Praxis
Instrument- und Pattern-Pads
Beim ersten Öffnen des Groove Agent 4 stechen zunächst die linksseitig angeordneten Drum-Pads im MPC-Stil ins Auge. Die Bedienoberfläche bietet acht Bänke mit jeweils 16 Pads und somit 128 Slots, die je nach geladenem Preset mit Einzelinstrumenten und zusätzlich mit den dazugehörigen Patterns bestückt werden. So ist man im Gegensatz zum Groove Agent 3, der noch ein reiner Begleitautomat war, also nicht nur auf die enthaltenen MIDI-Grooves beschränkt, sondern kann völlig frei selbst spielen oder programmieren. Dies klingt einerseits zwar nicht sonderlich spektakulär, ist aber natürlich sehr zu begrüßen!
Zwischen Intensity und Complexity – Der Style-Player
Für die angesprochene Kommunikation mit dem virtuellen Drummer und das Abspielen der entsprechenden Grooves und Variationen ist der Style-Player zuständig, der für jeden der drei Agenten ganz unterschiedlich gestaltet ist. Die Patterns aus dem Acoustic Agent lassen sich über eine großzügig dimensionierte XY-Matrix in Bezug auf Intensity (Anschlagstärke) und Complexity (unterschiedliche Groove-Variationen) bearbeiten. Um einen Drum-Track einem Song-Ablauf anzupassen, können die Regler automatisiert werden, alternativ lassen sich starre Konfigurationen aber natürlich auch auf freie Pattern-Pads legen. Die jeweils vier Intros und Endings und die acht Fills eines Styles werden dagegen ausschließlich über Pads angesteuert und ganz einfach über Drag & Drop zugewiesen. Zusätzlich gibt es einen sehr gut funktionierenden Jam-Mode, der zur Echtzeit-Begleitung beim Songwriting gedacht ist. Der Acoustic Agent bietet weiterhin eine Auto-Fill-Funktion für automatische Fills oder Breaks in festgelegten Abständen und eine Möglichkeit, die Complexity automatisch zu variieren, was in manchen Fällen durchaus für etwas mehr Lebendigkeit sorgen kann.
Ähnliches gilt für den Percussion Agent, allerdings lassen sich Intensity und Complexity hier separat für jedes Instrument anpassen und zusätzlich einzelne Groove-Elemente in Achtelnoten-Schritten rhythmisch verschieben. Da Electro-Beats von Natur aus etwas starrer sind als Live-Drums und Percussion, gibt es beim Beat Agent dagegen keinen Complexity-Regler, dafür aber einen vollwertigen Pattern-Editor, über den sich die Grooves direkt über die Software bearbeiten lassen. Selbstverständlich ist das aber auch im Sequencer möglich, denn die MIDI-Files lassen sich ohne Probleme über Drag & Drop auf eine MIDI-Spur ziehen bzw. von dort auch wieder importieren.
Für dich ausgesucht
In den Audio-Beispielen sind die einzelnen Module bei der Arbeit zu hören. Auf Effekte im Mixer wurde dabei nach wie vor verzichtet. Die Ergebnisse mit dem Groove Agent sind in der Tat weit besser und natürlich lebendiger als bei der Verwendung von starren Loops, der Weg zum Ergebnis ist allerdings durchaus ein kleines Stückchen weiter.
Wie bereits angesprochen, können bis zu vier Agenten gleichzeitig verwendet werden, und dies macht natürlich Sinn, wenn Drums, Percussion und Electro-Beats kombiniert werden sollen. Die Einzelinstrumente werden in diesem Fall über separate MIDI-Kanäle angesteuert. Ein Kritikpunkt ist hier, dass die Patterns von Acoustic Agent und Beat Agent sich nicht vollständig aneinander anpassen lassen, da beide Module über ein exklusives Groove-Arsenal verfügen. Vollständig tightes Layering einer akustischen und einer elektronischen Kick oder Snare, wie es beispielsweise in den XLN Audio Addictive Drums 2 mit wenigen Mausklicks möglich ist, kann somit nur über einen Umweg in der DAW umgesetzt werden. Wenn Acoustic Agent und Beat Agent dagegen einfach nur gleichzeitig unterschiedliche Grooves spielen sollen, ist die Welt in dieser Hinsicht Ordnung, auch wenn in einem solchen Fall natürlich Anpassungen nötig sind, um das gröbste Groove-Rumpeln zu vermeiden. Zudem entstehen beim Laden mehrerer Presets gleichzeitig wiederum Doppelbelegungen der Pattern-Pads, was zur Folge hat, dass sich die Patterns der einzelnen Module nicht mehr separat ansteuern lassen und gleich die ganze Agentenschar munter drauflos trommelt. Dies lässt sich zwar umgehen, indem man beim Laden eines neuen Presets die Pattern-Pads auf „locked“ setzt und somit nur die Instrument-Pads lädt, die zugehörigen Patterns werden in diesem Fall aber gar nicht geladen. Eine gute Lösung wäre eine Funktion gewesen, die neue Patterns automatisch auf freie Pads legt oder dem Anwender bei belegten Pads zumindest ein entsprechendes Auswahlmenü präsentiert. Im Player hört ihr einen Track, für den die drei Agenten in gemeinsamer Mission unterwegs waren – diesmal mit aktivierter Effekt-Suite.
Sampler-Funktionen des Beat Agents
Dass ein virtuelles Drum-Studio, das über MPC-Pads verfügt, auch Sounds importieren kann, gehört fast zum guten Ton, und natürlich ist dies auch mit dem Groove Agent möglich. Die Funktionen sind hier sogar überraschend ausgereift, und so lassen sich auf einem Pad bis zu acht unterschiedliche Samples unterbringen, die je nach Bedarf gleichzeitig, abwechselnd oder in zufälliger Reihenfolge abgespielt werden und sich auch im Sinne eines Velocity-Layerings mit verschiedenen Samples für verschiedene Anschlagstärken abspielen lassen. Zudem bieten Pitch-, Filter- und Amp-Hüllkurven das grundlegende Handwerkszeug für ein wenig Sound-Design. Steinbergs Sampler-Flaggschiff HALion 5 kann der Groove Agent damit natürlich nicht das Wasser reichen, die Möglichkeiten sind aber vor allem für das Programming von Electro-Beats mit eigenen Samples mehr als ausreichend.
Ein komplexer Mixer
Vor allem, da der Groove Agent 4 sich vornimmt, akustische Drums mit einem gewissen Realitätsgrad zu simulieren, ist ein komplexer Mixer mit Zugriff auf die Einzelkanäle quasi unerlässlich. Zwei Snare-Mikros (Snare Top und Snare Bottom) und zwei Kick-Mikros (Kick In und Kick Out) lassen sich ebenso wie einzelne Toms und Becken separat bearbeiten, werden der Übersicht halber aber in einer Gruppen-Ansicht mit Summenkanälen plus Overheads und Room dargestellt, was das direkte Arbeiten mit den einzelnen Sounds sehr einfach gestaltet. Das Routing nach außen ist ebenfalls hochflexibel, und so lassen sich alle Einzel- oder Summenkanäle einem der 16 Stereo-Ausgänge des Plug-Ins zuweisen, um im Mixer mit eigenen Effekten weiterbearbeitet zu werden.
Der interne Mixer bietet allerdings ebenfalls eine eigene und recht umfangreiche Effekt-Suite, die auf den Algorithmen aus Cubase bzw. HALion 5 basiert. Die erwähnten Einzel- und Summenkanäle des Acoustic und Percussion Agent verfügen jeweils über einen Channel-Strip mit Equalizer, Kompressor, Bandsättigung und Transienten-Shaper. Die Kanäle des Beat Agent und weiterhin die bis zu vier Master-Channels der parallel arbeitenden Module, die vier Send-Wege und der letztendliche Haupt-Master-Channel können dagegen mit einer Auswahl aus 29 Effekten bestückt werden, die alles Nötige für einen anständigen Drum-Sound bieten. Die Presets machen allerdings ohnehin schon Gebrauch von den Möglichkeiten des internen Mixers, und so muss man sich nicht zu viele Gedanken um die tontechnischen Feinheiten machen, sondern kann sich auf die Musik konzentrieren.
Im Folgenden sind einige der Presets zu hören. Jedes der drei Drumsets aus dem Acoustic Agent ist dabei mit unterschiedlich deutlicher Bearbeitung zu hören. Der Klang gewinnt in den meisten Fällen natürlich eine ordentliche Portion Punch, leider fällt aber spätestens an dieser Stelle auf, dass viele der enthaltenen Grooves für den Acoustic Agent recht stolperig klingen und eine Verwendung des stufenlosen Quantisierungsreglers durchaus Sinn macht!
Der Groove Agent und E-Drums
Wegen des klassischen Designs mit den Drum-Pads ist es natürlich naheliegend, zum Spielen der Sounds einen entsprechenden Hardware-Controller im MPC-Stil zu verwenden. Dies funktioniert als Alternative zum klassischen Masterkeyboard absolut problemfrei. Im Zusammenspiel mit einem E-Drumset kann der Groove Agent 4 allerdings noch nicht wirklich überzeugen. Zwar gibt es eine MIDI-Learn-Funktion, mit der man das Mapping der Pads an die unterschiedlichen Mappings der E-Drums verschiedener Hersteller anpassen kann, allerdings sind bei der Neuzuweisung eines Pads Doppelbelegungen an der Tagesordnung. Ein kleines Beispiel gefällig? Die Snare eines E-Drumsets wird nicht über die MIDI-Note D1 (so wie der Groove Agent das gerne hätte), sondern über ein F1 getriggert. Schaltet man das entsprechende Pad auf MIDI-Learn und schlägt darauf die Snare eines verbundenen E-Drumsets an, wird die neue Note zwar problemlos zugewiesen, das zuvor dem F1 zugewiesene Pad bleibt aber ebenfalls auf dem F1. Folglich werden ohne jeglichen Hinweis zwei Sounds gleichzeitig abgespielt. Eine Option, die eine bestehende Zuweisung automatisch aufhebt oder zumindest einen Dialog mit entsprechenden Optionen öffnet, wäre hier sicher hilfreich, denn momentan muss man noch von Hand Ordnung in die Pads bringen. Wenn nun auch noch gleichzeitig Instrument- und Pattern-Pads über den gleichen MIDI-Kanal gesteuert werden sollen, wird die ganze Angelegenheit ein weiteres Mal etwas unübersichtlich.