Superlux ECM-999: Ein Messmikrofon ist ein nützliches Tool im Werkzeugkasten eines Studios. Wer nachhaltig und präzise an seiner Raumakustik arbeiten will, kommt daran auf die Dauer nicht vorbei. Aber wer will schon gern viel Geld hinblättern für ein Gerät, das man vielleicht einmal im Jahr benutzt und welches sonst im Schrank wohnt?
Genau hier kommt das äußerst günstige Superlux ECM-999 ins Spiel. Zu einem äußerst annehmbaren Preis verspricht es Messungen wie die Profigeräte. Aber kann man hier wirklich guten Gewissens sparen?
Obwohl sie im Prinzip alle das gleiche Ziel haben, gibt es Messmikrofone in verschiedenen Variationen und Preisklassen. Von unter 50 Euro geht es im Musik-Bereich hoch bis zu den Profimikrofonen von Earthworks und NTI, die beinahe an der 1000-Euro-Marke kratzen. Bei Anwendungen in Industrie und Wissenschaft geht es dann in Sachen Präzision und Preis nochmal eine Stufe höher. Brüel & Kjær ist hier als renommierter Hersteller zu nennen. Die Mikrofone der Dänen sind in aller Regel für deutlich über 1000 Euro zu erstehen. Es gibt auch Systemlösungen aus Software und Mikrofon wie etwa das Sonarworks Reference Bundle. Normalerweise kauft man jedoch nur das Mikrofon und sucht sich selbst eine Software aus. Für den Anfang ist der kostenlose Room EQ Wizard zu empfehlen.
Details & Praxis
Merkmale und Besonderheiten
Das Superlux ECM-999 vermittelt direkt einen handfesten Eindruck. Das Mikrofon wird im gepolsterten Kunststoffkoffer geliefert, der das Mikrofon und die passende Klemme beherbergen und beim Transport schützen kann. Ein kleiner Windschutz aus Schaumstoff liegt ebenfalls bei. Das ECM-999 selbst ist in einem Metallgehäuse ohne Schwachstellen untergebracht. Schalter oder LEDs gibt es ebenso wenig wie Mängel in der Verarbeitung. Vom hinteren Ende aus gesehen verjüngt sich das Mikrofon vom Durchmesser der XLR-Buchse auf den Durchmesser der Mikrofonkapsel. Diese ist eine 1/4-Zoll Kondensatorkapsel mit Kugelcharakteristik. Äußerlich und preislich stimmt das Superlux ECM-999 beinahe exakt mit dem Behringer ECM-8000 und dem t.bone MM-1 überein, was wohl kein Zufall sein dürfte.
Setup
Das Aufstellen des Superlux ECM-999 geht recht einfach von der Hand. Die mitgelieferte Mikrofonklemme greift ordentlich zu und mit einem Mikrofonständer platziere ich es an die Abhörposition in einem akustisch eher wenig behandelten Raum. Per XLR-Kabel wird das Messmikrofon mit einem Audiointerface verbunden und mit 48V-Phantomspeisung versorgt. Das Datenblatt versichert, dass das Mikrofon mit Spannungen zwischen 9 und 52V arbeiten kann. Misst man nun mit einer geeigneten Software (Room EQ Wizard in meinem Fall) den Raum lassen sich verschiedene Aspekte der Raumakustik in Erfahrung bringen. Nachhallzeiten über den gesamten Frequenzbereich, den generellen Frequenzverlauf des Raumes und der Lautsprecher und viele andere Dinge können von Interesse sein. Ein Konfigurationsfile vom Hersteller, mit dem sich die Software auf den Frequenzverlauf des Mikrofons einstellen kann, gibt es übrigens nicht. Das ist in dieser Preisklasse allerdings auch nicht besonders verwunderlich, da die Streuung in der Herstellung und damit die Abweichung von der Konfiguration zu groß sein dürfte.
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Klang
Bei einem Messmikrofon von Klang zu sprechen ist natürlich etwas irreführend, denn es soll ja gerade nicht klingen, sondern so ungefärbt wie möglich aufzeichnen. Wo ein Großmembraner zum Beispiel eine ästhetische Färbung mitbringen soll, um einer Stimme zu schmeicheln, soll sich das Messmikrofon so neutral wie möglich verhalten. Und da macht das ECM-999 einen guten Job. Durch seine Bauweise als Schalldruckempfänger tritt kein Nahbesörechungseffekt auf und die Kugelcharakteristik ist über den Frequenzbereich recht stabil. Das Datenblatt verspricht im Frequenzbereich von 20 bis 20000 Hz Abweichungen von höchstens 2 dB. Das ist für den Anfang absolut in Ordnung. Geht es jedoch um professionellere Anwendungen sollte man wissen, dass teurere Mikrofone vor allem hier engere Toleranzen bieten (Richtwert +/- 0,5 dB) . Einige Nutzerberichte sprechen von Abweichungen einzelner Mikrofone im Höhenbereich >8 kHz. Hierbei muss man sich jedoch vor Augen führen, dass man bei der Akustikoptimierung vor allem mit den Bässen und Tiefmitten zu tun haben wird, denn hier befinden sich Raummoden, die im Betrieb ordentlich stören können. Der Rauschabstand oder Signal-to-Noise-Ratio wird mit “über 70 dB” angegeben, was weder präzise noch vielversprechend ist. Allerdings sieht der Anwendungsbereich bei Messmikrofonen eher weniger das Aufnehmen extrem leiser Quellen vor. Das ist die Domäne von Instrumenten und Gesangsmikrofonen, sodass hier der Rauschabstand eine eher untergeordnete Rolle spielt. Insgesamt ist das Superlux ECM-999 als Messmikrofon für Einsteiger durchaus brauchbar. Mir hat es geholfen, einige Raummoden aufzudecken und die Aufstellung einiger Absorber nachzujustieren.
Fazit
Das XLR-Messmikrofon Superlux ECM-999 ist sicher kein hochpräzises Werkzeug. Aber für einen äußerst fairen Preis bietet es sehr gute Verarbeitung und liefert brauchbare Messergebnisse, um erste akustische Optimierungen im eigenen Studio vorzunehmen.
- Preis-Leistungsverhältnis
- Verarbeitung
- Lieferumfang
- –
- 1/4-Zoll Messmikrofon
- Übertragungsbereich 20-20.000 Hz mit +/- 2 dB
- 9-52V Phantomspeisung
- Rauschabstand 70 dB
- Max. Schalldruckpegel 132 dB
- Kugelcharakteristik
- inkl. Koffer, Klemme und Windschutz
- Preis: € 34,– (Straßenpreise am 20.10.2020)
oboe sagt:
#1 - 20.10.2020 um 19:19 Uhr
sorry, muss mal klugscheißen: laut Manual hat das ECM999 eine 1/4'' Kapsel: bei dem schlechten Rauschverhalten halte ich diesen Wert für wahrscheinlicher, als die angegebene 1/2'' Kapsel?
Nick (Redaktion Recording) sagt:
#1.1 - 21.10.2020 um 05:57 Uhr
Hallo Oboe,da hast Du vollkommen Recht: Sowohl, was die Kapselgröße angeht (die ist bei den meisten MM tatsächlich 1/4", 1/2" ist ja "normale Kleinmembran") als auch, was den Zusammenhang mit dem Rauschen angeht.Danke für's Merken und Melden,
Nick Mavridis (Redaktion Recording)
Antwort auf #1 von oboe
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