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Spitfire Audio Ólafur Arnalds Collection Test

Der etwas hässliche Begriff der Neoklassik macht mehr und mehr die Runde. Gemeint ist damit ein Stil, der sich klassischer Instrumente bedient, dem Minimalismus nahesteht und außerdem gerne elektronische Elemente verwendet. Max Richter gilt als einer der Begründer des Genres, wobei dessen Musik nicht vorstellbar wäre ohne Arvo Pärt und dessen Tintinnabuli-Stil. Insofern; danke, Arvo!

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Mittlerweile gibt es eine große Anzahl von Komponisten, die dieses Feld beackern. Kompositorisch ist das Gros von erstaunlicher Schlichtheit, der kreative Gedanke ist weniger in der Komposition als im Sound zu finden.  Und wie in der Popmusik, so stechen auch in der Neoklassik die Isländer durch klangliche Eigenheit hervor. Sich lang entwickelnde Flächen, kurze Motive, Hang zur Textur statt zu Melodie wären hier zu nennen. Das Ganze in eher karger, kratziger Anmutung als satt und fett. Eine gewisse Kühle zieht sich durch diese Musik. Der jüngst verstorbene Filmkomponist Jóhann Jóhannsson wäre als Beispiel zu nennen, aber eben auch Ólafur Arnalds. Ólafur hat, wie viele in der Szene, einen Hintergrund, der sowohl Klassik, aber auch Pop bzw. Elektronik umfasst. Sprich, er hat eine klassische Ausbildung begonnen, in Bands gespielt, Platten veröffentlicht, Filmmusik gemacht. In Zusammenarbeit mit Spitfire Audio sind bisher drei Libraries entstanden, die Ólafurs Klangästhetik bedienen und nun auch als Kollektion zu haben sind. Was diese Kollektion kann, wie sie klingt, ob ein nordischer Wind durch ihre Samples zieht; all diesen Fragen sind wir im folgenden Test nachgegangen.

Details

Download und Installation

Der Download erfolgt über das hauseigene Spitfire-Downloadprogramm. Insgesamt werden fast 100 GB aus dem Netz gezogen, es dauert also ein bisschen. Die „Chamber Evolutions Library“ ist die einzig wirkliche Library im Paket. Sie wird über Native Access per Seriennummereingabe dem Kontakt Player zugefügt. „Evolutions“ und „Composer Toolkit“ sind streng genommen keine Libraries, sondern Instrumentensammlungen. Sie tauchen daher auch nicht in der Library-Leiste auf, sondern der Zugriff erfolgt über die „Files“-Sektion.

Die verschiedenen Libraries auf den ersten Blick; Verwandtschaft zwischen „Evolutions“ und „Chamber Evolutions“

Dass die beiden Libraries Gemeinsamkeiten haben, lässt sich schon anhand des Namens erahnen – „Evolutions“. Beide Libraries legen den Schwerpunkt auf sich lang entwickelnde Töne („Evos“). Diese spielen teils bis zu 60 Sekunden, bevor der Loop einsetzt. Auch die grafische Oberfläche der beiden Libraries ist identisch und besticht durch eine Art Steckfeld in Gitteroptik. Vertikal sind die Notenzentren bzw. die gesampelten Töne in Quartabständen angegeben, horizontal befinden sich die verschiedenen Artikulationen sowie Regler für FX, Volume und Pan. Das Prinzip wird klar, ohne ein Taste anzuschlagen: virtuell lassen sich hier Artikulationen für bestimmte Tonumfänge „stecken“ und jeder dieser Bereiche hat seine eigenen Einstellungsmöglichkeiten für FX, Volume und Pan. Die FX setzen sich aus Reverb, Delay und Saturation zusammen, es bleibt also übersichtlich. Leider fehlt diese Übersicht bei den Artikulationen, hier sind nur Zahlen statt Namen angegeben, was eine kalkulierte Kombination von Sounds unnötig verkompliziert. Dafür lassen sich aber in beiden Libraries alle Artikulationen auch als Einzelinstrument laden. Diese Einzelinstrumente sind nach den Artikulationen benannt und ebenfalls nummeriert. Auf diesem Umweg lässt sich herausfinden, welche Zahl im Steckfenster zu welcher Artikulation gehört.

„Evolutions“ und „Chamber Evolutions“ im Detail – die Unterschiede

„Evolutions“ widmet sich den Solostreichern; Violine 1&2, Viola und Cello (warum kein Bass?), die sich einzeln oder als Ensemble laden lassen. Prinzipiell lässt sich zwischen „Instruments Main Mics“ und „Instruments warped“ wählen. Vom Warp-Faktor mal abgesehen ist das Angebot identisch und besteht aus drei Ordnern; einem mit ausgewählten Ensemble-Presets, einem für die Solo-Instrumente und einem für die einzelnen Artikulationen der einzelnen Instrumente. An Mikrofonsignalen stehen hier Mix, Close, Valve und Ribbon zur Auswahl.
„Chamber Evolutions“ besteht aus einem Streicherensemble in der Besetzung 4.3.3.3.3. (mit seperatem Bass) und bietet neben den „Evos“ noch die sogenannten Waves, ein Signature-Sound von Ólafur. Der Effekt ist simpel: ein Ton, der quasi aus dem Nichts kommt, anschwillt und wieder im Nichts verschwindet. Ein einfacher, aber griffiger Effekt, der sich – sofern man es etwas erdiger mag– auch kaum programmieren lässt. Einzelinstrumente lassen sich in den Chamber Evolutions nicht anwählen, unterschieden wird nur zwischen Chamber und Bässen. Die Artikulationen der Waves und der Evolutions sind dafür aber einzeln zu haben und die Waves gibt es auch in TM-Variante. Die vier Mikrofone sind hier: Close, Stereo, Tree, Ambient.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Ansicht der „Waves“: Dauer und Artikulation sind übersichtlich dargestellt.

Die Toolkit Library

Ein Sonderfall ist die Toolkit Library. Hier geht es weder um Streicher noch gibt es ein Steckfeld. Das Herzstück der Library ist das Felt Grand Piano, ein präparierter Bechstein-Flügel. Der intime Klang ist in vier Signalen zu haben: KM84, Coles, processed und spaced. Neben dem Piano gibt es Synths und Pads: Organic Warps, Sonic Warps, Synth Embelishments und Tempo-locked Synths. Das Arbeitsfenster ist vergleichsweise übersichtlich; zwei Signalquellen, die üblichen A-, D-, S-, R-Einstellungen, acht Effekte sowie Einstellungsmöglichkeiten für Volume, Pitch und Filters. Darauf, dass diese Einstellungen grafisch funktionieren, indem man in der Wellendarstellung malt, muss man allerdings erst mal kommen. Gleiches gilt für die Parameter der Effekte; ohne Handbuch hätte ich ewig nach der richtigen Tastenkombination für das entsprechende Menü gesucht. Kurz; grafische Darstellung und Auflösung nerven schon gewaltig, bevor die Arbeit überhaupt beginnt. Und von intuitiver Bedienbarkeit kann ebenfalls keine Rede sein.

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