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Studio Electronics Boomstar 8106 MkII Test

Praxis

Bedienung

Die Bedienkonzept des Boomstar 8106 MkII hat mir gut gefallen. Bis auf zu vernachlässigende Kritikpunkte (Lage von XMOD, Ringmodulator und Oszillator-Levels) ist alles logisch angeordnet, und es entwickelt sich sehr schnell ein flüssiges Arbeiten. Die Bedienung der hochwertigen Potis und Schalter – wie erwähnt mit Ausnahme der einfachen Plastikpotis in der unteren Reihe – vermittelt ein gutes, hochwertiges Gefühl, bei dem man auch jederzeit den Eindruck zupackender Veränderung erhält, will heißen: Die Potis sind bestens austariert und greifen gleichermaßen feinfühlig und kraftvoll in den Sound ein. Als kleine Fußnote soll auch die Glide-Funktion nicht unerwähnt bleiben, die eine immer gleiche Glide-Zeit unabhängig vom Intervall gewährleistet, sehr schön.
Insgesamt habe ich festgestellt, dass der Boomstar Synthesizer einem immer mehr ans Herz wächst, je mehr man ihn benutzt. Ich kann mir vorstellen, dass man ihn nach einer Weile nicht mehr missen möchte und dass er für jene Art Sounds, die die subtraktive Klangsynthese so hergibt, bald ganz oben auf der Sympathiesliste im Studio steht. Das hängt auch damit zusammen, dass er eine Qualität vorweist, die man mit den größten Schätzen der eigenen Sammlung – bei mir sind dies z. B. der Roland SH-2 oder derProphet-6 – verbindet: Er klingt nie schlecht, egal, was man schraubt.

Aufgeräumtes Layout: Freude bei der Bedienung.
Aufgeräumtes Layout: Freude bei der Bedienung.

Sound

Die hohe Fertigungsgüte des Synthesizers wurde bereits erwähnt. Das Gerät wird in den USA hergestellt, und ganz sicher hat der Hersteller an keiner Stelle günstige Teile verbaut. Dieser hohe Anspruch schlägt sich geradlinig auch im Sound nieder. Es fällt sofort auf, dass der Boomstar äußerst durchsetzungsstark und fett analog klingt. Die Oszillatoren arbeiten kräftig und frisch, und das Filter liefert einen warmen und dabei doch immer auch angriffslustigen Sound. Einen Juno oder Jupiter konnte ich hier als Vergleich leider nicht heranziehen, aber die Gegenüberstellung mit dem Roland JX-3P, der dasselbe Filter verwendet wie der Juno, legt nahe, dass hier der “family sound” gut getroffen ist – wobei das Boomstar-Filter noch eine Spur offener, resonierender und saftiger klingt.
Zwei Hüllkurven mit Extras.
Zwei Hüllkurven mit Extras.

Die in der ersten Version noch ab und zu als etwas zu träge gescholtenen Hüllkurven (die übrigens digital generiert werden) sind in der MkII Version für meine Begriffe flott genug, um auch knackige Elektrosounds zu erzeugen. Überhaupt: Der Boomstar ist erstaunlich variabel. Keinesfalls ist er wie einige Konkurrenzprodukte nur auf eine Geschmacksrichtung festgelegt. Weiche Leads lassen sich mit ihm genauso gut schrauben, wie aggressive Bässe, und nach oben ist der Soundzerstörung und Krassheit kaum eine Grenze gesetzt.
Zu dieser Vielseitigkeit trägt natürlich auch die Tatsache bei, dass man gleich dreifach andicken kann: Über die stufenlos regelbare Feedbackfunktion, über die zuschaltbare Verzerrung, die auch bei obertonarmen Sounds oder bei ziemlich geschlossenem Filter noch mal schön die Frequenzluke aufmacht, und schließlich über den alten Minimoog-Trick, bei dem man hier den Oszillator-Ausgang mit dem External In verbindet. Wie man an einigen Soundbeispielen hören kann, ist das schon weitaus vielschichtiger als die puren cleanen Sounds.

Audiobeispiele zu Boomstar 8106 MkII

Audio Samples
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Filter Boomstar und Filter JX3P Distorted Sequence plus Feedback Ringmod plus Feedback XMOD Beispiel Fat Brass Pulsweitenmodulation Reso Bass Snappy Soft Melody

Konnektivität

Legen wir die Maßstäbe an, die alleine der mit 1.399 USD angegebene Preis fordert, gerät ein wichtiger Punkt unter Kritik: Die Verbindungsmöglichkeit mit anderen Geräten. Die Patchmöglichkeiten des Boomstar Synthesizers sind gemessen am verlangten Preis absolut unterdurchschnittlich. Moog macht das bereits mit diversen neuen Geräten vor, wie man autonom nutzbare Hardware baut, die zusätzlich nahtlos in einem größeren Setup, z. B. im Kontext eines Modularsystems zu verwenden ist. 
Der Boomstar Synth bietet keine separaten Ausgänge der beiden Oszillatoren, sondern nur einen Mixerausgang für alle Klangerzeuger. Weiterhin kann man weder das Filter noch den LFO separat nutzen, da sie nicht über Ein- und Ausgänge verfügen. Eine einzelne Nutzung weiterer Elemente, wie z. B. die der schönen Drive-Schaltung, wagt man gar nicht anzusprechen. Sicherlich muss man dem Hersteller hier zugutehalten, dass ein Mehr an Ein- und Ausgängen technisch nicht so ohne Weiteres zu lösen gewesen wäre und auch zusätzliche Kosten produziert hätte.

Was hätte man besser machen können?

Auf Seiten der Kritikpunkte sehe ich, grob eingeteilt, solche, die man unabhängig vom verlangten Preis auflisten muss, und jene, die damit zu tun haben. Ausschließen will ich aber von vorneherein solche Punkte, die ganz vom gewählten Konzept des Herstellers abweichen. Unter die Kritikpunkte, die ich auch bei einem günstigeren Gerät anführen würde, fällt zunächst die Dokumentation des Synthesizers.
Das downloadbare Manual umfasst schlanke 28 Seiten und schafft es tatsächlich, auch bei einem Gerät mit so überschaubaren Funktionen, einiges überhaupt nicht zu erwähnen. Generell betrifft die Bedienungsanleitung alle Versionen des Boomstar gleichermaßen, wobei jeweils kurz auf die Unterschiede bei den Filtern eingegangen wird. Die von mir getestete Version ist allerdings gar nicht enthalten. So bleibt beispielsweise das Highpassfilter unerwähnt und auch jener Schalter mit der Beschriftung “6dB ON”. Sicherlich ist der Synthesizer noch so neu, dass die Ergänzung in der Anleitung noch nicht vorgenommen wurde. Während man sich die Erklärung hierzu allerdings zusammenreimen kann, schweigt das Manual zum Thema MIDI Implementation komplett. Beim Testen hat allerdings ergeben, dass der Boomstar-Synth auf folgende MIDI-Befehle reagiert: 
  • Volume
  • Pitchbend
  • ModWheel (erzeugt ein Vibrato, generiert vom LFO) 
  • Sustain-Pedal 
  • Aftertouch (moduliert die Cutoff-Frequenz des Filters)
  • Velocity 
  • MIDI Clock 

Hat man ein Gerät ohne Tasten und Display vor sich, freut man sich über jede Zusatzinformation. Das Boomstar-Logo bietet im Zentrum des Sterns eine LED, die mit grünem Licht anzeigt, dass das Gerät Strom hat. Denn einen Einschaltknopf gibt es nicht, der Boomstar arbeitet mit einem externen Netzteil. Bezüglich dieser LED wurde in der aktuellen Version insofern nachgebessert, als diese rot aufleuchtet, sobald MIDI Signale hereinkommen. Gut! Ich persönlich hätte mir noch einen Trigger-Button gewünscht, mit dem man, ähnlich einer Taste, einen Sound erzeugen kann. Dieser wäre nicht nur hilfreich, um zu prüfen, ob richtig verkabelt wurde, er würde beim Soundeditieren helfen, da man dabei dann nicht immer zur MIDI-Tastatur greifen müsste.

LED im Logo – funktional, aber nicht besonders schick.
LED im Logo – funktional, aber nicht besonders schick.

Auch die stiftartigen Plastikpotis, die sich nicht nur niederen Einstellungen wie der Pitchbend-Range widmen, sondern auch so Wichtiges wie die Oszillatoren-Lautstärke beeinflussen, muss man in dieser Preisliga vehementer kritisieren.

Die kleinen Plastikpotis des Boomstar 8106 MkII.
Die kleinen Plastikpotis des Boomstar 8106 MkII.

Sicherlich kann man auch das Fehlen einer USB-Audio-Schnittstelle beklagen. Insbesondere für einen Desktop-Synth ist diese Schnittstelle sehr praktisch, da man zur Not auf Soundkarte und Audioverkabelung verzichten kann.

Zum Schluss

Um am Ende keinen falschen Eindruck zu erwecken, möchte ich nach diesen kritischen Tönen noch mal klar sagen: Der Boomstar 8106 MkII ist ein tolles Instrument von sehr hoher Qualität. Der Sound ist nicht nur auf höchstem Niveau, sondern auch vielseitiger, als man auf den ersten Blick vermuten würde und es macht großen Spaß, mit ihm zu arbeiten.
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