Praxis
Das Auge hört mit – neue Optik und Gestaltungsmöglichkeiten
Das neue Cubase erfreut das anspruchsvolle Anwenderauge selbstverständlich wieder mit einem neuen Look. Ganz im Sinne der Entwicklung über die letzten Jahre ist die Oberfläche des Projektfensters ein weiteres Mal etwas dunkler geworden, und es ist davon auszugehen, dass dieser Trend nicht ewig anhalten kann, denn wenn Steinberg so weiter macht, ist das GUI in 20 Jahren schwarz. Zusätzlich sind einige Bedienelemente etwas geschrumpft, und die teils schemenhafte Darstellung ist durchaus stylisch geraten.
Für Nutzer der Windows-Version hat sich in Sachen Fenster-Layout einiges getan. Es gibt nun eine fest am oberen Bildschirmrand fixierte Menüleiste, wie man es sonst eher vom Mac her kennt. Die einzelnen Fenster (Projektfenster, Mixer, MediaBay, etc.) können über die Mini-Icons in der Taskleiste verwaltet werden, wo früher nur ein einzelner Punkt für Cubase und alle enthaltenen Sub-Fenster zu finden war. Auch für Mac-Benutzer gilt hingegen, dass das Management der Arbeitsbereiche überarbeitet wurde. Früher merkte sich Cubase die Positionen der Fenster, wenn man in einen anderen Arbeitsbereich wechselte. Bei der Rückkehr in den ursprünglichen Bereich fand man also alles so vor, wie man es zuvor hinterlassen hatte, und das war nicht selten ein heilloses Durcheinander – ähnlich wie in einem Studio ohne regelmäßig gebuchte Putzfrau. Dieses oft missverstandene und zugegebenermaßen etwas verwirrende Konzept wurde durch ein Preset-System ersetzt, bei dem ein abgespeicherter Arbeitsbereich jederzeit in seiner so angelegten Form wiederhergestellt werden kann. So lässt sich also auf weit intuitivere Art für Ordnung auf der Benutzeroberfläche sorgen.
An der Anordnung der Spurbedienelemente in der Spurliste wurde ebenfalls gefeilt, und zudem wurden das Instrument-Rack und eine kleine Version der MediaBay direkt an das Projektfenster angedockt. Die Details zu allem, was mit Optik zu tun hat, erfahrt ihr in folgendem Video.
Neuigkeiten im Mixer – VCA-Fader, Virgin Territories und Direct Routing
Genug Oberflächlichkeiten! In diesem Abschnitt gibt es eine echte Breitseite an nicht ganz unkomplizierten Neuerungen für den internen Mischer. Dieser wurde bereits im Sprung auf Version 7 generalüberholt und hat diesmal vor allem im Bereich der Automation einiges dazugelernt. Mixer-Automation wird seit jeher dazu verwendet, um die an sich statischen Einstellungen von einzelnen Kanälen oder Gruppen an bestimmte Stellen eines Songs anzupassen und ist nicht nur im Kontext von umfangreicheren Produktionen ein Mittel, viele Probleme in den Griff zu bekommen oder die Aufmerksamkeit des Hörers zu lenken.
Das neue Feature der VCA-Fader steht mit Mixer-Automation auf den ersten Blick gar nicht direkt in Verbindung, denn im Grunde handelt es sich dabei schlicht und einfach um zusätzliche Kanal-Fader, über die sich zugewiesene Gruppen von Einzelkanälen in ihrer Lautstärke steuern lassen. Da dies auch schon bisher über verlinkte Kanäle oder in ähnlicher Weise auch über Gruppenkanäle möglich war, wird sich der Sinn dieser Neuerung manchem Anwender nicht sofort erschließen. Wo die Vorteile oder besser vielleicht Unterschiede zu den bisherigen Möglichkeiten liegen, und in welchen Fällen es sich lohnt, mit solchen VCA-Links zu arbeiten, seht ihr im folgenden Video!
Wenn wir schon einmal beim Automatisieren sind, dann liegt es natürlich nahe, ein Auge auf die neue Automations-Option der Virgin Territories zu werfen. Der Gedanke, beim Produzieren von Musik in jungfräuliche Gebiete vorzustoßen, mag für viele Anwender verlockend klingen, in der Praxis handelt es sich hier aber eher um eine Zusatzoption für speziellere Fälle, die im Automations-Alltag mit umfangreicheren Mixes sogar einige (mittlere bis große) Gefahren birgt.
Auch die im Mixer-Rack neu hinzugekommene Option für das Direct Routing ist von tendenziell speziellerer Natur und eignet sich vor allem zum schnellen Umschalten zwischen verschiedenen Signalwegen. Im Video ist dies am Beispiel von alternativen Master-Channels zu sehen, für weitere Anwendungen sind der Phantasie aber natürlich keine Grenzen gesetzt.
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Workflow-Beschleuniger: Render In-Place und Tempoerkennung für MIDI-Daten
Bei „Render In-Place“ handelt es sich um eine von den Anwendern seit langem herbeigewünschte Funktion zum umgehenden Bouncen von bestehenden Spuren. Cubase bietet zwar bereits seit Version SX 2 eine Freeze-Funktion, die es erlaubt, virtuelle Klangerzeuger oder auch Audio-Tracks mit Effekten einzufrieren und somit das System zu entlasten, „echte“ Audio-Tracks entstehen auf diesem Weg aber nicht. Im Vergleich zur klassischen und oft umständlicheren Methode des Audio-Mixdowns werden bei „Render In-Place“ in beträchtlichem Maße Mausklicks gespart! Vor allem zur Audio-Bearbeitung von mit VST-Instrumenten erzeugten Spuren oder wenn man ein Projekt zukunftssicher archivieren oder an einen Kollegen weitergeben will, der zwar eine kompatible Cubase-Version, nicht aber die entsprechenden Plug-Ins hat, bietet sich dieses Feature an. Um dieser wirklich intelligent gemachten neuen Funktion gerecht zu werden, gibt es natürlich ein weiteres Video.
Wiederum etwas spezieller, aber ebenfalls vollauf erfreulich ist der Punkt, dass die mit Cubase 6 eingeführte Tempoerkennung jetzt auch mit MIDI-Daten arbeitet. Grundsätzlich ist es nun also möglich, einen einzelnen Instrumental-Part ohne Metronom einzuspielen und diesen als Grundlage für das Tempo eines Songs zu verwenden.
Dies ist vor allem natürlich für tragende rhythmische Spuren interessant. Wer z.B. Drum-Tracks über E-Drums oder Pads eintrommelt (auch mit Metronom), der möchte seine (hoffentlich nur leichten) menschlichen Schwankungen im Timing möglicherweise erhalten und als Grundlage für das Taktraster verwenden, um später hinzukommende Elemente haargenau daran anzupassen. Dies war bisher nur über einen Workaround möglich, bei dem aus dem MIDI-Material zunächst eine Audio-Spur erzeugt werden musste. Zu sehen war dieses Vorgehen übrigens bereits im vierten Video-Clip unseresKickstart Cubase #7.
Nachdem Cubase mit Version 7 die Akkordspur und den Chord Assistant eingeführt hat, um den songschreibenden und komponierenden Anwendern bei Bedarf in Fragen der Harmonielehre zur Seite zu stehen, wird dieser Bereich in der aktuellen Version weiter ausgebaut. Die Chord-Pads bieten die Möglichkeit, Akkorde auf Tasten des Masterkeyboards zu legen oder auch über Mausklicks direkt in eine MIDI-Spur einzuspielen. Wer ungern schwarze und weiße Tasten auf der Klaviatur abzählt oder unglücklicherweise gerade ohne Masterkeyboard im Tourbus sitzt, der kann sich von diesem Feature durchaus helfen lassen. Die Möglichkeiten zum Erzeugen verschiedener Voicings (Anordnung der Akkordtöne, z.B. enge/weite Lage) und Tensions (zusätzliche Akkordtöne wie z.B. bei Fmaj7/#11) sind angenehm flexibel. Die Vorstellung, dass ein Komponist, der ein A7/b9/b13 in sein Arrangement packen will, dies über Akkord-Pads macht, statt es „richtig“ einzuspielen, erscheint zwar fast ein wenig skurril, für ein rohes Song-Gerüst oder ein erstes Layout kann diese Möglichkeit aber in der Tat sinnvoll sein.
Und wenn die Ideen einmal ausbleiben sollten, dann hilft der Proximity Assistant mit wahlweiser Darstellung des Quintenzirkels und den zugehörigen bzw. benachbarten Akkord-Alternativen der gewählten Tonart.
Neue Plug-Ins und der Plug-In-Manager
Was wäre schon ein Cubase-Update ohne einige neue oder zumindest überarbeitete Plug-Ins? Keine Sorge, auch Version 8 lässt sich in dieser Hinsicht nicht lumpen! Um eine Variante des VST Amp Rack (Amp- und Speaker-Simulation für Gitarren) handelt es sich beim VST Bass Amp, und wie der Name richtig vermuten lässt, fühlt sich das Plug-In vor allem auf DI-Spuren eines E-Bass wohl.
Im Angebot stehen sechs Verstärker, die sich mit vier Boxen-Modellen und über 20 Bodentretern kombinieren lassen. Im Gegensatz zum älteren Verwandten gibt es zudem eine satte Auswahl von acht Mikrofonen, von denen zwei gleichzeitig verwendet und direkt über die Benutzeroberfläche gemischt werden können. Der Grundklang wirkt tendenziell ein wenig steril und von vornherein großzügig aufpoliert. Für ein mitgeliefertes Stock-Plug-In verrichtet der Effekt aber weit mehr als nur passable Dienste. In den Audio-Beispielen gibt es einen DI-Bass (Aufnahmekette: Marleaux Votan → A-Designs REDDI → Universal Audio Apollo) zunächst trocken, dann durch den VST Bass Amp (in den Presets von vornherein mit DI-Anteil) zu hören. Zum Vergleich folgt abschließend eine Mischung aus dem DI-Signal und der ursprünglichen (echten) Amp-Spur (Aufnahmekette: H&K Bassmaster → Aguilar DB 210 → Royer 101 → UA 610-b).
In der Tat wirkt der Klang durch den VST Bass Amp sehr sauber, und was liegt da näher, als ihn zu verzerren! Da kommt der neue Quadrafuzz V2 natürlich wie gerufen, denn bei diesem Tool handelt es sich nicht nur um einen einfachen Verzerrer, sondern sogar um einen Multiband-Effekt mit vier Bändern (inklusive Delay).
Im Bereich der Multiband-Effekte bietet Cubase Pro 8 noch einige weitere Neuerungen. So finden sich jetzt ein Multiband Expander und ein Multiband Envelope-Shaper im Plug-In-Ordner. Der Multiband-Kompressor unterstützt nun Side-Chaining mit der Möglichkeit, das Trigger-Signal für jedes der vier Bänder separat in der Frequenz zu bearbeiten. Auch der DeEsser wurde um einige hilfreiche Funktionen aufgebohrt, bietet ebenfalls Side-Chain-Support, eine Möglichkeit, das gefilterte Signal solo zu hören und findet sich zudem im Channel-Strip des Mixers als Alternative zum einfachen Envelope Shaper.
Und wenn wir schon beim Channel-Strip sind: Der zugehörige EQ bietet nun die Möglichkeit, die Flankensteilheit der High- und Low-Cut-Filter zu regeln, was bisher nur im separat als Insert-Effekt verwendbaren Studio-EQ möglich war. Zudem stellt die Oberfläche nun den eigentlich recht naheliegenden und doch oft halb vergessenen Zusammenhang zwischen Frequenzen und absoluten Tonhöhen (z.B. 440 Hz = a1) her. So kann man im Eingabefeld für die Frequenz eines EQ-Bandes nun also auch direkt einen bestimmten Ton eingeben, worauf die Einstellung auf den korrespondierenden Wert in Hertz springt.
Cubaser sagt:
#1 - 28.02.2015 um 16:33 Uhr
"Eine geupdatete Lizenz für Cubase 8 gilt wie immer gleichzeitig auch für alle älteren Versionen."
Stimmt nicht. Bei mir erkennt Cubase 7.5 die geupdatete Lizens von Cubase 8 nicht an. Jetzt bin ich in wieder in der 22 Stunden (oder so) Testversion >.<
Oder habe ich etwas falsch gemacht?
Aggi Berger (bonedo) sagt:
#2 - 28.02.2015 um 17:08 Uhr
Hi Cubaser, eigentlich sollte das gehen. Bei mir läuft 7.5 problemlos unter der 8er Lizenz. Hast du möglicherweise einen Wechseln von Artist 7.5 auf Pro 8 gemacht? Wenn du wirklich "ganz normal" von 7.5 auf 8 gewechselt hast, dann ist da wohl wirklich irgendwo ein Fehler. Wo genau, ist dann die nächste Frage :)