Steven Slate Drums 5 Test

Steven Slate ist eine der schillerndsten Figuren in der Welt der Audioproduktion. Egal ob Plugins, die Touchscreen-Mischpulte Raven oder eben die Drum-Sampling-Reihe SSD – der Mann macht keine halben Sachen. SSD1 war eines seiner ersten Produkte überhaupt und sorgte 2004 für Furore. So druckvoll klingende Drum-Samples hatte es noch nicht gegeben. Die Konkurrenz hat über die Jahre aufgeholt, SSD wird zwar immer noch für den Sound geschätzt, die Oberfläche des Plugins wirkte im Vergleich zu Addictive Drums 2 oder Superior Drummer 3 aber etwas altbacken und umständlich. Nun also das neue SSD5. 

Steven_Slate_Drums_5_Test_01_Aufmacher


Das Interface wurde überarbeitet, die Engine überholt, sodass sogar Tracks, bei denen ältere Versionen von SSD genutzt wurden, nun mit den gleichen Drumsounds noch dynamischer und realistischer klingen sollen. Dazu kommen als Deluxe 2 betitelt 27 neue Drumkits zu den als Classic (SSD 1-3) und Deluxe 1 (SSD 4) bestehenden Drumkits dazu. 
In einem sehr bekannten englischsprachigen Plugin-Forum hatte Macher Steven Slate die bettelnde und fordernde Fangemeinde in den letzten Jahren immer wieder vertröstet, neue Termine versprochen – die Erwartungshaltung war groß. Als dann vergangenen November endlich Version 5 der Steven Slate Drums angekündigt wurde, war die Freude groß. Aber natürlich auch die Sorgen und Fragen: Würde es nun endlich lang vermisste Features geben, wie die Integration des Trigger-Moduls? Wäre der Sound immer noch so druckvoll und trotzdem irgendwie besser? Wie würde SSD5 im Vergleich zur Konkurrenz von ToonTrack und XLN Audio abschneiden? Mit diesen und anderen Fragen sind wir in den Test gegangen. 

Details

Nach dem Kauf lädt man SSD 5 als insgesamt gut 10 GB großen Download von der eigens eingerichteten Seite in mehreren Zip-Dateien runter. Zusätzlich braucht es einen Installationsmanager und das Plugin selbst, zwei extra Installationsdateien. Nach der Installation ist der Sample-Ordner gute 15 GB groß. Das Plugin wird per iLok registriert, ein Dongle muss allerdings nicht vorhanden sein, nur eine iLok-ID.

Jedes Sample hat eine eigene Hüllkurve und verschiedene Artikulationen
Jedes Sample hat eine eigene Hüllkurve und verschiedene Artikulationen

Was sofort ins Auge fällt, ist das Interface. Was bis SSD4 hier noch von Slate als Oberfläche verkauft wurde, war vielleicht noch Anfang der 00er Jahre bei Veröffentlichung der ersten Version einigermaßen zeitgemäß. Hier war der Handlungsbedarf am größten. Und tatsächlich: Die neue Oberfläche ist um einiges moderner und übersichtlicher. Leider hat sich bei Slate noch nicht der Trend durchgesetzt, Plugin-Oberflächen auch skalierbar zu machen, was gerade bei hochauflösenden Monitoren zu sehr kleinen, schwer erkennbaren Fenstern führt. Aber Steven Slate Drums werden nicht für ihre moderne Oberfläche oder ihren super guten Workflow oder für ihre technische Finesse gefeiert, sondern für ihren Sound. 

Was ist neu?

Wie etwas besser machen, was schon zum Besten gehört, was der Markt der Rock- und Metal-Drum-Plugins soundtechnisch hergibt? Klar, neue Kits sind Pflicht, davon sind es wie erwähnt 27. Und alle bisherigen natürlich auch. Ansonsten gilt es, den Spagat zu meistern, am Slate-Sound festzuhalten und den Slate-Sound weiterzuentwickeln. Mehr Druck UND mehr Natürlichkeit. Von den einen wird der SSD-Sound eben genau für seinen Druck und seine Brachialität im Rock- und Metal-Bereich gefeiert. Von anderen wiederum wird SSD für mangelnde Dynamik und Natürlichkeit sowie einen zu „bearbeiteten“ Sound kritisiert. Darüber hat man sich Gedanken gemacht. 

Fotostrecke: 2 Bilder Ist der Rimshot-Modus für die Snare aktiviert, werden bei allen 127 Velocity-Werten Rimshots abgespielt.
  • Bei der Snare-Drum ist zusätzlich zur Standard-Mikrofonierung von Top, Bottom, Overhead, Room 1 und Room 2 nun ein zumischbares Mikrofon gekommen, das das obertonreiche Ringen der Snare einfängt.
  • Selbst bei deutlicher Umstimmung der Kessel sind im Plugin-eigenen Tuning-Algorithmus keine Artefakte mehr zu hören. 
  • Die neue Engine reagiert noch genauer auf MIDI-Velocity-Unterschiede, damit werden per E-Drum eingespielte Drumsounds noch realistischer. Die Sounds der einzelnen Kessel sind in jedem ladbaren Kit jetzt noch besser aufeinander abgestimmt. 

Insgesamt hat SSD5 50 neue Instrumente in der Kategorie Deluxe 2 mit dabei, alles in allem sind es ca. 400. Darunter sind

  • 111 Snare Drums
  • 103 Kick Drums
  • 16 Hi-Hats
  • 115 Toms
  • 3 Splashes
  • 10 Rides
  • 49 Crashes
  • 5 Chinas
  • 13 Percussion Instrumente (unter anderem eine Clap, ein Tambourine und eine Cowbell)
  • 4 SFX Sounds

Am Mapping wurde gearbeitet, viele neue fertige MIDI-Grooves dazugepackt und zusätzlich zu den vorhandenen Sounds kann man insgesamt 32 Samples in einem Kit laden und triggern, was bei Layering sehr nützlich ist. 

Praxis

Wie klingt sie denn nun, die fünfte Version? Noch fetter? Noch lauter? Noch mehr Metal? Grundsätzlich ist der „Slate-Sound“ geblieben, es sind also Drumsamples, die sehr mächtig und druckvoll, oft aber auch etwas zu bearbeitet klingen. Aber genau hier hat SSD5 eine erstaunliche Wendung hinbekommen. Manche der Kits klingen mit den richtigen Velocity-Kurven so echt wie nie zuvor. 

Audio Samples
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01. Deluxe 2 Alternative mit Rock Groove
 02. Deluxe 2 New Metal mit (sebst programmiertem) Metal Groove und Fill
 03. Deluxe 2 Au Natural mit Pop Groove 04. Deluxe 1 Jazz Brushes mit Jazz Groove 05. Deluxe 1 Reggae mit Ska Groove

Sounds 

Die erwähnte neue Engine, die zusätzlichen Mikrofone und das fast verzerrungsfreie Stimmen der Kessel tragen allesamt zu einem Sound bei, der teilweise so echt klingt, dass man in den lauten Musikrichtungen als Schlagzeuger ein wenig Angst bekommt. Aber solange MIDI nur 128 Velocity-Werte beherrscht und unquantisiertes Einspielen von vielen DAWs und Producern nicht beherrscht oder gewünscht wird, braucht man sich als einigermaßen Klick-fester Drummer keine Sorgen machen. 
Die Lautstärke jeder einzelnen Artikulation lässt sich bestimmen.
Die Lautstärke jeder einzelnen Artikulation lässt sich bestimmen.

Die schiere Menge an Mikrofonen, die für jede Trommel bereitstehen, bringt Unmengen an Möglichkeiten mit, den vorhandenen Sound weiter nach Bedarf zu verändern. Insgesamt sechs Quellen gibt es beispielsweise bei der Snare: Top, Bottom, Ring, Overhead, Room 1 und Room 2. Und neu dazugekommen ist der SLR-Kanal. Er kann in seinem der sechs Slots des Snare-Samples zugemischt werden und bringt Übersprechungen der Toms und der Kick mit. Eine der Hauptkritiken von Drum-Libraries ist, dass die Samples zu sauber klingen. Mit dem SLR-Kanal eine Portion Mic-Bleed dazu zu mischen zeigt: Slate hat verstanden. 

Genres

Zwar bringt SSD5 als Überbleibsel aus den alten Versionen einige Jazz- und Funk-Kits mit, die auch erstaunlich echt klingen und dazu eine etwas lieblos zusammengestellte elektronische Sample-Mischung aus 808-Samples, die Stärken liegen aber ganz klar im lauten Rock- und Metal-Bereich. Die Snare knallt und kesselt, die Kick rummst und ballert, die Toms donnern, die Becken scheppern, was das Zeug hält. Das ist Stärke und Schwäche zugleich. Das wird besonders bei der Hihat deutlich. Egal, welches Kit man lädt, die Hats klingen raschelnd und zischend. Will man aber einen Beat programmieren, der etwas tighter klingt und bei dem die Hihat eher funkige Akzente setzt, wird es mit den Becken in SSD5 schwierig.

Oberfläche

SDD5 sieht um einiges moderner aus, als der Vorgänger. Was aber auch nicht schwer ist, war die Slate Drum Reihe bis Version 4 doch eine, bei der der Sound so gut war, dass man über das 90er-Jahre-Logic-5-Interface müde lächelte, mit den Schultern zuckte und sich lieber weiter von den „fetten“ Drums umblasen lies. Ein bisschen wie ein altes Motorrad: klingt toll, knattert ordentlich, ist aber was Bedienung und Umweltfreundlichkeit betrifft vor 30 Jahren stehengeblieben. Nach dem Motto: Das muss schwierig sein. 
Und so ist SSD5 trotz der Überarbeitung weiter um einiges weniger intuitiv und statischer als die Konkurrenz. Dass sich zum Beispiel das dargestellte Schlagzeug optisch nie ändert, egal welches Kit man lädt, mag kleinlich klingen. Aber solche Kleinigkeiten helfen E-Drummern, sich beim Mapping zurecht zu finden. 

Für verschiedene Controller und E-Drums lassen sich unterschiedliche Mappings abspeichern.
Für verschiedene Controller und E-Drums lassen sich unterschiedliche Mappings abspeichern.

Grooves

SSD5 bringt eine Vielzahl an fertig programmierten MIDI-Grooves mit. Allesamt sind sie sehr dynamisch und filigran anzuhören, die Vorhörfunktion ist da sehr nützlich. Grooves gibt es aus fünf Genres: Jazz, Pop, RnB, Rock und Soul, der Schwerpunkt liegt auf Pop und Rock. Jeder Groove ist dann weiter aufgeteilt in verschiede Songparts wie Verse, Chorus und Bridge, Fill-ins gibt es auch immer einige. Was aber vielleicht schon bei der Auflistung der Genres aufgefallen ist: Wo ist Metal? Wie kann ein Drum-Sampler so knallen, so sehr mit seinem Kickdrum-Sound eine Kalaschnikow-Double-Bass-Salve herausfordern, um dann im Groove-Pool beim schnödem Standard-Rock hängen zu bleiben? Klar, das machen wir natürlich eh alles selbst, das Programmieren. Weil jeder Song anders ist. Nachsitzen, Herr Slate!

Audio Samples
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06. Classic Absolute Rock mit Rock Chorus 3 07. Classic Black mit Rock Chorus 3 08. Deluxe Deluxe Rock 01 mit Rock Chorus 3 09. Deluxe Vintage Old Zep 1 mit Rock Chorus 3 10. Deluxe 2 PoliceToMeetYa mit Rock Chorus 3 11. Deluxe 2 Old’n Dusty mit Rock Chorus 3

Routing/Import

Das Routing in SSD5 ist relativ einfach. Jedes der Schlagzeugteile lässt sich je nach Verfügbarkeit (bei manchen Kits hat jede Trommel zwei Room-Signale und ein SLR-Signal, bei manchen nur einen Room-Kanal) im Multi-Ausgang-Modus auf einzelne AUX-Kanäle rausrouten und unterschiedlich effektieren. Sind von einem Instrument, einer Kick beispielsweise alle räumlichen Kanäle vorhanden, lassen sich auch abgefahrene Routings erzeugen: Das Room-1-Signal erst in Room-2 zu schicken, dieses dann in die Overheads und das Resultat dann in die SLR(Mic-Bleed)-Spur. Das ist nicht nur technische Spielerei. Da jedes Raumsignal anders klingt, bekommt das Endresultat einen unheimlichen Raum-in-Raum-in-Overhead-in-Raum-Sound. Dazu kann man jeden Signalanteil auch noch unterschiedlich pannen. Endloses Sounddesign mit Raumsignalen.

Fotostrecke: 3 Bilder Für jeden Songteil gibt es eigene Grooves.

Stichwort Sounddesign: Am Importieren von eigenen Samples kann SSD5 noch arbeiten. Klar, Slate Samples sind die besten Samples. Aber will man unbedingt ein Snare-Sample von einem Recording mitimportieren, geht das nicht einfach per Drag-n-Drop aus dem Explorer oder Finder, wie man es sonst kennt?! Nein, man muss den Ordner, in dem sich das Sample befindet, erst hinzufügen. Etwas umständlich.

Fazit

Steven Slate Drums 5 lässt mich zwiegespalten zurück. Da der Namensgeber mit seiner Plugin-Firma genauso die Retro-Schiene fährt, ist das Mantra „Sound über alles“ hier auch nur konsequent. Und der Sound hat es in sich: Noch natürlicher und echter, noch druckvoller. Dass nach einem Upgrade selbst die alten Drumkits aus alten Projekten besser klingen, muss man Slate erst mal nachmachen. Und er hat sich vielen Wünschen der Community angenommen, wie ein erneuertes Interface und noch mehr Mikrofone für das Sounddesign jeder Trommel zeigen. Aber an einigen Punkten ist SSD5, was ein Plugin an sich und ein Drum Sampling Plugin insbesondere betrifft, einfach nicht mehr zeitgemäß. Die Bedienung oftmals umständlich und nicht ganz durchdacht. Das MIDI-Grooves für Metal-Tracks fehlen, ist nur wie ein dicker Unterstrich.
Steven Slate mag Rockmusik, also macht Steven Slate ein Drum-Plugin für Rockmusiker. Und das hervorragend, an der Wucht muss man erst mal vorbei. Wenn SSD6 dann vielleicht im Heute ankommt, sich mehr Genres öffnet, das Mapping zeitgemäßer wird (Stichwort: MIDI-Mapping für E-Drums) und endlich der hervorragende Drum Replacement Trigger, den es bisher nur separat von Slate gibt, implementiert, müssen sich Addictive Drums und Superior Drummer wirklich warm anziehen!

Pro
  • sehr druckvoller, mächtiger Sound
  • viele Velocity-Stufen pro Trommel, damit sehr realistisch
  • MIDI-Grooves für Rock und Pop sind sehr realistisch
  • alte Kits von SSD3 oder SSD4 klingen mit der neuen Engine noch besser
Contra
  • Samples klingen oft zu bearbeitet
  • Hihat-Sound etwas verwaschen
  • Fenstergröße nicht veränderbar
  • Sample-Import kompliziert
  • keine Grooves für Metal
  • Ladedauer der Kits
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Technische Spezifikationen
    Unser Fazit:
    4 / 5
    Pro
    • sehr druckvoller, mächtiger Sound
    • viele Velocity-Stufen pro Trommel, damit sehr realistisch
    • MIDI-Grooves für Rock und Pop sind sehr realistisch
    • alte Kits von SSD3 oder SSD4 klingen mit der neuen Engine noch besser
    Contra
    • Samples klingen oft zu bearbeitet
    • Hihat-Sound etwas verwaschen
    • Fenstergröße nicht veränderbar
    • Sample-Import kompliziert
    • keine Grooves für Metal
    • Ladedauer der Kits
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    Steven Slate Drums 5 Test
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