Praxis
Sound
Und, wie klingt er denn nun, der neue Sledge 2? Die Frage lässt sich ganz einfach beantworten! Anschalten und loslegen. Es gibt praktisch keine Wartezeit und kein lästiges Hochfahren wie bei so manchen Konkurrenten. Für die folgenden Beispiele habe ich ein paar Presets genommen und nach Herzenslust an den Reglern gedreht.
Das kann sich wirklich sehen bzw. hören lassen! Die Klangqualität ist insgesamt wirklich sehr gut und auch die Presets sind gelungen. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich in dieser Hinsicht zum Glück nichts verändert. Die Vielseitigkeit der Klangerzeugung mit einer Stärke im Bereich der 80er-Sounds wird besonders durch die Wavetables unterstrichen. Gerade die Möglichkeit per LFO die Wavetables zu modulieren gefällt mir gut, so wie es im Klangbeispiel 5 zu hören ist. Dadurch lassen sich Sounds à la DX7 im Handumdrehen erzeugen. Auch die FM-Synthese ermöglicht beachtliche Sounds, die deutlich über das Spektrum eines reinen virtuell-analogen Synthesizers hinaus gehen. Es lassen sich jeweils Oszillator 1+2 bzw. 2+3 miteinander modulieren.
An manchen Stellen bemerkt man die digitale Klangerzeugung – ganz analog ist es eben nicht, aber das ist nicht weiter schlimm. Beim Filter-Sweep mit hoher Resonanz kann man das ebenso beobachten wie beim Drive-Regler, der einen Sättigungseffekt des Filters bewirkt:
Ein paar unangenehme Störgeräusche sind mir während meiner Testphase allerdings aufgefallen. Zunächst gibt es beim Ausschalten einen ziemlich lauten Knall, der bei aufgedrehten Lautsprechern zu einem Überraschungsmoment führt – nicht auszumalen, was man einer großen PA damit antun könnte! Ich bin mir sicher, dass man so etwas heutzutage gänzlich vermeiden könnte. Ebenso rauscht der Kopfhörerausgang relativ stark und beim Zurückdrehen des Kopfhörerausgangs erklingt ein unangenehmes hohes Störsignal. Auch das muss nicht sein – deshalb gibt es an dieser Stelle einen kleinen Punktabzug.
Samples
Die neue Sample-Funktion des Sledge 2 ist natürlich ein absolutes Highlight und so habe ich mir für den Test ein paar House-Piano-Samples genommen und sie über die Software in den Sledge geladen. Das ging insgesamt relativ schnell. Leider musste ich dabei aber feststellen, dass die Samples beim Abspielen nur noch als Mono-Sample erklangen. Im Folgenden hören wir zunächst ein sehr „breites“ Stereo-Sample und anschließend das Resultat nach dem Import in den Sledge 2. Leider mindert das den Hörgenuss doch ungemein und man darf sich zurecht fragen, warum man im Jahre 2016 noch einen solchen Kompromiss eingehen muss. Ich betrachte die Sample-Funktion deshalb zwar als ein nettes Feature, jedoch ist sie eher Beiwerk als ein ausgebautes, zeitgemäßes Werkzeug. Wer möchte denn seine gut produzierten Samples oder Loops nicht in Stereo hören wollen?
Klanglich gesehen lassen sich damit in Verbindung mit den übrigen Elementen der Klangerzeugung vielseitige Experimente anstellen. Die bereits erwähnten House-Samples habe ich zum Beispiel durch das Filter geschickt, den Cutoff moduliert und einen heftigen Delay-Effekt à la Disco Boys hinzugefügt. Anschließend habe ich dann die Oszillatoren 2+3 hinzugefahren – das ist übrigens immer möglich, da nur Oszillator 1 für die Samples bereitsteht!
„Die Mittagspause ist übrigens ein guter Zeitpunkt zum Auslösen der Transmit-Funktion.“ Das klingt zunächst lustig, steht aber tatsächlich genauso im PDF-Dokument über den Sample-Importvorgang. Rückblickend muss ich allerdings sagen, dass ich doch so meine Bedenken habe, ob ich darüber wirklich lachen soll, denn schon die Übertragung von Samples mit einer Größe von lediglich etwa 5-6 MB dauert etwa eine Minute. Füllt man den 60 MB großen Speicher komplett, wird wirklich eine kleine Mittagspause daraus. Schnell mal ein Sample austauschen fällt also leider flach, zumal der Flash-Speicher bei jeder Sample-Übertragung vom Computer aus komplett überschrieben wird. Daher müssen immer alle Samples erneut auf den Speicher übertragen werden, das Hinzufügen einzelner Samples ist nicht möglich. Wirklich komfortabel ist das nicht. Sind die Samples aber einmal importiert, dann bleiben sie beim Ausschalten des Synthesizers im Flash-Speicher erhalten.
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Auto Dual Mode
Mit dem Auto Dual Mode hat Studiologic dem Sledge 2 die ersehnte Split- bzw. Layer-Funktionalität spendiert. Nach der Aktivierung des Modus lassen sich Splits und Layer-Sounds ganz einfach erstellen. Für einen Split-Sound spielt man den ersten gewünschten Sound mit einer Taste, hält die Taste gedrückt und wählt dann den zweiten Sound aus. Die gespielte Taste ist dabei der Splitpunkt, der erste Sound wird automatisch zum „Lower Part“ und oberhalb des Splitpunkts beginnt der zweite Sound. Beim Halten mehrerer Tasten wird kein Split, sondern ein Layer-Sound erstellt. Das ist genauso einfach wie effektiv. Zugegeben: Das Split- und Layer-Feature ist so simpel, dass man sich hier schon wieder etwas mehr Einstellmöglichkeiten wünscht. Beispielsweise gibt es keine Möglichkeit, die beiden Sounds in ihrer Lautstärke zueinander zu regeln. Für diesen Fall müsste man die Lautstärken beider Patches separat anpassen und speichern, damit sie anschließend auch im Split- oder Layermodus passen. Außerdem scheint immer nur einer der beiden Sounds den Hall- und Delay-Effekt benutzen zu können. Bei gelayerten Sounds hatte ich jedenfalls den Eindruck, dass die beiden Sounds teilweise hörbar ihre Effekte einbüßten.
Effekte
Im Prinzip wurden die beiden Effekt-Sektionen vom Vorgängermodell Studiologic Sledge übernommen. Beim Effekt 2 gibt es jedoch ein neues Feature: Reverb und Delay können nun auch zusammen benutzt werden. Um das zu erreichen, muss zunächst das Delay eingestellt werden. Betätigt man daraufhin den „Type“-Taster, dann wird das Reverb hinzugeschaltet. Ein Nachteil dieser Funktion ist allerdings, dass man dann nicht mehr direkt zum Delay „zurückspringen“ kann: Mit dem Type-Schalter werden erst die Effekte einzeln angeschaltet, dann beide zusammen und in letzter Instanz werden sie wieder ausgeschaltet. Ähnlich wie etwa bei Nord kommt man erst nach einer kompletten “Runde” wieder zum Delay.
Bedienungsanleitung
Im Download-Bereich warten fünf separate PDF-Dokumente auf den Benutzer: Ein Handbuch für den Sledge, ein Handbuch für die Software „Spectre“, eine Wavetable-Liste, eine Anleitung für das Erstellen von Soundbänken und noch eine Anleitung für das Organisieren der Sounds. Dabei besteht das Sledge-Handbuch aus der unveränderten Anleitung für den Sledge 1 und einem separaten Quick Guide zu den neuen Funktionen des Sledge 2. Das erscheint mir etwas unorganisiert und hat beim Schreiben des Testberichts gelegentlich zu einer wilden Suche nach dem richtigen Dokument und den passenden Informationen geführt. Das Sledge-Benutzerhandbuch gibt es (noch) nicht in deutscher Sprache, nur die kleinen Zusatzdokumente sind neben englisch, italienisch und französisch auch in deutscher Form erhältlich. Das geht sicherlich noch besser! Daneben könnten die Handbücher grundsätzlich etwas ausführlicher sein. An manchen Stellen fehlten mir klar verständliche Erklärungen, was beispielsweise die Sample-Engine und den „Auto Dual Mode“ anbelangt – ich musste manchmal erst tüfteln und ausprobieren, um es wirklich zu verstehen. Wo verstecken sich die Samples? Wird der Speicher jedes Mal überschrieben, oder kann ich nachträglich zu den bereits importierten Samples weitere Samples hinzufügen? Wo sehe ich, wieviel Speicherplatz die Samples bereits einnehmen? Erst durch diverse Experimente habe ich schlussendlich Antworten auf manche dieser Fragen gefunden. Hier sollte Studiologic definitiv noch nachbessern.