PRAXIS
Im Gegensatz zum DSP-Vorgänger erwies sich Duende Native bei der Installation als völlig unkompliziert und zu 100% funktionsfähig. Die Plug-ins waren schnell aktiviert, wobei das Autorisieren dabei sowohl lokal auf einem Rechner, als auch auf einem Codemeter USB-Dongle möglich ist. Das Codemeter ist eine Alternative zum Pace iLok und wird bereits von Firmen wir Propellerhead und Algorithmix verwendet.
Die Bedienoberfläche aller Plug-ins ist durchweg übersichtlich und logisch gestaltet, so dass der Blick entspannt auf dem Bildschirm bleiben kann und sich ein Blick ins Handbuch oft erübrigt. Gegenüber der vertikalen Ausrichtung des SSL Channels von Waves finde ich die horizontale Ausrichtung von SSL selbst viel angenehmer und übersichtlicher – auch weil die SSL Plug-ins eine Spur größer sind.
Als Vintage-Look Verneiner finde ich die neueren Plug-ins wie X-Comp und X-EQ persönlich natürlich viel schöner, aber das ist wie immer reine Geschmackssache. Dennoch hätte die Darstellung aller Plug-ins gerne etwas größer ausfallen können.
Einige Plug-ins bieten nette Zusatzfunktionen wie das A/B-ing, bei dem zwei verschiedene Plug-in Einstellungen gespeichert und miteinander verglichen werden können. An sich eine nette Sache, warum man diese Funktion aber nicht konsequenterweise auch in den Classic Plug-ins verbaut hat, bleibt ein Rätsel. Auch dass die Filterpunkte im Vocalstrip nicht zusätzlich in der Frequenzgang-Grafik verschiebbar sind, leuchtet nicht ganz ein.
Immerhin kann man aber das Mausrad zur Bedienung hinzuziehen. Auch das Feinjustieren mittels gleichzeitig gedrückter Shift-Taste ist möglich. Bei gedrückt gehaltener Strg-Taste hingegen springt der anvisierte Parameter „auf Klick“ in seine Default-Stellung, sprich Null, zurück. Bei dem X-EQ funktioniert die Shift-Taste in der Frequenzgang-Grafik übrigens als Umschalter zwischen Gain und Q-Anpassung (bei y-Bewegungen der Maus). Echt praktisch.
Für dich ausgesucht
Genauso praktisch finde ich die “Spezial Plug-ins” wie Drum- und Vocalstrip. Obwohl die Namen einem schon gewisse Einsatzorte nahelegen, ist man natürlich auch hier gut beraten, umfangreich zu experimentieren. Den Drumstrip find ich z.B. auch auf Bässen gut, denn gerade frequenzabhängige Verzerrungen wirken hier manchmal Wunder. Das Funktionsangebot ist an sich zwar relativ knapp bemessen, dafür aber auch leicht verständlich und musikerfreundlich gehalten. Es gibt also keine Schalter und Regler, bei denen scheinbar nichts passiert.
Mit dem Vocalstrip kommt man an sich schon sehr weit. Dennoch sollte man nie in Preset-Routine verfallen, denn auch der EQ und Dynamics Channel machen sich bei Vocals verdammt gut. Wer die Wahl hat, hat die Qual …
Nichtsdestotrotz gefällt mir die Frequenzlimitierung des Vocalstrip-Filters nicht. Manchmal will man eben doch noch unter 200 Hz “notchen”. Und wenn einem dann der Software-Regler einen Strich durch die Rechnung macht, ist das natürlich irgendwie ärgerlich.
Andererseits hat man für solche Zwecke dann ja auch noch den X-EQ, der Parameter-seitig keine Wünsche offen löst. Seine zehn Bänder lassen auch aufwendigste Entzerrung zu, so dass man kaum nachgeschaltete Instanzen braucht. Die verschiedenen Charakteristiken sind eine nette Sonderfunktion, wobei jedoch sicherlich nicht jeder auf Anhieb die Unterschiede hören wird.
Die EQs zeigen unter normalen Arbeitsbedingungen keinerlei Artefakte und “klingeln” selbst bei hohen Q-Faktoren überraschend wenig, wodurch sie sich auch für Mastering Anwendungen anbieten. Für die vollste Zufriedenheit hätte ich mir jedoch noch einen Linear-Phase EQ gewünscht.
Zum Thema Komprimierung muss man bei SSL eigentlich keine weiteren Worte verlieren, unzählige “SSL-Bus-Compressor-verdichtete” Nummer Eins Hits der letzten Jahrzehnte weltweit sowie zahlreiche Nachbaupläne des Kompressors im Netz sprechen eine klare Sprache. Und auch ich muss zugeben, dass der SSL Bus Compressor der von mir am häufigsten eingesetzte Effekt ist.
Der X-Comp ist hier eine tolle Ergänzung, da er noch subtiler, aber auch brachialer eingesetzt werden kann. Doch hört am besten selbst
Wie ihr sicherlich gemerkt habt, habe ich in einigen Beispielen als letztes Glied der Signalkette, den X-Verb, mit ins Spiel gebracht. Dieser algorithmische Reverb ist sehr umfangreich ausgestattet und lässt viele Detaileinstellungen zu. Ob man diese jedoch alle definieren will, ist eine andere Sache. Ich lob mir da meinen Softube TSAR-Reverb, der es auch mit unter zehn Parametern schafft, authentische Räume zu simulieren.
Insgesamt ist festzustellen, dass alle Plug-ins sehr sauber und transparent arbeiten – solange man das will. Auch bei drastischen Einstellungen kann SSL voll überzeugen. Besonders bei heftigerem Bassmaterial und schnellen Regelvorgängen neigen ja gerade Software-Kompressoren schnell zum Verzerren, nicht so die SSL Verdichter. Hier wird auf Weltniveau komprimiert.
Und das Wichtigste natürlich zum Schluss: Alle Plug-ins sind bei mir nicht ein einziges Mal abgestürzt. Zudem gehen sie sehr sparsam mit Ressourcen um – die DSP-Beschleunigung vermisst sicherlich keiner.