Auf manche Tests freut man sich als Tester ja immer besonders – dieser ist einer davon! Eine Kopie des Steinberger L2, im Volksmund auch “Paddel” genannt, war nämlich Ende der 1980er-Jahre mein erster E-Bass! Nachdem ich den Wunsch verspürte, Bass zu spielen, ging ich ins nächstgelegene Musikgeschäft und wollte einen E-Bass kaufen. Die Auswahl des kleinen Ladens beschränkte sich leider auf exakt ein einziges Exemplar, und das war die besagte Kopie des L2! Mir war damals nicht bewusst, dass dies ein recht außergewöhnliches Design war und E-Bässe “normalerweise” ganz anders aussehen. Also kaufte ich ihn – schließlich war es ein E-Bass – also das, was ich wollte!
Zudem versicherte mir der Verkäufer, der Bass wäre “gut” – warum also nach Alternativen schauen? Tja, so einfach war der Instrumentenkauf damals noch! Aber wie auch immer: Für einige Zeit schienen die mutigen Designs von Ned Steinberger gänzlich von der Bildfläche verschwunden zu sein. Nachdem sich die Firma Gibson aber die Rechte daran sichern konnte, gibt es unter den Namen “Spirit by Steinberger” mittlerweile das berühmte “Paddel” endlich wieder.
Details
Aufgrund seiner Geschichte als Möbelbauer hatte Ned Steinberger eine komplett andere und “frische” Perspektive auf den Instrumentenbau. Zu seinem Design wurde er inspiriert, als er sich mit Stuart Spector eine Werkstatt in Brooklyn teilte. Dort entwarf er für Spector dessen legendäre Korpusform, die bis heute den Beinamen “NS” (für “Ned Steinberger”) trägt. Nicht lange danach startete er auch mit eigenen Instrumenten richtig durch.
Steinbergers erfolgreichste Modelle waren Headless-Bässe: Eines besaß einen recht traditionellen Korpus, das andere verfügte über ein kleines konisches Rechteck als Body – das besagte “Paddel” eben! Beide Modelle erfreuten sich in den 80er-Jahren großer Beliebtheit, trafen den Geist der damaligen Zeit und wurden von klangvollen Namen gespielt.
So viel zur Geschichte. Es gäbe sicherlich noch viel mehr zu erzählen, doch das würde den Rahmen eines Testberichts sprengen. Kommen wir also zu den nackten Fakten: Für den Korpus meines Testbasses kommt – anders als beim Original, welches vollständig aus kohlenstoffverstärktem Kunststoff bestand – Basswood zum Einsatz. Der Hals wurde aus drei Streifen Ahorn gefertigt.
Die Form des Bodies entspricht einem Rechteck, welches sich zur Brücke hin leicht verbreitert. Auf dem Griffbrett aus Satinwood finden sich 24 Bünde. Der XT-2 wurde deckend lackiert, mit einem High-Gloss-Finish überzogen, und ist in mehreren Farben erhältlich. Die schicke schwarz-weiße Ausführung meines Testbasses nennt sich “Yin Yang”.
Ein weiterer Aspekt, der natürlich sofort ins Auge fällt, ist die fehlende Kopfplatte (Headless). Im Vergleich zu traditionellen Instrumenten wirken die Ausmaße des XT-2 wirklich winzig. Die Mensur beträgt normale 864 mm, der ganze Bass ist aber gerade mal 978 mm lang! Das sind gut 20 cm weniger als bei traditionellen Konstruktionen!
Um einen guten Sitz auf dem Oberschenkel zu gewährleisten, hat sich Ned Steinberger etwas Besonderes einfallen lassen: Eine Stütze aus Metall in der Zarge lässt sich ausklappen und sorgt für sicheren Halt beim Spielen im Sitzen. Benötigt man sie nicht, verschwindet sie eingeklappt fast unsichtbar und stört die Linien des Bodies nicht.
Die komplette Hardware ist schwarz und hält ebenfalls einige Besonderheiten bereit. Zum einen gibt es aufgrund der fehlenden Kopfplatte keinen Sattel. Am Ende des Halses befindet sich die Aufhängung für die Saiten inklusive Führung, danach folgt ein Nullbund. Im Auslieferungszustand können nur Double-Ballend-Saiten verwendet werden, da sie an der Brücke und in besagter Vorrichtung eingehängt werden. Optional kann man aber auch einen Adapter erwerben, mit dem sich auch normale Single-Ballend-Saiten verwenden lassen.
Zum anderen ist da die Brücke: Sie ist ebenfalls eine Entwicklung von Ned Steinberger (und sogar patentiert!). In ihr lassen sich die Saiten in einer Art Schublade einhängen, welche dann nahezu unsichtbar wieder beim Stimmen verschwinden. Anstelle von Stimmmechaniken auf der Kopfplatte gibt es vier Rädchen am Ende der Brücke.
Auch die Tonabnehmer kommen aus dem Hause Steinberger. Es sind zwei Humbucker namens HB1 (Steg) und HB2 (Hals). Die Elektronik ist überraschenderweise passiv, also sehr konservativ. Die drei Regler haben die Funktion Volume, Volume und Tone.
Der Steinberger XT-2 ist unterm Strich recht solide verarbeitet; an manchen Stellen, wie etwa den Kanten des Griffbretts oder der Abdeckung des Elektronikfachs, gibt es allerdings Luft nach oben. Nach seiner langen Reise aus Fernost benötigte der Bass zudem erst einmal ein komplettes Setup. Das würde unter Umständen den einen oder anderen Nachwuchsbassisten schon mal vor Probleme stellen. Hier wäre daher eine Überprüfung vor dem Verkauf durch den Vertrieb oder Händler vor Ort angebracht!
Im Lieferumfang enthalten ist ein einfaches Gigbag – leider aber nicht der beschriebene Adapter, mit dem sich alle gängigen Saiten aufziehen lassen. Das wäre meiner Meinung nach wünschenswert!
Lobbyist sagt:
#1 - 07.02.2019 um 15:12 Uhr
Kenner wissen allerdings, dass vieles davon für die "Billigserie" Spirit gilt. Die ernstzunehmenden Bässe von Steinberger hören auf den Namen "Synapse", sie nehmen auch normale Saiten, halten sehr gut die Stimmung durch einen stabilen Ahorn-Graphit-Hybridhals, auch der Body ist aus Ahorn... vor allem hat er aber EMG-40P Pickups, und das ist eine ganz andere Klasse. Wer Durchsetzungskraft will, sollte einen Synapse nehmen und den Spirit vergessen.