Praxis
Nach dem Einschalten wechselt die Hintergrundbeleuchtung der VU-Meter zunächst einmal nach rot und signalisiert damit, dass die Röhre aufheizt. Nach einigen Sekunden ist dann die Betriebstemperatur erreicht und man kann mit der Arbeit am Mischer beginnen. Aber was heißt schon Arbeit, wenn man so ein „Traumschiff“ von einem Mixer vor sich hat. Zunächst gilt es, mit dem gerasterten Eingangswahlschalter, die gewünschte Quelle zu wählen.
Dreiband-Equalizer pro Kanal
Und auch hier setzen Superstereo auf echten Vintage-Charme. Denn es kommt die klassische Baxandall-Schaltung zum Einsatz. Jenem, schon in den 1950er Jahren von Peter Baxandall entwickelten Filterdesign, das über Jahrzehnte der Standard in jedem Hi-Fi-Verstärker war. Es zeichnet sich durch eine sehr flache Flanke und eine dynamische Grenzfrequenz aus, was im Ergebnis zu einem sehr weichen und musikalischen Regelverhalten führt. Das trifft auch im Fall des DN78 zu.
Tatsächlich ist es zunächst einmal ungewohnt, wie „breit“ ein einzelnes Band (besonders der Bass) in das gesamte Frequenzspektrum eingreift. Man ist da von neuzeitlichen, sehr steilflankigen EQs einfach anders konditioniert. Harte „Bass raus-Bass-rein-Effekte“ sind nicht unbedingt seine Stärke, da beim Rausdrehen des Basses die Gesamtlautheit schon stark in den Keller geht. Doch nach kurzer Zeit gewöhnt man sich daran und arbeitet eher linear und organisch, beziehungsweise kurbelt ein Stück weit feinfühliger am EQ-Rad.
Sanftes Agieren ist auch deshalb klug, weil man mit den Bändern – insbesondere dem Bass – mächtige Stromreserven befehligt (Bass +/-15 dB, Mitten und Höhen +/-12 dB). Dennoch hätte ich mir im Grunde eine Kill-Funktion auch auf der Kanalebene (wie beispielsweise beim Rane MP 2015) und nicht nur in der Summe gewünscht. Aber das ist natürlich auch eine Frage des persönlichen Mixing-Stils.
Master-Equalizer
Mit acht Dezibel Boost (Cut: unendlich) agieren die Bänder des Master-EQs etwas milder. Das ist sinnvoll, geht es hier bei der Anhebung eher darum, die Summe ein bisschen knackiger zu machen und beim Cut, Peaktime-Momente zu erzeugen. Eine Besonderheit ist das im Bereich von 300 bis 1.500 Herz durchstimmbare Mittenband. Mit seinem sehr sanften Q-Faktor ist es ebenso geeignet, der Saal-PA bei „Nöligkeit“ in den Tiefmitten, wie auch „Stressigkeit“ in den hohen Mitten zu begegnen. Dreht man den Frequenzregler ganz nach links, deaktiviert das den Master-EQ komplett.
Drumherum
Anschluss- und regeltechnisch bleiben beim DN78 wenig Wünsche offen: Das Cue-Signal kann stufenlos zwischen Master überblendet werden, getrennte Regler für FX-Send/Return helfen eine externe (Stereo-) Effektschleife zu befehligen, die Potis für Kopfhörer- und Booth-Lautstärke sind sehr gut platziert und auch der Mikrofoneinang überzeugt mit ordentlichem Klang und mächtig Pegelreserven. Sehr gut gefallen hat mir das Vorhandensein eines zusätzliche Record-Outs im Miniklinken-Format. Es ist mir völlig unverständlich, dass manche Mixer diese Option nicht bieten, obwohl der Mitschnitt des DJ-Sets heutzutage eigentlich eine Standard-Anwendung ist. Ergonomisch nicht ganz so schön ist die Platzierung des Potis für den Mikro-Gain an der Rückseite. Falls man den Mischer fest verbaut hat, dürfte es ganz schön fummelig sein, da ranzukommen.
Klang
Der Sound des DN78 ist wirklich ausgezeichnet: Kraftvoll, rund und – fährt man ihn in die Übersteuerung – mit einer schönen, trocken-bröseligen Zerre. Das funktioniert besonders gut in Verbindung mit dem integrierten Vierkanal-DA-Interface. Tatsächlich klang das vom DN78 ausgespielte Signal eines iPads im Direktvergleich mit dem integrierten Line-Ausgang um einiges lebendiger und druckvoller. Wer einen DN78 sein Eigen nennt, darf ihn also ruhig auch zum Summieren von Signalen aus der DAW nutzen. Dass der Klang so einen Spaß macht, liegt aber auch an den Lautstärkereserven – beginnend beim Input-Gain, über die Kanal-EQs bis hin zur Kopfhörer- und Master-Out-Verstärkung: So lässt sich – egal welchen Zuspieler und welche Medien man auch verwendet – ein konsistenter Pegel halten.
Wo ich mich im vorherigen Absatz so positiv über den Klang geäußert habe, gilt es auf der anderen Seite auch einige Nachteile des Röhrenkonzepts zu beleuchten. Vornehmlich ist das die Betriebsdauer. Denn es hatte ja seinen Grund, warum die Industrie im letzten Jahrhundert auf breiter Front zum Transistor gewechselt ist: Er hält einfach länger – auch und gerade, wenn man ihn stark belastet. Superstereo geben die Lebensdauer der Röhre mit 8.000 bis 12.000 Stunden an. Eine Ersatzröhre schlägt mit gut 10,- Euro zu buche. Das ist entsprechend weniger ein preisliches Problem, sondern mehr ein organisatorisches. Wer den DN78 zum Einsatz bringt, sollte also einfach darauf achten, Ersatz in Reserve zu haben. Der Austausch selbst ist zwar etwas fummelig, da insgesamt neun Schrauben gelöst werden müssen, stellt aber ansonsten keine größeren Anforderungen an die motorischen Fähigkeiten.
Ein zweiter Punkt ist das minimalistische Konzept ohne Kanalfilter (Low/Highpass) und die robuste Klanglichkeit der EQs: Es braucht schon ein bisschen „Einspielen“, um mit ihnen den richtigen musikalischen „Flow“ zu finden. In Festinstallationen sehe ich den Mischer also eher unter der Prämisse, dass er etwas Besonderes ist und weniger als universellen Mixer, mit dem jeder DJ dieses Planeten gut zurechtkommt. Hierzu ein anschaulicher Testmix:
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