Null Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler leicht angehoben

Nun wird es Zeit, den EQ weiter in die Boostzone zu schieben. Es folgt eine starke Anhebung von Höhen und Bässen und die Mitten treten in den Hintergrund. Ideal eignet sich der Sound für die Slaptechnik. Der Spector Euro5 LX präsentiert ein schnelles Ansprechverhalten und einen schneidend klaren Soundcharakter. Hier gefallen mir die EMG-Tonabnehmer besonders gut in der Singlecoil Einstellung.

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Slap; Beide Tonabnehmer; Singlecoil; EQ Regler zu 80% aufgedreht Slap; Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler zu 80% aufgedreht

Die Wandlungsfähigkeit des Spector Euro5 LX tritt zutage, sobald man sich unmittelbar im Anschluss an die letzten Beispiele mit dem Halstonabnehmer und zurückgedrehtem EQ auf kernige Rockpfade begibt. Keine Frage, der Bass sorgt für druckvolle und mittige Durchsetzungskraft.

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Hals-Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler auf Null

Bleiben wir beim Rock und der Wandlungsfähigkeit des Euro5 LX. Jetzt habe ich den Bass wirklich einmal sprichwörtlich “getreten” und aggressiv mit dem Pick bearbeitet, in Verbindung mit einem leicht angezerrten Röhrenamp. Hier zeigt sich natürlich die Grenze der flachen Saitenlage. Wer das Scheppern, das mir im übrigen hier gut gefällt, zu viel wird, der muss sie entsprechend höher einstellen. Der Bass ist auf jeden Fall auch ein Rock-Biest, wenn man das von ihm fordert. Abermals favorisiere ich hier die Singlecoil-Variante.

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Pick; Beide Tonabnehmer; Singlecoil; EQ Regler zu 50% aufgedreht Pick; Beide Tonabnehmer; Humbucker; EQ Regler zu 50% aufgedreht
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