Praxis
British Drama Toolkit
Wie bereits erwähnt, ist das Artikulationsagebot der Instrumente etwas spärlich. Allerdings klingen sie sehr schön. Man hört die Unregelmäßigkeiten im Bogenstrich und je nach Artikulation auch deutlich, wie der Bogen gewechselt wird. Das bringt einen lebhaften Sound. Auch was die Main-Patches (Kombinationen verschiedener Instrumentengruppen) und die Ensemble-Patches angeht (Kombination verschiedener Instrumente innerhalb einer Instrumentengruppe) revidiere ich meinen ersten Eindruck; die Patches machen durchaus Sinn, da innerhalb eines einzelnen Tons Schwankungen, Schwebungen und Reibungen entstehen, die man so organisch nicht hinbekommt, indem man verschiedene Patches einzelner Instrumente kombiniert. Das hier ist offensichtlich keine aseptische Library, um einen sauberen orchestralen Sound zu emulieren, hier geht es etwas dreckiger zu. Und diese Imperfektion bzw. die Natürlichkeit funktioniert quasi als Ausgleich für ein sparsames Angebot; lebt der einzelne Ton, braucht man weniger Töne, um einen lebendigen Eindruck zu erzeugen. Es wäre eine interessante Herausforderung, tatsächlich ein komplettes Drama nur mit dieser Library zu vertonen. Vermutlich kriegt man das hin – solange man keine Percussion braucht.
Contemporary Drama Toolkit
Der erste Eindruck bestätigt sich; das Contemporary Drama Toolkit bildet das Gegenstück zum British Drama Toolkit. Gemeinsam haben beide eine gewisse dreckige Ästhetik, aber im Gegensatz zu seinem Kollegen erzeugt das Contemporary Drama Toolkit den Dreck mittels Distortion, Filtern und anderen produktionstechnischen Spielereien. Und das Ausgangsmaterial, von Gitarren, Vocals und der E-Violine und dem E-Cello einmal abgesehen, ist synthetisch. Allerdings klingen auch die Gitarren und Vocals tendenziell synthetisch. Den lebendigsten Teil der Library bilden somit die beiden E-Streicher. Gerade die Drops und Patches mit Entwicklungen innerhalb eines Tons, die sich nicht programmieren lassen, machen diese beiden Instrumente besonders interessant. Bei den synthetischen Pads und Leads hingegen fällt mir wenig Eigenheit auf. Alles, was da ist, erfüllt seinen Zweck, ist als einzelner Sound aber selten besonders interessant. Die überwiegende Mehrheit der Instrumente würde ich eher als B-Signal nutzen, für hintergründige Flächen und Texturen. Hier und da gibt es natürlich auch interessante Sounds zu entdecken, diese bilden aber klar die Ausnahme – jedenfalls für mich. Als Solo-Library ist mir das Contemporary Drama Toolkit insgesamt zu waberig, aber in Kombination mit dem British Drama Toolkit macht es total Sinn.
Velocity
Eine Tatsache, die auf beide Libraries zutrifft und mir positiv aufgefallen ist: alle Artikulationen, auch die langen, reagieren auf Velocity. Bei den meisten Libraries ist das aus Gründen, die ich bis heute nicht verstanden habe, nur bei den kurzen Artikulationen der Fall. Ich finde es wahnsinnig praktisch, wenn Ton- und Dynamikerzeugung im selben Arbeitsschritt erledigt werden, es erleichtert mir das musikalische Einspielen ungemein. Insofern ein weiterer Pluspunkt für beide Libraries.
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Texturen
Eng mit dem Thema Velocity ist eine andere Besonderheit beider Libraries verbunden. Und zwar teilt sich der Gesamtvelocityraum in drei Bereiche: Soft, Loud und Texturen. Das Besondere am Bereich Texturen ist, dass dort automatisch unterschiedliche Artikulationen getriggert werden, die im Menü gar nicht zur Auswahl stehen. So kann das Cello hier zum Beispiel durch unwillkürliche Bogenwechsel oder wellenartige Dynamik auffallen, während die Klarinette automatisch einen weicheren Tonansatz nutzt. Das ist ein ausgesprochen praktisches Werkzeug, um schnell organische Texturen zu erzeugen, bei denen nicht jeder Ton entscheidend ist, Stichpunkt: Produktionsfreundlichkeit.