PRAXIS
Als ich das Paket des Postmanns öffnete, war ich zunächst etwas verdutzt: “Wie jetzt, so viele CDs oder was?” Aber weit gefehlt, denn es handelte sich um DVDs und bei genauerem Hinschauen entpuppte sich meine Testausgabe sogar als die Deluxe-Version. Nice! Im Detail entfallen fünf der gelieferten Silberlinge auf Drumcore, die restlichen neun (9!) auf die Deluxe-Erweiterung. Macht installiert summa summarum 30 GB an Audio-Loops und MIDI-Grooves. Die Installation nahm aufgrund häufiger Discwechsel Einiges an Zeit in Anspruch, verlief aber sehr unkompliziert. Genau wie der erste Testlauf: Dank Quick-Start-Guide weiß man sofort, was zu tun ist, und das selbsterklärende und übersichtlich gestaltete Interface tut sein Übriges. Im Browser kann zwischen zwei Ansichten gewählt werden, wobei die erste für die MIDI-Triggerung und Programmierung vorgesehen ist und die Zellen in die zwei Pages Drums und Percussions splittet. Dann sieht Drumcore aus wie die meisten Drumsampler und verhält sich auch so. Ganze Kits können auf einmal geladen werden, einzelne Zellen auch mit nur einem neuen Sample aus einem anderem Kit versehen werden. Die weiteren Einstellmöglichkeiten decken die Basics ab und bieten Pan, Volume, Pitch, Dynamik und das Ausgangsrouting; umfangreichere Modulationen wie etwa in NI Battery sind nicht vorgesehen. Wer doch nicht die Finger von eigenen Routings lassen kann, dem seien noch einmal die acht Mono- und acht Stereoausgänge ins Gedächtnis gerufen.
Die andere Ansicht ist für das Loop-Browsen gedacht und nennt sich “Grooves”. Hier stehen grundsätzlich zwei Sortierungen zur Verfügung: eine nach Drummer und eine nach Style. Dadurch finden sich zu jeder Loop die passenden Variationen, Intros, Fills und Rolls. Diese wurden in mehreren Geschwindigkeiten eingespielt – meist im Abstand von 10 BPM um eine genretypische Geschwindigkeit, sodass bei dazwischenliegenden BPM-Werten das Tempo-Stretching nicht allzu drastisch und damit fast artefaktfrei ausfällt. Selbst stärkere Tempo-Stretches klingen noch ohrenfreundlich. Erfahrungsgemäß klappt ein Time-Stretch nach oben hin aber immer besser als nach unten. Auf die Idee, einen Half-Time-Shuffle auf 250 BPM hochzuziehen, werden aber sicher wohl die wenigsten kommen.
Eine weitere feine Sache: Drag’n’Drop der Loops in einen DAW-Audiotrack. Ist der passende Loop gefunden, kann er einfach in den Host gezogen werden. Früher musste man die Files exportieren und dann wieder in der DAW importieren. Das geht jetzt schneller!
Die Loops spielen immer synchron zur Hostgeschwindigkeit und können so direkt in der DAW zum Songprojekt vorgehört werden. Ein mit „Gabrielize“ beschrifteter Button versieht die Original Grooves mit „zufälligen Variationen“, die Raum zum Experimentieren bieten, jedoch meistens nach einer schlechten Glitch-Einstellung klingen. Sei’s drum, drückt man den Knopf oft genug, passiert „irgendwann“ schon mal was Brauchbares.
Weitaus realistischer verhält sich “Live Drummer”, der die Velocity variiert und so mehr Realismus bei Rolls und Cymbal-Spielen verspricht und deshalb ein wenig mehr Dynamik ins MIDI-Spiel bringt. Ebenfalls sehr praktisch ist das MIDI-Mapping, das sich am General-MIDI-Standard orientiert. Um Drumcores Logik zu erhalten, können zum Beispiel nur in die Zellen, die auch für Kickdrums vorgesehen sind, Kicks geladen werden. Dadurch sind alle Kits mit allen MIDI-Grooves spielbar, ohne dass auf einmal die Snare im 16tel “geritten” wird.
Für dich ausgesucht
Wie bereits angesprochen, besteht einer der Hauptunterschiede zu den Platzhirschen der Rubrik “virtuelles Schlagwerk” in der fehlenden Möglichkeit, tontechnikertypische Einstellungen wie Mikrofontyp, -abstand, -mischung und Bleeding (also Übersprechen) vorzunehmen. Es stehen auch keinerlei zusätzliche interne Effekte à la Kompressor, EQ, Sättigungsstufe und Co. zur Verfügung. Die Qualität der meisten internen Effekte bei solchen Instrumenten ist ohnehin meist nur von mittlerer Qualität, sodass sich die besseren Tools eher in der DAW vorfinden. Deshalb begnügt man sich bei Drumcore mit Audioloops in durchweg hoher Stereoqualität.
Eigene Kits können im Toolkit gebaut werden, aber nur fernab von dem, was man im Allgemeinen als „intuitiv“ bezeichnen würde. Man kann bestehende Drum-Hits aus einem anderen Kit verwenden, hat aber leider keine Vorhörfunktion oder Beschreibung, sodass die Samples erst geladen werden müssen, um sie vorzuhören. Und daran habe ich auch ganz schnell das Interesse verloren …