Praxis
Handhabung
Das „Uxlogic“ genannte Bedienkonzept von Studiologic hat das erklärte Ziel, durch eine klare Farbgebung und eine simple Bedienführung, den Umgang mit dem Instrument so einfach wie möglich zu machen. Im Wesentlichen wurde das dadurch umgesetzt, dass den vier möglichen Layern die Farben Orange, Gelb, Grün und Blau zugeordnet sind und dies mit den Farbrändern der Encoder und der Farbe im Display über sämtliche Bedienebenen (u. a. Soundauswahl, Zoom-Parameter, Insert-FX-Ansicht) korrespondiert. Selbst die reichhaltige Anzahl an Bedienelementen und ihre eindeutige Beschriftung sollen dem Anwender einen möglichst simplen Umgang mit dem Stagepiano ermöglichen. Entsprechend haben alle Rotary-Encoder Kontext-bezogene Push- oder Gedrückt-Halten-Doppelfunktionen.
Und der Plan gelingt: Vom Start weg lässt sich das Numa X Piano GT sehr gut bedienen: Programme auswählen geht genauso einfach von der Hand, wie das Modifizieren von Effekten oder Keyboard-Splits. Ein bisschen Übung braucht dann allerdings das Wechselspiel zwischen den manchmal drei Funktionen, die ein Encoder haben kann. So wechselt man beispielsweise mit den vier Zone-Select-Tastern zwischen den Zonen, hält man den Taster dagegen gedrückt, öffnet sich die sogenannte Zoom-Ansicht, wo sich vier Parameter der jeweiligen Soundengine (Acoustic-/Electric-Modeling, Other) im direkten Zugriff befinden. Diese vier Parameter bleiben für alle Engines jeweils gleich, was auf der einen Seite – besonders bei den Synth-Sounds – zwar keine besonders große Editiertiefe erlaubt (hier sind es Cutoff Frequency, Resonance, Attack und Release), auf der anderen Seite aber die maßgeblichen Stellschrauben bereithält, die man bebnötigt, um zügig die grundlegenden Klangmodifikationen im Live-Geschäft vorzunehmen.
Nicht ganz überzeugend empfand ich die Haptik des zentralen Joystick-Encoders, der sowohl Kreuz-, Dreh- und Drück-Kommandos entgegennimmt. Aufgrund einer etwas „schwammigen“ wirkenden Mechanik passierte es mir mehrmals, dass ich eine Navigation nach unten auslöste, obwohl ich ein Drück-Kommando geben wollte. Und noch eine Beobachtung: Während des gesamten Zeitraums des Tests konnte ich mich nicht so recht mit der Aufteilung in Programme und Sounds anfreunden. Grundsätzlich ist das Prinzip ja klar: Programme bilden hier die höchste Hierarchieebene, in der man die maximal vier Layer dann entsprechend der eigenen Klang- beziehungsweise Song-Vorstellung arrangiert. Dennoch ertappte ich mich immer wieder dabei, wie ich auf einen der Kategorien Taster drückte, um den Sound zu wechseln, dann aber – nach dem Umschalten in ein anderes Programm – merkte, dass ich den betreffenden Sound nicht innerhalb des Programms gespeichert hatte.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Studiologic sich im Gesamtkonzept – von der Bedienung am Gerät, aber auch der vorbildlichen Bedienungsanleitung und der Library-App (Numa Manager) – offensichtlich viele Gedanken in Bezug auf eine einfach zugängliche Handhabung gemacht haben.
Audioeingänge / USB-Audio
An den vier rückseitigen Audioeingängen lassen sich alle Arten von Signalquellen anschließen: Angefangen beim dynamischen Mikrofon über weitere Keyboards bis hin zu Line-Quellen. Alle Eingänge sind mit einem schaltbaren Noise-Gate ausgestattet, um das Gesamtrauschen bei nicht aktiven Signalquellen in Grenzen zu halten. Zusätzlich ist jeder Kanal mit einem dreibändigen Equalizer ausgestattet (Low/Mid/High). Die vier Kanäle lassen sich in drei Konfigurationen nutzen: 4 Mono-, 2 Mono- & 1 Stereo- und 2 Stereo-Eingänge. Alle Inputs können zudem anteilig in die beiden Master-Effekte (Delay / Reverb) gespeist werden.
Darüber hinaus kann das Numa X Piano GT einen Stereo-Audiostrom gleichzeitig vom Rechner aufnehmen und wiedergeben, was – in Verbindung mit den vier Audioeingängen – in kleineren Desktop-Produktions-Szenarien sogar ein externes Mischpult ersetzen kann.
Vermisst habe ich hier allerdings eine Pegel-, beziehungsweise Signal-Anzeige. Eine einfache Indikator-LED – idealerweise als separate LED oder aber als Visualisierung im Display – hätte hier für etwas mehr Übersichtlichkeit gesorgt.
Klang
Die Markteinführung des ersten Pianos der Numa-Serie liegt zwischenzeitlich bereits zwölf Jahre zurück – viel Zeit also, um den Sound der Piano-Modelle immer weiter zu verfeinern. Die Modeling-Engine umfasst im Numa Piano derzeit fünfzehn Modelle, das Angebot reicht hier von German Grand, was sich – verklausuliert im Namen des Soundprogramms – als Steinway Model D zu erkennen gibt, bis zum Japan Grand, dessen Soundnamen eindeutig einem Yamaha C1 zuzuordnen ist. Die Modeling-Engine leistet ganze Arbeit und sämtliche Modelle liefern ein überaus ausdrucksstarkes Klangverhalten. Beim Spielen konnte ich herauszuhören, dass das in Echtzeit berechnete Modeling in Bezug auf die Weichheit des dynamischen Verlaufs zwischen Pianissimo und Forte noch etwas feiner skaliert als manches hochwertige Sample-basierte Piano, das mit Velocity-Layern arbeitet. Auch die Homogenität des Klangkörpers ist ganz ausgezeichnet, da hier keine unterschiedlichen Mikrofonierungen angeglichen werden müssen. Wem der Klang nicht behagt, der kann mit den Parametern „Tone, String Resonance, Duplex und Pedal Noise“ nacharbeiten.
Und das ist auch gut so, denn in einigen der Presets wird das Pedalgeräusch recht prominent in den Vordergrund gestellt. Apropos Pedalieren: Hier macht sich natürlich die immense Stimmenzahl ausgesprochen positiv bemerkbar, denn selbst wenn man mit dem „Bleifuß“ auf dem Pedal steht und mit den Unterarmen die maximal mögliche Notendichte erzeugt, gehen dem Numa X Piano GT die Stimmen nicht aus – klasse. Die hohe Polyphonie fällt auch dann positiv ins Gewicht, wenn man mit mehrfachen Layern arbeitet, um ein solides harmonisches Fundament zu haben, was gerade bei der Arbeit als Solo-Performer wichtig ist. Mit ins Protokoll gehört der Vollständigkeit halber, dass sich im Fall der Note „A3“ beim „German Grand“ irgendein Parameter außerhalb des korrekten Wertebereichs befindet, denn nur bei dieser Note ist bei maximaler Anschlagsstärke ein minimales Clippen zu hören, was sich durch ein Update sicherlich problemlos korrigieren lässt.
Auch das Angebot an E-Pianos ist mit zwanzig Modellen gut sortiert und reicht von verschiedenen Rhodes-Emulationen über Wurlitzer und FM-Pianos. Sehr gelungen sind auch die Kontrabässe, die mit einer wunderbar ausdrucksstarken Schnarzigkeit aus den Lautsprechern kommen. Auch für Freunde von Zugriegel-Klängen ist hier mit einer kleinen, aber guten Auswahl von Orgeln gesorgt. Um es kurz zu machen: Hier wird so ziemlich alles geboten, was man als Keyboarder im Tagesgeschäft so braucht. Was dabei insgesamt sehr positiv auffällt: Zwar hat man es hier „nur“ mit rund zweihundert Sounds zu tun und andere Hersteller punkten hier mit deutlich höheren Zahlen, diese zweihundert Sounds sind aber – mit einzelnen Höhen und Tiefen – durch die Bank sehr gut einsetzbar.
Eine Handvoll „Cluster“-Synth Sounds, wirken überflüssig, weil sie im Grunde genommen nur Akkord-Versionen vorhandener Klänge sind, die orchestralen Streicher hat man an anderer Stelle schon überzeugender gehört und auch die Brass-Sounds spielen nicht ganz in der Premium-Liga. Sehr schön dagegen sind die Vintage-Sounds von Mellotron, Solina und Logan. Auch die Orgelsektion kann sowohl im sakralen, wie auch weltlichen Segment überzeugen.
Effekte
Die Effektsektion im Numa X Piano GT setzt sich aus zwei Insert-Effekten (A/B) pro Zone und einem Master Delay und Reverb zusammen. Zudem gibt es einen drei-Band Master-Equalizer mit durchstimmbarem Mittenband. Alle Zonen können entsprechend ihr separates FX-A/B-Setup haben (was insgesamt acht aktiven Effekten entspricht). Beide Effekt-Einheiten sind identisch aufgebaut und verfügen jeweils über drei modifizierbare Parameter. Sie unterscheiden sich aber geringfügig in der Auswahl der Effektprogramme, was leider für unnötige Verwirrung sorgt. Zwei identische Effekteinheiten oder aber eine thematische Zweiteilung wäre hier meiner Meinung nach die klügere Wahl gewesen. Geboten wird hier eine vollständige Ausstattung an Verzerrungs- und Modulations-Effekten in guter bis sehr guter Qualität.
Die Effekte des Numa X Piano GT. (Quelle: Numinos)
Library-Tool
Mit gerade einmal 3 Megabyte ist das zugehörige Library und Firmware-Update-Tool (Numa Manager) erfreulich schlank geraten. Dessen Funktionsumfang ist allerdings auch recht überschaubar: Sounds und Programme können hier kopiert, verschoben und umbenannt und die insgesamt vierundzwanzig Favoriten (jeweils acht im Zugriff über die entsprechenden Taster, verteilt auf drei Display-Seiten) adressiert werden. Auch neue Sounds lassen sich an dieser Stelle in das Numa X Piano GT importieren.
John sagt:
#1 - 29.04.2022 um 15:48 Uhr
Die Sounds sind leider nicht hörbar!
Michael Geisel sagt:
#1.1 - 03.05.2022 um 16:33 Uhr
Hallo John, jetzt sind die Sounds komplett da. Wir hatten ein Server-Problem. Sorry für den Umstand.
Antwort auf #1 von John
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