Spitfire Audio veröffentlicht mit „Polaris“ ein Instrument, dessen grundlegende und tatsächlich originelle Idee darin besteht, dass ein Orchester synthetische Sounds emuliert. Das klingt nach vielen neuen Artikulationen, interessanten Spieltechnikexperimenten und -kombinationen, nach neuen ungehörten Welten oder kurz: nach ausgesprochen innovativer Orchesterbehandlung.
Da seltsame Orchesterspieltechniken auf dem weiten Sample-Markt sowieso eher die Ausnahme als die Regel sind, macht es „Polaris“ gleich doppelt interessant. Polaris entstand in Zusammenarbeit mit dem Grammy-nominierten Komponisten BT – der ist allerdings in vordergründig in der elektronischen Musik zuhause. Was also genau ist „Polaris“? Ist BT etwa unter die Orchestratoren gegangen? Wie klingt die Maschine und was kann sie? Fragen über Fragen, denen der folgende Test nachgeht.
Details
Das GUI und die Modes
Die erste Überraschung beim Öffnen von „Polaris“ ist die Synthie-Oberfläche: zwei baugleiche Abteilungen für offensichtlich zwei Soundquellen, versehen mit den üblichen ADSR-Einstellungen, Fadern, Slidern, usw. Nicht unbedingt das, was man bei einem Orchesterinstrument erwartet, aber erst mal weitergucken.
Es stellt sich heraus, dass es neben dem Synthie noch einen weiteren Mode gibt, und zwar den Standard-Mode. Die Auswahl beider Modes nimmt man in der obersten Menüleiste unter dem Punkt „Mode“ vor. Optisch ist das Ganze so unauffällig gelöst, dass ich ohne Tutorial wahrscheinlich gar nicht gecheckt hätte, dass es zwei Modes gibt, zwischen denen man wählen kann. Aber: gibt es. Und man kann.
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Der Standard-Mode: die Artikulationen
Der Standard-Mode bietet die vertraute Ansicht von einem dicken Knopf für zuweisbare Effekte und zwei Slidern für Expression und Dynamik in der oberen Fensterhälfte – außerdem: variable Ansichten für Artikulationen, Signale, Effekte und Grain-FX in der unteren Fensterhälfte.
Was die Artikulationsauswahl angeht, folgt auf die Synthie-Oberfläche gleich die nächste Überraschung. Es gibt gerade einmal 12 orchestrale Artikulationen, und wir reden auch nur von einem Streichorchester. Einem kleinen Streichorchester. Fast schon einem Ensemble. Verwirrend.
Neben der Orchesterabteilung gibt es noch die Sektion „Synths“, geteilt in Hardware und Granular, und die größte Abteilung von fünf Instrumenten: „Resampled“. Sie stellt zur Verfügung: Tape, Samplers, Hardware FX1, Hardware FX2 und VHS. Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass es deutlich mehr Signale gibt, die irgendwas mit Elektronik zu tun haben, als reine Orchesterartikulationen. BT lässt grüßen.
Der Standard-Mode: Signale und FX
Die Streicher bieten zehn Signale, alles andere muss mit einem Signal auskommen.
Die sieben vorhandenen Effekte sind leider fest zu gewiesen. Soll heißen, man kann nicht alle Effekte auf alle Patches anwenden, sondern immer nur eine Auswahl davon. Schade eigentlich. Allerdings finde ich es ganz schick, dass Noise FX eine beeindruckend lange Liste von Presets anbietet. Von Turntables über Kassettendecks bis hin zur Vierspurmaschine ist alles dabei. Ähnliches gilt für den Reverb, auch hier gibt es eine sehr lange Liste von Presets.
Den Abschluss bildet Grain-FX. Ich sage mal so: vierzehn Regler warten auf ihren Einsatz und ich habe keinen Plan, wie man sie einsetzt. Ich bin mir lediglich sicher, dass sich damit interessante Sachen anstellen lassen, und deshalb folgt an dieser Stelle eine Notiz an mich selbst: Tutorial checken.
Der Synth-Mode und die Presets
Jetzt geht die Party richtig los, und zwar mit enorm vielen Presets, die in zwei Oberkategorien mit jeweils verschiedenen Unterkategorien sortiert sind. Auch hier gibt es den dicken Knob und die beiden Slider, bevor sich Soundsektion A und B im unteren Bereich auftun, beide sind baugleich. Die ADSR Abteilung hatte ich ja bereits erwähnt.
Es gibt aber noch viele weitere Parameter, mit denen ihr die Einzelsounds weiter gestalten könnt – zum Beispiel: Filter, Trim, Pitch, Pan, Offset, Glide, undsoweiterundsofort. Es ist wirklich umfangreich. Wenn man Sound A und B dort hat, wo man sie haben, hilft einem der Crossfader dabei, beide Signale nach eigenem Belieben zu mischen. Natürlich ist er justierbar, was Tempo und Soundanteil angeht, und auch verschiedene Wellenformen stehen zur Verfügung.
Der Synth-Mode: FX und Sequencer
Verschiedene Signale gibt es im Synth-Mode nicht, dafür aber jeweils acht Effekte für Sound A und B, den Master-Bus und außerdem die zumischbare Aux-Sektion. Das ist wirklich viel. Aber einer geht noch: Ein Fenster weiter wartet ein Gate-Sequencer. Mit dem Paket sollte man etwas anzufangen können.