Praxis:
Da der OB.1 zu den Dynamik-verändernden Effekten gehört, ist sein Platz zwischen der Gitarre und der Amp-Vorstufe, und so habe ich das Gerät auch angeschlossen. Um einen Einstieg in die Materie zu bekommen, wird erst einmal das bekannte „High Noon“ Setting ausprobiert. Alle Regler auf 12 Uhr und mal schauen, was passiert. Die Einstellung von Boost Mode und Boost Level ist hierbei eigentlich egal, weil ich ja nur den Kompressor einschalte und den Boost noch nicht aktiviert habe. So klingt es dann.
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
Tele | Treble | 12 | 12 | 12 |
Wir hören eine sehr moderate Kompression, die Klangfarbe wird durch das Aktivieren des Pedals etwas verändert, ein leichte Anhebung im Höhenbereich ist zu verzeichnen. Das Signal klingt angenehm frisch.
Schön – dann experimentieren wir weiter und aktivieren zusätzlich den Boost. Die Einstellung bleibt und wir testen die Klangunterschiede der drei Boost-Modi. Zum besseren Vergleich habe ich auch noch einmal das Beispiel ohne Boost mit aufgenommen (Boost Off).
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
Tele | Treble, Middle, Flat | 12 | 12 | 12 |
Der Treble-Mode hebt die Höhen ab etwa 2 kHz an, senkt aber auch gleichzeitig den tiefen Bassbereich etwas ab. Der Sound wird dadurch brillanter, aber auch etwas dünner.
Der Middle Boost arbeitet bei zirka 800 Hz. Der Bereich wird breitbandig angehoben, beim Cleansound klingt das allerdings etwas blechern.
Der Flat-Mode hebt alle Frequenzen gleichmäßig an und hat damit für mich den angenehmsten Klang bei Cleansounds. Besonders zu empfehlen für typische Clean-Boosts, zum Beispiel im Jazz. Wenn es um eine bessere Sololautstärke geht, kann man mit dem Flat-Mode sehr gute Ergebnisse erzielen. Die anderen beiden haben ihre Stärke überwiegend bei verzerrten Sounds, dazu später mehr. Was mich etwas stört, ist die Tatsache, dass man beide Funktionen (Boost und Compressor) nicht getrennt einschalten kann. Der Boost funktioniert nur, wenn der Compressor auch aktiv ist. Schade, denn so hätte man noch etwas mehr Variationsmöglichkeiten. Außerdem möchten manche Gitarristen den Kompressor zum Beispiel nur für Cleansounds einsetzen und den Boost nur für Zerrsounds. Und der Stepptanz ist unter Umständen auch schon vorprogrammiert: Von clean auf verzerrt mit Boost heißt dann, zuerst einmal den Amp um- und dann den Kompressor und danach den Boost einzuschalten. Da ist der Einstieg ins Solo schnell verpatzt, wenn man nicht fix genug ist …
Na ja, eine Alternative wäre es, wenn man den Kompressor nur sehr dezent einstellt, dann wird eine leichte Kompression erzeugt, vom Spielgefühl am ehesten mit dem Endstufenschmatzen bei weit aufgedrehtem Amp vergleichbar. Man würde das Pedal also praktisch zum Klangauffrischen einsetzen.
Aber bleiben wir zunächst noch im cleanen Bereich und hören uns eine Standardsituation an: Leicht angeschlagenes Fingerpicking, gefolgt von hart angeschlagenen Akkorden. Da wird es immer eng, entweder ist das Picking zu leise oder die Akkorde zu laut oder beides. Mit dem Kompressor kann man die Picking-Passage anheben und den harten Strumming-Part absenken. Das funktioniert mit einer hohen Comp-Einstellung mit dem OB.1 sehr gut. Zuerst ein Beispiel ohne Kompressor, dann mit.
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
Tele | Treble | 13 | 12 | 16 |
Das Problem vieler Kompressoren ist das sogenannte Pumpen. Der Ton wird angeschlagen und stark gedämpft. Wenn er ausklingt und den Schwellenwert unterschreitet, wird das Signal angehoben. Da das Ganze recht schnell vonstattengeht, entsteht dieser typische Pump-Effekt. Bei unserem Probanten tritt das zum Glück nicht auf. Zum einen reagiert er sehr schnell – der klare Vorteil eines Opto-Kompressors – und zum anderen sind die Werte für den Comp-Regler sehr gut auf die Bedürfnisse der E-Gitarre voreingestellt. Selbst bei maximaler Einstellung ist kein Pump-Sound zu hören. Ein kritischer Fall hierfür sind leise angeschlagene Akkorde, die bei schlechten Kompressoren oder zu starken Einstellungen nach dem Anschlag kurzzeitig lauter werden. Das Phänomen tritt nicht auf, hier ist der Beweis dafür mit voll aufgedrehtem Comp-Regler.
Für dich ausgesucht
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
Tele | Treble | 13 | 12 | 17 |
Man hört, der Akkord klingt sehr natürlich mit etwas kräftigerem Sustain aus.
Jetzt kommen wir zu den etwas dreckigen Klangbeispielen. Am Verstärker habe ich einen Crunchsound mit leichter Verzerrung eingestellt. Wenn man bei mittlerer Kompression den Boost einschaltet und ein wenig am Boost-Level dreht, dann stellt man fest, dass dieser eher wie ein zusätzlicher Gain-Regler arbeitet. Der Klang nimmt unwesentlich an Lautstärke zu, es wird einfach nur dichter und damit etwas verzerrter. Ihr hört im folgenden Beispiel das Riff zuerst mit Kompressor, dann mit zusätzlichem Boost.
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
SG | Treble | 13 | 15 | 12 |
Hier sind noch einmal alle drei Boost-Modes mit dem Crunchsound. Jetzt sieht das Ergebnis schon ganz anders aus als bei den cleanen Beispielen. Die Entwickler haben wirklich exzellente Arbeit geleistet. Treble und Middle sind hierbei für mich die Favoriten, weil sie den Bassbereich nicht so dicht machen. Der Mode Flat klingt bei diesem Sound etwas breiig, was aber völlig in Ordnung ist, denn der hat seine Stärken eben im Cleansound.
Gitarre | Boost Mode | Output | Boost Level | Comp |
SG | alle drei nacheinander | 13 | 16 | 11 |
Jan sagt:
#1 - 20.02.2016 um 11:41 Uhr
Hey, Danke für das Review. Der letzten Aussage muss ich leicht widersprechen. Man kann sehr wohl auch nur den Boost benutzen, wenn man den Comp komplett zudreht. Ist zwar nicht ganz so praktisch mit dem Fuß den Threshold einzustellen, aber es ist prinzipiell möglich so den Comp aus der Signalverarbeitung zu nehmen. LG
Jan