Offen, druckvoll und transparent klingt der Puredrive Quad in der Neutralstellung
Beim Anschalten – also dem Betätigen des Standby-Tasters auf der Frontseite – startet der Puredrive Quad ein kleines Konzert aus Relais-Klicken, anschließend ist er einsatzbereit. Die Potikappen fühlen sich nur wenig gedämpft an, beim Drehen erzeugt jede Rasterstufe ein kleines Geräusch, das gilt auch für die Betätigung der Taster. Im Audioweg landet davon allerdings nichts. Das Finden der passenden Vorverstärkung macht insgesamt Spaß und geht zügig vonstatten.
Ein Vierfach-Preamp eignet sich natürlich besonders gut dafür, zumindest die Basismikrofone am Drumset aufzunehmen, als da wären: Bassdrum, Snaredrum und zwei Overheads. Als Schallquelle dient mein Oriollo Aluminium-Drumset, dazu eine Tama Peter Erskine Snaredrum. In der Bassdrum arbeitet ein Dr Alien Smith Alien8 Mikro, an der Snare ein Telefunken M80 und als Overheads kommen zwei AKG C214 in ORTF-Anordnung zum Einsatz.
Als Vergleichs-Preamp für diesen Durchgang verwende ich einen meiner australischen Sebatron VMP4000e Röhrenvorverstärker, die ich am Schlagzeug sehr gut finde. Sie klingen plastisch, gleichzeitig aber eher neutral, können aber auch ordentlich in die Sättigung gefahren werden, was zum Vergleich später aufschlußreich sein dürfte.
Der Soundcheck im neutralen Modus bestätigt, was man von SSL erwartet. Der Gesamtklang wirkt präsent und dreidimensional, die Transienten sind schnell. Das Ergebnis ist ein moderner, „kompletter“ Drumsound mit Biss, der aber nicht harsch klingt. Wer daran etwas kritisieren möchte, könnte dazu meinen Sebatron zu Hilfe nehmen, der speziell obenrum etwas weniger „vorne“ klingt, ohne träge zu wirken. Das ist jedoch natürlich Geschmackssache.
Die beiden Drive-Modi liefern praxistaugliche Sound-Alternativen
Jetzt hören wir uns mal an, was passiert, wenn man den Classic Drive Mode auf allen vier Kanälen aktiviert. Wie erwartet, sorgen die Harmonischen ungerader Ordnung für eine leichte Verbreiterung der Transienten, was sich besonders auf der Snaredrum auswirkt. Das ganze Signale wird etwas „feuriger“, übertrieben oder gar aufgesetzt wirkt der Effekt allerdings nicht. Aktiviert man den Asymmetrical Drive, fällt der etwas prominentere Bassbereich auf, was sich sowohl auf die Bassdrum als auch auf das Floortom auswirkt. Aber auch hier gilt: Zu viel des Guten ist es sicherlich nicht.
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Der Vergleich mit anderen Preamps: Mono „Front of Kit“ Mic
Um den Charakter eines Preamps oder Mikrofons zu ergründen, verwende ich gerne ein einzelnes Mikro vor der Bassdrum, welches eine Linie mit der Hi-Hat, der Snare und eben der Kick bildet. „FoK“ nennen des viele, „Front of Kit“. Für unseren Test verwende ich die drei Sound-Modi des SSL, fahre auch meinen Sebatron etwas stärker an und nehme noch ein weiteres klassisches Design dazu, meinen Golden Age Premier Pre73. Ich habe die Ausgangslautstärke beim SSL übrigens nicht angepasst, allerdings die anderen beiden Preamps jeweils angeglichen.
Der Vergleich bestätigt die Vermutungen. So zeigt sich der SSL insgesamt angriffslustiger als der Sebatron, welcher im heißer angefahrenen Modus immer noch gutmütiger wirkt, untenrum aber typisch röhrig größer aufmacht und beginnt, „brüchiger“ zu klingen. Daran erkennt man auch, dass der Sebatron eben ein Röhrenpreamp ist und der SSL nicht. Im Vergleich mit der Neve 1073 Kopie wird deutlich, dass der GAP sowohl mehr verdichtet als auch noch präsenter klingt. Man muss jedoch bedenken, dass bei allen Preamps natürlich noch viele weitere Input-Gain/Output-Kombinationen möglich sind. Klar ist, dass der SSL eine große Bandbreite an kräftigen Sounds zwischen griffig-neutral und brachial gesättigt ermöglicht.
Die Wirkung des Impedanzschalters am SSL
Zu guter Letzt schließe ich ein einzelnes Shinybox MX C Bändchenmikrofon an den Puredrive Quad an, um die Wirkung der unterschiedlichen Impedanzen zu beurteilen. Ich verzichte außerdem auf mein RME-Interface und verwende stattdessen die Audiointerface-Möglichkeit des SSL. Das Gerät wird an meinem Macbook Pro M1 problemlos erkannt. Kommen wir nun zum Sound der vier Eingangsimpedanzen. Zur besseren Beurteilung habe ich die Lautstärken nicht angepasst. Mit 260 Ohm Ausgangsimpedanz fühlt sich das Bändchen schon in der neutralen 1,2 Ohm-Einstellung sehr wohl. Das ist kein Wunder, wird doch eine vier bis fünfmal höhere Lastimpedanz empfohlen. In der orangenen (600 Ohm) und roten (400 Ohm) hingegen fällt der Pegel ab, das Signal klingt zudem etwas gepresst und weniger offen als in der neutralen Version. Am besten gefällt mir jedoch die „grüne“ 12kOhm-Variante. Offensichtlich ist der Pegelzuwachs, aber auch klanglich geht es detaillierter zu, besonders bei der Hi-Hat und der Snare.
Alternativen zum SSL Puredrive Quad
Wer eine Alternative zum nagelneuen Testobjekt sucht, der könnte nicht nur beim größeren Bruder Solid State Logic Puredrive Octo mit acht Preamps landen, sondern auch bei einer Art modernem Klassiker unter den 4-fach Preamps. Der Universal Audio 4-710d Twin-Finity bietet ebenfalls vier Preamps, verfügt auch über variable Klangschaltungen (teils allerdings auf echten Röhren basierend) und eine eingebaute Wandlung. Die kann jedoch keine 32 Bit und ein zusätzliches Audiointerface ist ebenfalls vonnöten. Dafür gibt es schaltbare, sehr rudimentäre Kompressoren. Mit knappen 2000 Euro ist das Gerät allerdings deutlich teurer.