Der Drum-Sampler Steven Slate Drums steht seit seinem Erscheinen 2004 für besonders druckvollen Sound, mächtige Kickdrums und peitschende Snares. Hört man genauer hin, kann man die Samples in vielen großen Rockproduktionen der letzten 15 Jahre wiederfinden. Version 5 erschien vergangenen November mit vielen Neuerungen und bringt eine Freeware-Version mit! Ein Drumkit (statt 40), aber volle Funktionalität.
Natürlich ist das echte Einspielen und Aufnehmen eines Schlagzeuges immer noch der Königsweg. Allein, was Groove und Feeling betrifft, kommt man selbst mit sehr komplex programmierten MIDI-Beats immer noch nicht zu 100 Prozent an einen echten Drummer ran. Aber was, wenn man eben gerade nicht DEN Drummer (Urlaub), DAS Studio (ausgebucht) oder DEN Raum (zu teuer) zur Verfügung hat? Programmiert man halt. Aber nicht irgendwelche Drums, die dann wieder im Gitarrengewitter untergehen. Steven Slate Drums sind da schon immer eine der Adressen gewesen für einen besonders mächtigen Sound.
In unserem Test der großen Vollversion könnt ihr alle Details, alle Vorteile und alles, was vielleicht noch verbesserungswürdig wäre, genauer nachlesen. Aber einem geschenkten Gaul … Daher müssen wir hier jetzt nicht anprangern, was wieder fehlt, was immer noch hakt und überhaupt. Das komplette Plug-n ohne Funktionseinschränkung zum kostenlosen Download zur Verfügung zu stellen, verlangt Respekt. Der Sound ist sonst ganz schön teuer.
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Details und Praxis
Installation
Auf der Download-Seite reicht das bloße Angeben einer Email-Adresse und des Namens und schon wird man zum Download weitergeleitet. Insgesamt vier Dateien hat man zu laden, ein Setup für das Plugin, eins für die Installation der Samples und zwei für die Samples, insgesamt zwei Gigabyte. Vorbildlich: Auf der Seite gibt es Installations-Videos für Mac- und Windows-User, die die Installationsschritte (auf Englisch) genau zeigen. Freundlicherweise braucht es im Gegensatz zur großen Versionen keinen iLok-Account.
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Nach der Installation von Plugin und Samples könnt ihr das Instrument in der DAW eures Vertrauens laden. Ein Hinweis: Slate empfiehlt mindestens vier Gigabyte Arbeitsspeicher. Wem das überdimensioniert vorkommt, dem sei gesagt: nach dem Laden des Drumkits werden über zwei Gigabyte Arbeitsspeicherbedarf angezeigt. Damit es einigermaßen läuft, sollten es schon vier sein.
Oberfläche und Workflow
Steven Slate Drums 5 Free (SSD5 Free) kommt mit der gleichen Oberfläche daher wie sein großer Bruder. Auf der Hauptansicht kann man an jeder der Trommeln und Becken Verschiedenes einstellen wie die Lautstärke der einzelnen Mikrofone, die das jeweilige Signal ausmachen, oder die Tonhöhe der Trommeln.
Das Kit, was SSD5 Free mitbringt, nennt sich „Deluxe 2 Free Edition“. Es bringt den bekannten geliebt-verhassten, sehr knackigen Slate-Sound mit. Jede Trommel knallt und kesselt, was das Zeug hält. Im Bereich „Edit Instrument“ könnt ihr für jede der Trommeln sehr viel einstellen und beeinflussen, wie sich die Trommel beim Triggern verhält. Lautstärke, Tonhöhe (aller sechs Trommeln und sechs Becken) und Phasendrehung lässt sich bei jedem Sample bestimmen.
Bei „Articulation“ stellt ihr die Lautstärken der Schlagarten ein. Bei den Toms gibt es nur den Unterschied zwischen einem Schlag auf den Rand und einem kräftigen in die Mitte, bei den Becken kann man schon genauer einstellen, wie laut ein Rand-, ein Mitten- und ein gestoppter Schlag sind und bei der Snare-Drum wird es richtig detailliert: Hier gibt es ieben verschiedene Schlagarten (also auch Samples). In der Mitte, als knallender Rimshot, als scheppernder Schlag am Rand, als klackender Schlag auf die Kesselseite, zwei verschiedene Klicksounds (gut für Balladen) und sogar der Wirbel bekommt einen eigenen Sound.
Dazu lässt sich das Velocity-Verhalten bestimmen. Zwar kann MIDI „nur“ 128 verschiedene Abstufungen, was für echtes Schlagzeug nur ansatzweise reicht, aber hier lässt sich immerhin genau einstellen, wie sich SSD5 Free bei lauten und leisen (sprich: schnellen oder langsamen) Velocity-Werten verhält. Praktisch dazu: Jedes Samples hat eine eigene Hüllkurve, die in klassischer ADSR-Manier eingestellt werden kann. Das ist besonders hilfreich, wenn man eigene Samples nutzt und hier zum Beispiel ein nerviges Nachhallen eines Samples beschneiden will. Etwas verwirrend: Der Sustain-Parameter wird in Sekunden und nicht in Dezibel angegeben.
Dazu gibt es für jede Trommel in der Mitte dieser Ansicht dann noch unterschiedlich viele Mikrofone, die man wie in einer Studioaufnahme nach Wunsch unterschiedlich laut zusammenmischen kann. Gerade bei der Snare macht das neu hinzugekommene Mikro „Snare Rng“ einen deutlichen Unterschied. Zwar bekämpft man als Schlagzeuger oder Engineer bei Aufnahmen oft zu starke Resonanzen im Snare-Kessel, fehlen sie aber gänzlich, klingt es zu steril. Bei den Toms gibt es neben einem Direktmikrofon einen Anteil zu den Overheads, zwei verschiede Raummikrofone, die sich in ihrer Positionierung unterscheiden und ein neuartiges „SLR“-Mikrofon. In diesem wird die Übersprechung von Kickdrum und Snaredrum auf die Direktmikrofone simuliert, um mehr Realismus zu erreichen.
Zum Mapping, seinen Möglichkeiten und Einschränkungen haben wir in der großen Version bereits einiges geschrieben. Kurz gesagt gibt es zwei Einstellebenen. Einmal „Kit Mapping“. Hier bestimmt ihr per Drag-n-Drop, welches Sample auf welcher MIDI-Note liegt. Damit man aber – falls man beispielsweise ein E-Drumkit, einen Controller und ein Keyboard hat – nicht immer mühsam das Mapping neu erstellen muss, gibt es als zweite Ebene den „Input Converter“. Hier könnt ihr euch eigene Sets anlegen, in denen je nach Controller die MIDI-Noten (ja, eigentlich Befehle) so umgewandelt werden, dass man mit SSD5 Free mit einer Einstellung quasi immer einfach losspielen kann. Für einige bekanntere E-Drumkits wie das Pearl Mimic Pro, das Roland TD30 oder das DM10 von Alesis hat Slate die Arbeit für euch bereits gemacht, hier gibt es fertige Converter-Kits.
Im Mixer könnt ihr neben den Lautstärken aller Sounds vor allem im Routing noch einiges einstellen. So kann man eigene AUX-Kanäle erzeugen und beispielsweise nur die drei Snarespuren auf einen AUX-Kanal legen und damit die Lautstärke des gesamten Snare-Signals bestimmen. Auch im Mixer lassen sich, sobald SSD5 Free im Multi-Ausgang-Modus läuft, die entsprechenden Routings einstellen.
Bei den Grooves gibt es für die Genres Jazz, Pop, R’n’B und Rock einige fertige MIDI-Beats, die allesamt sehr natürlich klingen und sehr aufwendig programmiert sind. Diese könnt ihr mit der „Autoplay“-Funktion vorhören und dann per Drag-n-Drop in eure DAW ziehen.
Klang
Zum Einstieg hier erst einmal eine Auswahl aus den erwähnten Grooves verschiedener Genres. Leider gibt es keine fertigen Grooves für den Metal-Bereich, hier muss man entweder per Hand programmieren oder sich anderweitig bei Anbietern von MIDI-Grooves aus dem Genre eindecken. So oder so, der Sound hat es in sich.
Auch die fertig programmierten Fills und Zwischenparts sind allesamt von höchster Qualität und oft täuschend echt. Falls einem beispielsweise mal ein kleines Drumsolo fehlt und einem die Arbeit, jede Note per Hand zu programmieren, zu mühselig ist, kann man auch einfach einige der Fills zu einem Solo kombinieren.
Fazit
SSD5 Free ist kostenlos. Slate-Sound für umme, was kann daran falsch sein? Und da alle Funktionen der großen Version hier enthalten sind, kann man sich ganz in Ruhe und ohne Demo-Einschränkung mit allem vertraut machen und mit dem mitgelieferten Kit oder eben eigenen Samples jeder härteren Rock- oder Metalnummer eine gehörige Prise Energie verpassen.
Pro
- alle Funktionen der großem Vollversion ohne Einschränkung nutzbar
- sehr realistische MIDI-Beats
- druckvoller Sound
Contra
- nur ein Drumkit
- MIDI-Mapping etwas umständlich
Features
- Drum-Sampler mit sehr druckvollen Sounds
- ein Drumkit: Sechs Trommeln und sechs Becken
- Tonhöhe, Phase, Panning, Lautstärke, Mischung der Direkt- und Raummikrofone bei jeder Trommel einzeln einstellbar
Preis
- kostenlos
- alle Funktionen der großem Vollversion ohne Einschränkung nutzbar
- sehr realistische MIDI-Beats
- druckvoller Sound
- nur ein Drumkit
- MIDI-Mapping etwas umständlich
Shane McGill sagt:
#1 - 23.04.2019 um 04:57 Uhr
Entgegen den Anleitungsvideos ist es mir nicht möglich das auf einem Mac zu installieren - eine sehr frustrierende Angelegenheit.
Lupo sagt:
#2 - 13.12.2019 um 13:29 Uhr
Hallo zusammen, insgesamt ein schöner Artikel, mit einem - imho lustig-peinlichen - Fehler.
Es geht um die Beschreibung der Hüllkurven-Editierungsmöglichkeiten, und selbstverständlich wird dort das Sustain in Sekunden und nicht in Dezibel angegeben. Schließlich geht es hier um Klingzeiten und nicht um Pegel. A = Attack = wie schnell kommt das Signal, D = Decay = wie schnell klingt der Schlag selbst ab, S = Sustain = wie lang bleibt z.B. der Kesseleigenton stehen, R = Release = wie lang klingt das Sample aus bis null.
Mit klugscheißerischen Grüßen ;-)