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Steinberg HALion 4 Test

PRAXIS

HALion 4 versteht sich als Alleskönner, der in allen Bereichen des Samplings und Sounddesigns brillieren möchte. Und in der Tat kann die Software so ungefähr alles, was man von ihr verlangt. Nur mit dem Versuch, HALion einen doppelten Espresso zu entlocken, bin ich leider gescheitert. Ansonsten kann das Programm aber selbst ausgefallenste Klangkonstruktionen umsetzen und bietet sich daher vor allem als leistungsfähiges Werkzeug für Sounddesigner an. Aber auch als komfortables Abspielgerät für eine große Sample-Bibliothek macht HALion 4 eine gute Figur, und das ist wohl die Aufgabe, die der Software in den allermeisten Studios am ehesten zufallen wird.

Interne Sounds

Wie eingangs bereits erwähnt, basiert die mitgelieferte Library auf Steinbergs virtueller Workstation HALion Sonic. Damit enthält sie einen breit angelegten Querschnitt durch fast alle Instrumente, Stilistiken und Klangfarben. Das Angebot deckt sowohl im Bereich der akustischen Instrumente als auch bei den synthetischen Sounds ein breites Feld ab. Viele Programme verfügen über verschiedene Artikulations-Layer, die per Keyswitch umgeschaltet werden können. Außerdem enthält die Bibliothek zahlreiche Loops, die praktischerweise bereits in Recycle-artigen Slices vorliegen. Sie sind stilistisch überwiegend im Dance- und Hip-Hop-Bereich zuhause.

Die Qualität der Sounds ist durchweg in Ordnung, aber nicht überragend. Selbst wenn man von den Echtzeit-Steuerungsmöglichkeiten regen Gebrauch macht, kommen die meisten Klänge doch ein wenig zu steril daher, um wirklich zu überzeugen. Mit spezialisierten Librarys für bestimmte Instrumente wird man in aller Regel noch etwas bessere Ergebnisse bekommen. Aber der Fokus liegt hier ja ganz klar auf einer umfassenden Grundausstattung, ähnlich wie bei einer Hardware-Synth-Workstation. Und dafür ist die Qualität der Sounds allemal OK. Ein paar Soundbeispiele findet ihr im Player.
Durch die Workstation-Gene lässt sich HALion 4 im Multimode auch als Premium-Abspielgerät für MIDI-Files verwenden. Die Library enthält dafür eine General-MIDI-Bank und ein entsprechendes Multi-Preset. Mit ein paar wahllos aus dem Internet geladenen MIDI-Files habe ich „out of the box“ durchaus ansprechende Ergebnisse erzielt. Wer weiß, vielleicht reicht Steinberg ja noch eine Tastaturversion für Alleinunterhalter nach.

Audio Samples
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HALion4 Piano HALion4 Amp Wurli HALion4 Pick Bass HALion4 Trem Git HALion4 Film Strings

Effekte
Die eingebaute Effekt-Sektion von HALion 4 bietet eine breite Palette von Prozessoren. Insgesamt stehen 21 neue Effekte zur Verfügung. Das gesamte Effekt-Programm von HALion 3 ist ebenfalls mit an Bord, um die Abwärtskompatibilität zu gewährleisten. An vorderster Stelle ist der neue Faltungshall REVerence zu nennen. Dieser aus Cubase bekannte Hall bietet eine Auswahl von Impulsantworten verschiedener Räume. Allerdings ist er gegenüber der Cubase-Version etwas abgespeckt. Neben REVerence gibt es noch einen weiteren Hall und ein vielseitiges Delay, eine Auswahl von Modulationseffekten inklusive einer Leslie-Simulation, Dynamikprozessoren, EQs sowie Verzerrer und eine Amp-Simulation. Im Vergleich zu manchen Konkurrenten sind die Effektprozessoren durchaus umfangreich ausgestattet – so bietet der Amp-Simulator immerhin 14 verschiedene Verstärker- und 10 Speaker-Modelle. Für einen internen Effekt eines Samplers kann sich das durchaus sehen lassen. Die Effekte klingen überwiegend ganz gut, zählen aber, ähnlich wie die mitgelieferten Sounds, nicht zur Spitzenklasse. Auch sie klingen etwas zu klinisch-sauber und lassen etwas Charakter vermissen; besonders fällt das zum Beispiel bei der Rotary-Speaker-Simulation auf. Trotzdem machen sie in vielen Fällen den Rückgriff auf gesonderte Plug-ins in der Host-Software unnötig. In den folgenden Klangbeispielen kommen einige der Effekte zum Einsatz. Sie werden jeweils ab der Hälfte dazu geschaltet.

Audio Samples
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HALion4 REVerence1 HALion4 REVerence2 HALion4 Phaser HALion4 Rotary

Klangprogrammierung
Wer gerne selbst Sounds programmiert, bekommt mit HALion 4 eine enorm leistungsfähige Plattform, die kaum Wünsche offen lässt. Durch die flexible und offene Programm-Architektur lassen sich auch unkonventionelle Klänge kreieren. Samples können frei mit Synth-Sounds kombiniert werden. Die vielseitigen Klangformungs-Parameter wie Filter und Envelopes, die für die Sampling- und die Synth-Sektion gleichermaßen zur Verfügung stehen, sind sowohl konzeptionell als auch klanglich absolut auf der Höhe der Zeit. Die praktischen MIDI-Module wie FlexPhraser und MegaTrig ermöglichen abwechslungsreiche und lebendige Klänge, und durch die gut ausgestattete interne Effekt-Abteilung wird man unabhängig von externen Effekten. In der Tat ist mir kein anderes Programm bekannt, das einen so umfassenden Werkzeugkasten zur Klangprogrammierung bietet – und durch das Hinzufügen von weiteren Layern und Zonen ist bei HALion 4 immer noch Luft nach oben.

Dass es eine Weile dauert, bis man die beeindruckende Funktionsvielfalt überschaut und virtuos damit umgehen kann, liegt in der Natur der Sache. Wer sich etwas intensiver mit HALions Fähigkeiten auseinandersetzt, wird mit einer Sound-Design-Umgebung belohnt, die zur Zeit ihresgleichen sucht.

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