Praxis
Installation
Nach der Installation aus dem App Store kann sofort losgelegt werden. Soll ein externes Audio-Interface zum Einsatz kommen, muss es zuvor im Setup-Menü ausgewählt werden.
Intuitive Bedienung
Die grafische Oberfläche erinnert an aktuelle Cubase-Versionen, intuitive Bedienung wird großgeschrieben. Die Werkzeuge sind weitestgehend erreichbar, werden allerdings verdeckt, wenn Editoren maximiert werden oder zwei Fenster gleichzeitig geöffnet sind, etwa die virtuelle Klaviatur und zusätzlich ein Klangerzeuger. Weitere Werkzeuge erscheinen auf der linken Seite des Hauptfensters, sobald Audio- oder MIDI-Regionen per „Doppeltipp“ geöffnet werden.
Die Touchbedienung finde ich bei der Automation besonders hilfreich, da sie sich mit dem Finger schneller, leichter und weicher zeichnen lässt als mit der Computermaus, aber das ist natürlich Geschmacksache.
Das Duplizieren von Regionen ist geschickt gelöst: Selektiert man eine Region und kopiert sie per Copy-Button, wird sie nach Betätigung des Paste-Buttons ans Ende der Original-Region gesetzt. Nutzt man diese Funktion während der Wiedergabe des Songs, setzt Cubasis die Region an die aktuelle Position des Cursors. Mehrmaliges Abfeuern von Paste kopiert die Region mehrfach hintereinander – 1A-Arrangiermethode.
Zum Einspielen der Klangerzeuger bietet Cubasis die sogenannten „Keys“ und „Pads“. Wem virtuelle Klaviaturen und Drumpads nicht zusagen, kann seine MIDI-Instrumente per MIDI-Interface mit dem iPad verbinden. Seit dem Update auf 1.9.8 ist es zudem möglich MIDI-Instrumente, die mit einem Wireless MIDI Adapter verbunden sind, über Bluetooth zu verbinden. Unterstützt werden unter anderem die Adapter von Yamaha MD-BT01 und UD-BT01.
Übersichtliches Konzept
Wichtige Fenster wie „Media“, „Pads“, „Keyboard“ oder der Mixer sind über permanent sichtbare Buttons zu erreichen, was sich positiv auf den Workflow auswirkt. Gleichzeitig nehmen diese Fenster etwa die Hälfte des iPad-Bildschirms ein, lassen sich jedoch über den gesamten Bildschirm skalieren. Transportleiste, Arrangement und weitere Funktionen wie Transponierung, Quantisierung, Rasterwerte, Record-Modi und Undo/Redo sind dann nicht mehr sichtbar. Wesentlich rudimentärer aufgebaute Sequenzer, etwa Apple Garageband, sind umständlicher zu bedienen.
Arbeiten in den Editoren
Mit einem eigenen kleinen Player inklusive Loop-Funktion finden wir im Audio-Editor viele gewohnte Funktionen wie Trim, Erase, Reverse, Normalize, Fade In und Fade Out. Somit ist alles vorhanden, was man zum mobilen Editieren von Audiomaterial benötigt. Auch das Zoomen in der Vertikalen ist möglich. Sowohl der Key- als auch der Sample-Editor sind in ihrer Größe skalierbar, sodass sie beinahe den gesamten Bildschirm einnehmen. Besonders bei iPad-Minis ist das sicher ein Segen. Der Zoom innerhalb der Editoren wird – wie vom iPad gewohnt – ganz intuitiv per Pinch- und Zoom-Geste mit zwei Fingern durchgeführt.
Für dich ausgesucht
Auch fürs Editieren von MIDI-Events hat Steinberg eine gute Lösung gefunden. Man kann Noten zwar auch durch Antippen und Halten durch den Key-Editor schieben, das ist jedoch etwas fummelig, gerade bei niedrigen Raster-Auflösungen. Daher gibt es Funktionen, die Noten wahlweise nur in der Velocity bearbeiten, in der Position verschieben oder in der Länge bearbeiten – praktisch! Steuerbefehle wie Pitchbend, Aftertouch und CC-Daten sind ebenfalls editierbar.
Import
Audiodateien lassen sich aus der iTunes-Library des iPads importieren. Wahlweise bietet sich auch der Cubasis-eigene WiFi-Server zum Austausch von Audio, MIDI und kompletten Projekten an. Voraussetzung hierfür ist ein aktives W-LAN-Netz. Ebenfalls möglich: Der Import per Audiocopy und iCloud. Auf den Import via Dropbox wird weiterhin verzichtet, schade.
Export
Vorproduktion mit Cubasis, Feinschliff in Cubase – klappt das? Aber ja! Dazu benötigt man den „Cubasis Project Importer“, den ihr hier für Windows und Mac herunterladen könnt. Ist er installiert, bietet Cubase im Datei-Menü die Option „Importieren → Cubasis Project“.
Doch wie bekommen wir das Projekt vom iPad auf den Rechner? Öffnet man ein Projekt und drückt den Share-Button, stehen E-Mail, Dropbox, Open With, AudioCopy und Soundcloud, iCloud und ZIP zur Verfügung. Hardwareseitig können USB-Sticks – durch die Nutzung des Camera Connection Kits – und WiFi-fähige Datenträger zur Speicherung von Projekten und Audiodateien genutzt werden.
Wählt man ZIP, lässt sich das Projekt über iTunes synchronisieren. Sehr viel bequemer: Ihr exportiert das Projekt direkt in eure Dropbox. Das Leben kann so einfach sein! Der Import von Cubasis-Projekten funktionierte sowohl mit Cubase Pro 8 als auch mit Cubase Elements 8 problemlos, alle Einstellungen inklusive der Mixer-Settings wurden tadellos übernommen.
Inter-App Audio (IAA), Audiobus und Audio Units
IAA und Audiobus erlauben es, Audio- und MIDI-Daten zwischen Apps hin und her zu routen. Dadurch lassen sich in Host-Anwendungen wie Cubasis andere Musik-Apps ähnlich einem Plug-In öffnen, steuern und aufnehmen. So können kompatible iOS-Klangerzeuger ins Arrangement eingebunden und im Cubasis-Mixer mit Effekten versehen und gemischt werden.
Waren IAA und Audiobus bislang die einzige Möglichkeit, externe Instrumente und Effekte in Cubasis einzubinden, unterstüzt Version 1.9.8 auch Audio Units. Im Gegensatz zu IAA und Audiobus ermöglicht diese Technologie das Öffnen und Bearbeiten der Instrumente und Effekte direkt in Cubasis. Das Wechseln der Apps ist also nicht erforderlich.
Alle drei Technologien haben allerdings einen Nachteil: Die Settings werden nicht im Cubasis-Projekt gespeichert, wodurch die Klangerzeuger und Effekte beim erneuten Öffnen des Projektes mit ihrer Standardeinstellung geladen werden. Ihr kommt derzeit also nicht um das manuelle Einrichten der externen Klangerzeuger herum.
Frisch gefroren
Je nach iPad-Modell wird man bei größeren Projekten früher oder später an Grenzen stoßen. In diesem Fall hilft die Freeze-Funktion, die eine Instrumentenspur inklusive Effekte in eine Audiodatei rendert. Das spart erheblich Rechenleistung, da nur noch eine Audiodatei abgespielt werden muss. Eine Art Bounce-In-Place gibt es auch: Eine eingefrorene MIDI-Spur, zum Beispiel, lässt sich im Audio Editor mit „Save to Media“ abspeichern. Die gerenderte Audiodatei ist dann unter Media im Ordner „My audio files“ für jedes Projekt (auch das aktuelle) importierbar. So lässt sich eine ressourcenhungrige MIDI-Spur, die eventuell noch mit viel Effekten versehen ist rendern, exportieren und wieder als reine Audiodatei importieren, was im Grunde das Bounce-In-Place ersetzt.
Einstellungssache
Cubasis kann an die eigenen Anforderungen und das jeweilige iPad-Modell angepasst werden. Einstellungen zur Polyphonie der Klangerzeuger, mit der je nach iPad sachte umgegangen werden sollte, gibt es ebenso wie die Hardware Latency. Fängt ein Projekt an zu hakeln, sollte man die Latenz entsprechend anheben. So lässt es sich auch auf älteren Tablets noch angenehm arbeiten.
Zwar kann Cubasis mit 96 kHz aufnehmen, doch das geht auf die Reichenleistung und den knappen Speicherplatz. Für die meisten Anwendungen sollten 44,1 kHz und 24 Bit völlig ausreichen. Für die Vorproduktion oder eine schnelle musikalische Skizze genügen auch 16 Bit. Die Option „Low Waveform Quality“ beeinflusst übrigens nicht die Audioqualität, sondern nur die Präzision der grafischen Darstellung. Auch hier heißt es wieder: Rechenleistung sparen!
Wer mag, kann Audio via „Bluetooth/Airplay“ an ein Bluetooth- oder Airplay-Gerät ausgeben. Durch den zusätzlichen Weg per „Luftpost‟ entstehen allerdings höhere Latenzen. Unter „Arranger“ ist mit Version 1.9.8 die Option „Return to Start Position on Stop“ hinzugekommen. Dies bewirkt, dass der Cursor nach dem Stoppen wieder zur Position des Projektes springt, die vor dem Abspielen angewählt wurde.
„Send MIDI-Clock“ sollte in jedem Fall eingeschaltet werden. So können auch externe Apps per Inter-App Audio synchronisiert werden. Im Zusammenspiel mit anderen Apps ist es zudem wichtig, die Funktion „Background Audio“ zu aktivieren.
Klang
Um zu zeigen, welche Möglichkeiten Cubasis bietet, habe ich einen kurzen Song arrangiert. Die folgenden Klangbeispiele wurden direkt in Cubasis gerendert und per WiFi Server auf den Computer exportiert. Sie wurden also nicht weiterbearbeitet.
Beginnen wir mit dem „Acoustic Piano“ aus dem Micro Sonic, das ich mit einem kurzen Hall und Delay beschicke. Per Equalizer wird das Piano mit einem High-Pass-Filter in den Tiefen beschnitten und mit einem Shelving Filter in den Höhen betont. Zusätzlich wird eine Automation auf den High-Pass-Filter gelegt.
Der Micro Sonic bietet auch Drumkits, die allerdings etwas altbacken wirken. Für die Klangbeispiele entscheide ich mich für das „Electro Kit 2“.
Weiter geht es mit dem Micrologue, aus dessen Preset-Library ich „Noizy Square Bass“ für die Bassline und „Noise Bridge“ als Filtersweep verwende. Der Klang erinnert an den großen Retrologue, seine Sounds lassen sich schnell und einfach tweaken. Für einen mobilen Synth der Grundausstattung ein absolut überzeugender Klangerzeuger.
Die Audioloops bieten viele inspirierende, nach Tempo geordnete Grooves, aus denen ich mir den Drumloop „FlumDrums 07“ herausgepickt habe. Um den Loop etwas abwechslungsreicher zu gestalten, splitte ich ihn in viele kleine Regionen. Einzelne Splits sind in der Reihenfolge geändert und werden mit der Funktion „Reverse“ des Sample-Editors rückwärts abgespielt.
Mit dem High-Pass-Filter nehme ich die tiefen Frequenzen heraus, damit der Loop zwar zum Groove beisteuert, jedoch nicht dem eigentlichen Fundament in die Quere kommt. Der „Amp Sim“ – eigentlich als integrierte Gitarren Amp-Simulation gedacht – verpasst dem Loop eine gute Portion Dreck . Ein nachgeschaltetes Noise Gate lässt die leisen Passagen nicht durch und macht den Loop dadurch knackiger.
Zum Stil des Song fehlt noch ein Vocal-Sample, das ich mir aus der Library meines Computers per WiFi-Server importiere. In Cubasis wird es gesplittet und stilgerecht gesetzt. Hinzu kommen Low-Pass- und High-Pass-Filter sowie ein kurzes ein Delay, dessen Feedback-Regler im Intro des Arrangements automatisiert wird.
Zu guter Letzt werden die Pegel im Mixer ausbalanciert, ein Brickwall-Limiter in die Summe gesetzt sowie ein Fade-Out des Master-Faders zum Ende des Songs automatisiert. Und so klingt das fertige Projekt.