Praxis
Stuhlprobe
Jede einzelne Sitzgelegenheit bei mir musste daran glauben, selbst die Klappstühle auf der Dachterrasse wurden probehalber vom Subpac S2 umzurrt. Es ist zwar nicht jeder Stuhl und Sessel geeignet (…wie auch, bei der Vielfalt?), aber der klassische Bürostuhl funktioniert hervorragend als Bass-Basis.
Konzeptionelle Eignung – und Probleme
Zunächst einmal hat der Subpac einiges auf der Haben-Seite. Um Bass und Tiefbass in diesem Umfang wahrnehmen zu können, gibt es wohl kaum eine preiswertere Lösung. Subs sind teuer, ein gut klingender, akustisch optimierter Raum sowieso. Doch nicht nur das Ausbleiben von Problemen mit Raummoden spricht für den Subpac, sondern auch bauakustische Aspekte: Die Emissionen des S2 sind verständlicherweise derart gering, dass man mitten in der Nacht im hellhörigen Wohngebäude das komplette Tiefbass-Paket abbekommen kann.
Deutlich unpraktisch finde ich jedoch, dass man für den Bassgenuss angelehnt bleiben muss. Das entspricht aber ganz und gar nicht meinem Habitus: Ich beuge mich vor, besonders beim Editieren, ich verändere die Hörposition, sitze kerzengerade, lehne mich zurück und fläze mich tief in den Stuhl, stehe kurz auf… mit dem S2 muss man an der Rückenlehne kleben bleiben.
Ortung: Rücken
Und selbst dann: Tiefbass lässt sich ja bekanntlich schwer, manchmal gar nicht orten, im Falle einer räumlich begrenzt auf den Körper einwirkenden Vibration ist das natürlich deutlich anders. Eine Ortung des Basses an der Lendenwirbelsäule und die weiteren Signale auf den beiden Ohren – das ist weit davon entfernt, natürlich zu wirken. Statt des bekannten und beliebten Schlages in die Magengrube haut mir die Bassdrum in den Rücken.
Dynamik eingeschränkt
Es macht natürlich Spaß, sich den Körper von der Musik massieren zu lassen, das gilt für Club-Anlagen wie für den Subpac. Im Mixdown lässt sich mit dem S2 der Tiefbassbereich freihalten. Hat ein Signal noch signifikante Energieanteile im Subbass, gibt es verzichtbare Stellen im unteren Spektrum, die man im Editing noch herausschneiden oder gaten könnte. Allerdings bin ich mit der Dynamik nicht voll zufrieden. Ob es am System selbst liegt oder daran, dass man für Vibrationen auf der Haut eine Arte Threshold besitzt, vermag ich nicht zu sagen. Ich bin mit einer guten klassischen Abhörsituation und eventuell einem FFT-Meter bislang deutlich besser klargekommen – was zugegebenermaßen sicher auch an der längeren Arbeitserfahrung liegt.
Crossover: gibt es nicht
Was mir bei der Arbeit definitiv gefehlt hat, ist ein einstellbares Crossover, welches Signalanteile für den Subpac S2 und die Kopfhörer voneinander trennt. Mir würde es vollkommen ausreichen, den S2 nur bis 30, 40 Hz laufen zu lassen und erst ab genau dieser Übergabefrequenz den Kopfhörer seine Arbeit machen zu lassen. Dass die Frequenzunterscheidung eher schwach ist, liegt größtenteils an unserem Wahrnehmungssystem, welches im untersten Frequenzband keiner hohen Auflösung bedarf. Dementsprechend hat man manchmal beim Durchspielen einer Tonleiter fast das Gefühl, der S2 kenne nur „An“ und „Aus“ statt unterschiedlicher Frequenzen, was natürlich nicht stimmt. Eine Grenzfrequenz von 5 Hz ist natürlich nicht verkehrt, allerdings wird man seine Mischung – egal welcher Musikrichtung – aus technischen und musikalischen Gründen von derart niedrigen Frequenzen freihalten. Und wenn nicht: Irgendwo in der Vervielfältigungs- und Wiedergabekette ist sowieso meist ein Hochpassfilter, und sei es nur, um Geräte vor Gleichspannung zu schützen.
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S2 ist schnell
Zugutehalten muss man dem S2, dass es ein sehr schnelles System ist, der Schub einer Bassdrum ist also ziemlich schnell zu spüren. Ich hatte nie das Gefühl, mit Ausgleichsverzögerungen des Kopfhörers arbeiten zu müssen. Bei gehaltenen Signalen, besonders Subbässen mit etwas höheren Pegeln, wirkt das Signale schnell „brummelig“ und lässt klar erkennen, dass es sich um Vibration handelt, die auf dem Festkörperweg übertragen wird, nicht um Luftschall. Zudem neigt der Subpac zum Übersteuern, was sich wie auch bei klassischen Wiedergabeketten im Generieren von Harmonischen auswirkt. Ein Test mit Sinus-Signalen hat das Auftreten höherer Schwingungen bestätigt. Allerdings haben auch Subwoofer mit dieser Problematik zu kämpfen.
HP-Amp ordentlich… aber nicht mehr
Der verbaute Kopfhörer-Verstärker macht seine Arbeit gut, aber nicht umwerfend. Im direkten Vergleich mit dem des Lavry DA-11 zeigt sich vor allem die schwächere Detailtreue. Er scheint auf dem Niveau eines ganz normalen Audio-Interfaces zu spielen. Sehr praktisch ist natürlich die Bluetooth-Funktion des S2!
Gesundheit!
Ein wichtiges Thema noch: Bei allem Spaß, den man mit dem S2 haben kann, sollte man vorsichtig sein. Als ich einmal mit etwas höheren Pegeln mit dem S2 gearbeitet habe, habe ich nach wenigen Minuten Schwindel, Unwohlsein und ein starkes Druckgefühl auf den Ohren bekommen. Das Problem beim Tiefbass ist schließlich, dass wir auch enorme Pegel zum Teil nicht als solche erkennen. Die Bogengänge des Gleichgewichtsorgans sind mit Lymphflüssigkeit gefüllt, die durch den Körperschall schnell durcheinandergewirbelt werden kann – und das Gleichgewichtsorgan ist ein Teil des Ohrs! Insofern ist der S2 eine Art Kirmesattraktion, aber sicher nicht ungefährlich, wenn man sich im Dauerbetrieb mit hohen Pegeln daran berauscht. Es ist zwar „klanglich“ und für das Arbeiten mit dem Subpac deutlich sinnvoller, die Pegel sehr gering zu halten (und das empfiehlt der Hersteller auch im Manual), doch ob dies jeder User so tun wird, wage ich zu bezweifeln. Untersuchungen zur Schädlichkeit derartiger Bass-Shaker-Systeme sind mir bislang keine bekannt. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das langfristig folgenlos ist – zur Auswirkung von Infraschall gibt es aufgrund der mittlerweile zahlreichen Windkraftwerke einige Ergebnisse.