PRAXIS
Beim Schablonen-Test stelle ich fest, dass unser Testkandidat statt der geforderten 52 einen Überhang von 53 Millimetern hat. Mit meinen Technics-Plattenspielern ist er also leider nicht perfekt kompatibel. Allerdings könnte dies durchaus der ideale Wert für Laufwerke anderer Hersteller sein. Dazu bitte in den entsprechenden Handbüchern nachsehen.
Gut, ich montiere den Tonabnehmer auf meinen SL-1210 MkII, passe die Höhe des Tonarms an und justiere die Auflagekraft. Der Discmaster erlaubt einen Auflagedruck von zwei bis fünf Gramm (nM) und ich beginne mit dem Minimalwert. Mit dieser Einstellung zeigt das geprüfte System bei Basic-Scratches ein wirklich gutes Verhalten. Hier sind auch schnellere Cuts ohne Springen kein Problem. Leider gilt das nicht für Backspins. Während sich langsame Bewegungen problemlos ausführen lassen, verlässt der Diamant bei schnelleren Varianten seine Fahrbahn. Dennoch würde das System für übliche Cue-Vorgänge völlig ausreichen. Schnelle, komplexe Scrachtes und Backspins mit höherer Geschwindigkeit sind erst ab einer Auflagekraft von circa fünf Gramm (nM) möglich. Damit dürfte klar sein, dass der hier geprüfte Abtaster nicht besonders schonend mit dem Vinyl umgeht. Bleibt noch der Test mit einem lauten Tonträger. Also schnell eine Maxsingle auf den Teller gelegt und das Auflagegewicht auf den Wert von zwei Gramm (nM) zurückgedreht. Leider springt die Nadel in dieser Konfiguration aus der Rille. Erst ab 2,8 Gramm (nM) erfolgt die Wiedergabe störungsfrei und ohne Verzerrungen. Wirklich positiv ist die Tatsache, dass der Discmaster beim Bewegen der Platte nur ein marginales Störsignal in den Tiefen erzeugt.
Klang
Das obere Frequenzspektrum wirkt leicht muffig und undefiniert. Die Bässe sind zwar durchaus voluminös, die Sub-Anteile werden jedoch etwas verschwommen wiedergegeben. Angenehm warm, aber für mich nicht plastisch genug, zeigen sich die Mitten des Tonabnehmer-Signals. Bei der Erstellung der Soundbeispiele entpuppt sich unser Prüfling als durchaus laut und sichert sich somit insgesamt einen Platz im Mittelfeld.
Zweite Meinung
(Peter Westermeier, Vestax PDX2300 MK2 Pro Turntable, Pioneer-DJM-Mixer)
Stantons Discmaster V3 wird vom Hersteller als Allroundsystem für den täglichen Arbeitseinsatz beworben und geht im Fachhandel für gut 30 Prozent der Preisempfehlung von 79 Euro über den Tisch. Einmal ausgepackt, fällt mir zunächst der massive dunkelgrau lackierte Nadelträger auf. Das System beansprucht ein Eigengewicht von 18 Gramm und liegt in seiner Breite irgendwo zwischen dem bulligen CS1 und dem schlankeren Concorde. Die Nadel selbst sitzt in gewohnter Stanton-Manier fest in der Aufnahme, sodass man bei einem Austausch schon eine gewisse Kraft (im positiven Sinne) aufbringen muss, um sie zu wechseln. Nur die Schutzabdeckung könnte besser befestigt sein. Ein dicker, hellorangener Punkt auf der Oberfläche nebst angemessener Aussparung sorgt für guten Überblick beim Absetzen des Systems in die Plattenrille. Die Unterseite des Arms ist ein wenig rutschig, allerdings sorgt der hervorstehende Stanton-Schriftzug auf der Oberseite für mehr Griffsicherheit, so dass in meinen Augen einigermaßen gewährleistet ist, dass einem der Tonabnehmer im Eifer des Gefechtes nicht durch die Finger gleitet. Der Diamant ist sphärisch und hoch geschliffen und wird vom Hersteller mit Scratch- und Mix-Tauglichkeit bei guter Audioqualität beworben.
Zu Beginn des Testlaufs stellte sich leider heraus, dass dieses System nicht auf meinen PDX-Tonarm passt. Das fand ich schon etwas befremdlich, da das vor Ort befindliche ähnlich konstruierte Trackmaster V3 MP4 Duo nicht mit diesem Problem zu kämpfen hatte. Ein Vestax-Ding? Seltsamerweise passt es jedoch in den Belt-Drive Vestax BDT-2000. Schade, damit ist mein erster positiver Eindruck getrübt.
Für dich ausgesucht
Aber ich werfe die Flinte an dieser Stelle nicht ins Korn, respektive den Stanton auf den Technics, sondernd bleibe bei meiner Alternativ-Strategie. Kurzerhand wird ein Numark Turntable der TT-Serie aufgebaut und der Discmaster dort angeschraubt. Der Hersteller empfiehlt einen Auflagedruck von zwei bis fünf Gramm. Den Abspiel-Stresstest mit der engen Ska-Scheibe bei 33 RPM konnte der Discmaster mühelos bewältigen. Ebenso wenig kam er bei der Seven-Inch und der spurbreiten Maxisingle auf 45 Touren ins Schleudern. Mit dem Minimalgewicht bin ich – was Mix- und Cue-Vorgänge angeht – nicht ganz auf der sicheren Seite, da die Nadel sporadisch aus der Rille fliegt. Ab 2,5 Gramm treten diese Probleme nicht mehr auf. Freie Fahrt also für leichte Spins und Laufrichtungsänderungen beim Kickabwurf. Vibrationsstärkere Techniken und heftigere Drehungen benötigen jedoch die doppelte Auflagekraft beim S-Shaped Tonarm. Ob der Discmaster damit erste Wahl im rauen, von Mix- und Kratzeinlagen geprägten Clubeinsatz ist, sollte man daher abhängig von seinen persönlichen Fertigkeiten entscheiden. Mix-DJs können mit den erforderlichen Auflagekräften wahrscheinlich eher leben als die Spezies der fortgeschrittenen Turntablisten.
In klanglicher Hinsicht kann das System vor allem mit weitgehend ausgeglichenem, druckvollen Sound auftrumpfen, was sich besonders bei dancelastiger Musik und somit auch der Clubnummer mit ihren treibenden Basslinien, den hypnotischen Stimmen, krachenden Beats und Percussion-Einlagen bemerkbar macht. Den Sub-Bässen hätte allerdings ein wenig mehr Durchsetzungskraft gut zu Gesicht gestanden. Die Melancholie der Curtis-Mayfield-Nummer kommt gerade durch den ziemlich warmen Mittenbereich gut rüber, ein wenig mehr Präsenz in den Höhen hätte ich mir hier gewünscht. Beim Einmessen ins DVS zeigt der Discmaster ein recht kräftiges, ausgewogenes Kalibrierungssignal, sodass der Betrieb mit einem digitalen Vinyl-System unter den zuvor geschilderten Auflagekräften alles andere als steinig ist. Betrachtet man zudem noch den Straßenpreis, der deutlich unter einem Ortofon-Concorde liegt, wäre es in meinen Augen absolut zutreffend, den Discmaster als preisgünstigen Allrounder für den semiprofessionellen Einsatz zu bezeichnen.