Praxis
Röhre klingt anders
Bei diesem Mikrofon war ich natürlich sehr gespannt. Ein Röhrenmikrofon, das auf dem Markt für unter 200 EUR erhältlich ist! Kann das was sein?
Und die ersten Recordings mit dem Superlux bestätigten dann auch tatsächlich meine Meinung, dass man ein Röhrenmikrofon zu einem solchen Preis eigentlich nicht bekommen kann. So hat der Sound des CM-H8G wirklich nichts mit Röhre zu tun – das haben MXL mit dem V6 und der „emulierten“ Röhrenschaltung schon wesentlich besser hinbekommen. Bei unserem Kandidaten konnten wir jedoch nichts von den Röhren-typischen Höhen-Brillanzen, den warmen Mitten und den anderen sprichwörtlichen Eigenschaften spüren oder hören, die üblicherweise Mikrofonen dieser Gattung zugeschrieben werden.
Lassen wir aber den Glaskolben-Aspekt einmal beiseite, dann kann man sagen, dass das Superlux durchaus einen soliden Sound liefert – es ist also kein schlechtes Mikrofon. Die Mitten wirken in sich ein wenig unausgewogen, sodass es teilweise schwerfällt, feine Nuancen nachzuvollziehen.
Matte Höhen, neutrale Bässe
Bei männlichen Stimmen, die von Natur aus etwas weniger Höhen mit sich bringen, klingt das Signal im oberen Frequenzbereich leicht matt, ähnlich dem AKG Perception 200. Bei unseren Recordings mit der Sängerin machte sich dieser Aspekt deutlich weniger bemerkbar. Im Bassbereich klingt das Mikro sehr neutral und offen, keine Spur von „Mulm und Matsch“. Die Möglichkeit der Richtcharakteristik-Umschaltung ist zwar sehr komfortabel und funktioniert auch, es ist nur fraglich, ob man diese Vielzahl an Möglichkeiten tatsächlich benötigt, zumindest nicht bei Vocal-Recordings. Sei´s drum, das Superlux bietet nun mal neun verschiedene Richtcharakteristiken und die Unterschiede zwischen Kugel mit viel Raumanteil, sehr gerichteter Niere und Acht mit seitlicher Ausblendung sind auch deutlich. Im Gegensatz dazu bieten die sechs Zwischenpositionen keine großartigen Klangveränderungen. Auch in Sachen Dynamik verhält sich das Superlux eher wie ein Transistor-Modell, denn es bleibt auch bei hohen Pegeln angenehm offen und klar, fügt aber eben keinen Röhrensättigungs-Aspekt hinzu.
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Hinweis zu den Audiofiles:
Die Aufnahmen wurden im Tonstudio unter professionellen Bedingungen durchgeführt. Um die Eigenschaften genau erkennen zu können, solltest du mit hochwertigen Kopfhörern oder über ein gutes Lautsprechersystem abhören. Das Referenzmikrofon ist ein Neumann TLM-127 bei den weiblichen Vocals und ein Neumann TLM-103 bei den männlichen Vocals – beide Neumann-Mikrofone sind für ihre hohe Qualität und ihren unaufdringlichen Charakter bekannt.