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Spotify Lossless? HiQ-Streaming aus Sicht eines Labels

Die Flatrate

Für etwa 10 Euro hat der Nutzer rein theoretisch die Möglichkeit, 24 Stunden am Tag, 31 Tage im Monat Musik zu konsumieren. Das wären 44.640 Minuten oder 11.160 Stücke mit Radio-kompatibler Länge von 4 Minuten. Gehen wir von einem Preis von 99 Cent pro Track z.B. im iTunes Store aus, hat der Nutzer auf diese Weise rund 11.150 Euro gespart.

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Das ist natürlich Quatsch und der durchschnittliche Abonnent hört tatsächlich eher 20-mal das gleiche Stück in der Woche, als sich durch die ganze Soundlibrary zu kämpfen. Darüber hinaus besitzt er ja die Tracks nicht wirklich, da aber diese Flatrates im Abo verkauft werden, hat der User die Möglichkeit, die Lieblingstracks immer wieder abzurufen, ohne sie wie früher kaufen zu müssen.
Wenn das Abo über 10 Jahre geht, so hat der User am Ende 1200 Euro bezahlt, was von der Seite des Users betrachtet recht günstig ist. Ein professioneller DJ gibt diese Summe locker in einem halben Jahr aus.

Der Smartphone Hörer

Auch wenn die realen Nutzungszeiten ganz anders aussehen als oben karikiert, beim Betrachten der Menschen in unserer Umgebung stellen wir fest, dass es allerhand mehr Leute mit Kopfhörern an ihren Smartphones gibt, als noch vor einigen Jahren.
Das liegt eben zu einem großen Teil an der fast endlosen Verfügbarkeit von aktueller und auch älterer Musik. Spotify & Co. erstaunen uns immer wieder mit auch den skurrilen Independent Gruppen und deren beinahe schon historischen Scheiben. Der Back-Catalogue ist gigantisch und wächst von Tag zu Tag. Wir können uns mit der einfachen und intuitiven Bedienung unser tagtägliches Radioprogramm selber gestalten.
Für uns als Label ist das ein interessanter, aber auch mühsamer Markt. Tatsache ist, dass wir demselben Kunden ein und dasselbe Stück jedes Mal neu abrechnen können, anstatt es ihm nur einmal zu verkaufen, damit er es sich in Endlosschleife bis zu seinem Ableben oder bis zum Ende des Streaming-Services anhören kann. Die Streaming-Verdienstrate ist allerdings sehr gering und besteht aus Bruchteilen von Cent. Nun besteht das Verdienen von Geld entweder daraus, ein Luxusprodukt zu immens hohen Preisen zu verkaufen oder aber wie ein Eichhörnchen eine kleine Cent-Nuss nach der anderen zu sammeln … viele, viele kleine Nüsse …
Dabei haben wir als Label ein anderes Standing als zum Beispiel der in Eigenregie veröffentlichende Künstler, der tatsächlich mit0,4 – 0,8 ct/Stream am Ende der Nahrungskette steht. Der Bankrott ist praktisch vorgezeichnet, gerade im Eigenvertrieb und Independent-Bereich, wenn da nicht die audiophilen Nerds wären, die auf WAV-Files und CD-Qualität pochen, die es im Streaming nicht gab … bis jetzt. Für 5 bis 10 Dollar mehr will Spotify nun ein verlustfreies Format in CD-Qualität anbieten, wie es Qobuz, Tidal und HDtracks bereits tun.

Bild: Fotolia, markobe
Bild: Fotolia, markobe

Risiko = Chance?

Tatsächlich ist das für uns als Label eine Chance. Jedoch auch ein großes Risiko für unsere CD-Verkäufe und für den generellen Absatz von digitalen Audiofiles, die in CD-Qualität immerhin noch eine Summe um die 2 Euro pro Stück einbringen, die wir mit unseren direkt beteiligten Künstlern teilen.
Dank der Digitaltechnik ist es vielen Menschen nun möglich, Musik zu komponieren, zu arrangieren und zu einem Werk zu mischen. Der digitale Vertrieb, der Stream im Speziellen, verhindert allerdings, dass diese Leute von den Einnahmen leben können. Wir erleben womöglich in der nächsten Zeit eine große Bereinigung des Musikmarktes, in dem nur die Stärksten und hoffentlich Talentiertesten von ihrem Schaffen leben werden können.
Der Rest wird gnadenlos zu Hobbymusikern degradiert, die sich ihr Brot auf eine andere Art und Weise verdienen müssen und sich irgendwie ihr zeitintensives Hobby finanzieren müssen. 

Vinyl, CD, Streaming

Für uns als Label bedeutet dies, dass wir uns auf kargere Einnahmen einstellen müssen, aber auch, dass wir unsere Talente unter den gesignten Musikern massiv fördern sollen. Wir werden wohl künftig nicht mehr aus dem vollen Repertoire aufstrebender Musiker schöpfen können, aber mit Compilations gesammelter Spitzenproduktionen von Musikern, die sonst keine Chance bekommen, bieten wir diesen Menschen eine Plattform und die Möglichkeit, sich weiter am Markt zu etablieren.
Die jeweiligen Anpassungen des Marktes und der präferierten Tonträger hat schon manches nicht so weitsichtige Label entweder an den Rand oder gleich mitten in den Ruin getrieben, beispielsweise als der Vinylmarkt vor einigen Jahren zusammenbrach.Der Absatz an CDs ist merklich zurückgegangen, speziell bei der elektronischen Musik. Auch wenn physische Tonträger wie Vinyl und Kassette eine Renaissance haben, so hat der Verkauf an Vinyl-Tonträgern (2013) weltweit gerade mal die Stückzahl von dem Debütalbum der Gruppe Asia Anfang der 80er überholt (Asia Debut 1982 = 7 Millionen – weltweite Verkäufe 2013 = 11,36 Millionen). Wenn die Verkaufszahlen weltweit die Auflage des Michael Jackson Albums „Thriller“ erreicht hat, wird es langsam auch für Indie-Labels wieder interessant (65 – 110 Millionen Stück)
Der digitale Vertrieb bleibt vorerst einer der wenigen Möglichkeiten, sich weiterhin als Musiklabel zu behaupten. Es kommt verstärkt auf Qualität und eine gute Verbreitung durch Werbung, Auftritte der Künstler und Web-Auftritte im Social-Media-Bereich an.
Es bleibt nichts anderes übrig, als sich mit dem audiophilen Streaming zu arrangieren und weiter zu machen. Am Ende des Tages dürfen wir auch nicht vergessen, dass die Reproduktionskosten für digitale Files um einiges geringer sind, als der Umschnitt auf Vinyl oder das Erstellen einer CD-Auflage.

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