Was haben Metal, HipHop, Pop und Dance gemeinsam? Richtig: früher oder später braucht man hier irgendwann Streicher. Damit diese ihre Wirkung nicht verfehlen, muss man sie richtig arrangieren. In diesem Workshop beschäftigen wir uns deshalb mit dem Arrangieren von Streichern im Kontext von Popsongs.
Zunächst möchte ich euch aber eine kurze Einführung über die Grundlagen des Streichorchesters bzw. -Ensembles geben, um danach meine Herangehensweise an das Arrangieren zu erläutern.
Die besten Libraries für Streichinstrumente findet ihr übrigens hier in diesem String Sample Vergleich!
Vorwort
Streichinstrumente bilden die klanglich homogenste Gruppe innerhalb eines Orchesters. Die enge Verwandtschaft ist vor allem der ähnlichen Bauweise der Instrumente geschuldet und macht sich sowohl in der Optik, als auch an der Namensgebung „Geige“ bemerkbar. In früheren Zeiten wurden nämlich nicht nur Violinen so benannt – stattdessen hat man Streichinstrumente allgemein so bezeichnet, was z.B. auch heute noch an dem Wort „Bassgeige“ erkennbar wird. An dieser Stelle näher auf die geschichtliche Entwicklung einzugehen, würde den Rahmen dieses Workshops sprengen, daher sei nur kurz gesagt, dass die Geigenfamilie in ihrer heutigen Form ihren Ursprung im 15./16. Jahrhundert hat und dass für Geschichtsinteressierte etwa Wikipedia eine spitzenmäßige erste Anlaufstelle darstellt.
Aufbau
Ein Streichorchester gliedert sich meist in fünf Stimmen, zu denen folgende vier Instrumente gehören:
- erste Violine
- zweite Violine
- Viola
- Cello
- Kontrabass
Diese Reihenfolge zeigt gleichzeitig auch an, für welche Lage die jeweiligen Mitglieder der Streicherfamilie vorzugsweise und standardmäßig verwendet werden sollen. Und zwar von der höchsten Lage (Erste Violinen) bis hin zur tiefsten (Kontrabässe). Weiterhin nimmt die Anzahl der Spieler von oben nach unten ab. Die erste Violine ist entsprechend durch die meisten Spieler vertreten, während die Kontrabässe in der Regel schwächsten besetzt sind. Dies ist zumindest der Normalfall, was aber nicht bedeutet, dass es hier keine Ausnahmen gibt! Diese beziehen sich jedoch meist auf Raumverhältnisse und Orchestergröße und müssen uns deshalb an dieser Stelle nicht weiter interessieren.
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Spielweisen
Es gibt für Streicher eine Menge unterschiedlicher Spielweisen. Da die meisten von uns jedoch sicherlich mit Samples zu tun haben, möchte auch ich mich hier auf jene konzentrieren, die auch in den meisten Libraries zu finden sind. Ich orientiere mich dabei an der „VSL Special Edition“, weil ich mit ihr sehr gute Erfahrungen sammeln konnte. Die Spielweisen lassen sich aber natürlich auch in jeder anderen guten Library finden. Im Einzelnen handelt es um folgende Spielweisen:
- Stacc. = Staccato (kurzer, abgehackter Bogenstrich)
- Leg. = Legato (gebundene Spielweise, bei welcher ein Ton nahtlos an den nächsten anschließt)
- Sus. = Sustained (Ein Phänomen, das man mit Streichorchestern zwar erzeugen kann, das aber genau genommen keine Spielweise darstellt. „Sustained“ bedeutet „ausgehalten“ und bezeichnet einen quasi „endlos“ lang gehaltenen Ton. Dieser Effekt lässt sich natürlich auf einem einzelnen Streichinstrument nur annähernd herstellen, da immer wieder die Streichrichtung des Bogens geändert werden muss. Dieser Wechsel ist mit einer leicht hörbaren Zäsur verbunden. Allerdings verschwindet diese Zäsur komplett, sobald mehrere Spieler denselben Ton aushalten und zu unterschiedlicher Zeit die Streichrichtung wechseln.)
- Trem. = Tremolo (Der Bogen wird auf der Saite schnell hin und her bewegt. Dadurch entsteht ein bebender, zitternder Eindruck.)
- Pizz. = Pizzicato (die Saiten werden mit den Fingern gezupft.)
- Det. = Detaché (Bei jedem Ton wird die Streichrichtung des Bogens gewechselt. Die Töne klingen dadurch voneinander getrennt – wenn auch nicht in demselben Maße wie beim Staccato.)
- Sfz. = Sforzato (Akzentuierung des Tons)
Umfang der einzelnen Gruppen
Zum vernünftigen Arrangieren gehört zwangsläufig die Kenntnis über die Tonumfänge der einzelnen Instrumente. Bei diesem Thema kann man sich leider nicht auf Libraries oder Notationsprogramme verlassen, denn beide spiegeln nicht unbedingt die Realität wieder. Daher ist es besser, sich ein entsprechendes Wissen aus der Literatur anzueignen. Spätestens, wenn ihr einmal in die Situation kommt, mit echten Musikern aufzunehmen, ist es absolut notwendig, dass euer Material auch spielbar ist. Das Lehrgeld ist andernfalls reichlich und in harter Währung zu zahlen!
Deshalb an dieser Stelle ein kleiner Abriss über die normalen Tonumfänge, wobei die Obergrenzen durchaus variieren können.
- Violine; g-d5
- Viola; c-a3
- Cello; C-g2
- Bass; C1-b1
Was die Lagen angeht, so gilt hier, was eigentlich für alle Instrumente gilt: Extremlagen – also besonders hohe oder tiefe Lagen – erzeugen extreme Effekte, welche nur mit Bedacht angewandt werden sollten. Genau hinhören und gut prüfen lauten hier also die Devise!
Ich beispielsweise hebe mir die größten Abstände gerne für den Höhepunkt eines Stückes auf. Außerdem ist es wichtig zu wissen – und da kommen wir schon dicht an das Thema Arrangieren heran – dass mit Samples natürlich alles möglich ist. Allerdings macht nicht alles, was mit Samples möglich ist, auch immer Sinn. Vor allem dann nicht, wenn echte Musiker ins Spiel kommen.
Warum aber sollte es sich lohnen, die Sache handwerklich sauber anzugehen? Und zwar selbst dann, wenn man sich sicher ist, dass das Arrangement niemals live eingespielt werden wird? Nun, ich behaupte mal, dass die meisten wirklich mitreißenden Streicherarrangements von echten Musikern eingespielt werden. Daher sollte man sich logischerweise an das halten, was von Musikern „aus Fleisch und Blut“ auch realisierbar ist! Idealerweise darüber hinaus an das, was leicht machbar ist, denn Aufnahmezeit ist teuer!
Einfache und effektive Arrangements sind also unser Ziel. Und an das gelangen wir nicht ohne entsprechendes Wissen, Denken und Schreiben. Und in diesem Fall ist tatsächlich richtiges Schreiben gemeint – mit Papier und Stift! Ihr merkt, worauf ich hinaus will: Ich appelliere an eure Ambition!
Markus Galla sagt:
#1 - 13.02.2015 um 13:27 Uhr
Natürlich kratzt der Artikel nur an der Oberfläche, ist jedoch ein guter Einstieg in die Untermalung von Pop-Songs mit Streichern. Da die meisten Leser sicherlich am Rechner produzieren und seltener mit echten Streichern arbeiten, wäre doch mal ein Vergleich von verschiedenen Plug-ins eine nette Sache. Also immer das gleiche Arrangements mit verschiedenen Plug-ins gespielt. Dabei wäre vor allem auch die Rechner-Auslastung interessant, denn nicht jeder bekommt in der DAW so ganz nebenbei noch die VSL zum Laufen.
Felix Klostermann sagt:
#2 - 13.02.2015 um 18:38 Uhr
Hallo Markus Galla,
vielen Dank für deine Hinweise - ist eine sehr gute Idee! Sei also gespannt auf Teil 2 und 3 ;-) Beste Grüße, Felix
alex sagt:
#3 - 22.04.2015 um 23:28 Uhr
vielen Dank! Sehr anschaulich erklärt!
Wie in Gelatine gemißelt. :-)Gruß Alex