LFOs
Neben den Hüllkurven haben fast alle Synthesizer noch eine weitere Möglichkeit, den Klängen Leben einzuhauchen. Mindestens einen LFO hat so gut wie jeder Synth an Bord, bei besser ausgestatteten Geräten sind es schon mal drei oder vier. Ein LFO (Low Frequency Oscillator, bei manchen Synths z.B. auch Mod Osc o.ä.) ist ein vergleichsweise langsam schwingender Oszillator. Seine Frequenz (Rate) liegt in der Regel unterhalb des hörbaren Bereichs, der bei etwa 20 Hz beginnt. Es gibt aber auch LFOs, deren Frequenzbereich deutlich in die hörbaren Sphären hinein reicht, was zu sehr interessanten Klängen führen kann.
Anders als die VCOs dient der LFO nicht dazu, Klänge zu erzeugen. Stattdessen kann man ihn – ähnlich wie die Envelopes – nutzen, um verschiedene Parameter des Synths zu modulieren. Im Gegensatz zu den Hüllkurven bietet der LFO die Möglichkeit einer zyklischen, also wiederkehrenden Modulation. Wird der LFO zum Beispiel eingesetzt, um die Tonhöhe zu verändern, erhält man einen Vibrato-Effekt. Mit einem LFO, der die Lautstärke moduliert, lässt sich ein Tremolo erzeugen. Und auch der Filter-Cutoff kann bei den allermeisten Synths vom LFO beeinflusst werden. Je nachdem, wie flexibel die Modulationsmatrix des Synths aufgebaut ist, kann es auch möglich sein, noch ganz andere Dinge per LFO zu modulieren, wie beispielsweise die Pulsbreite. Hier sind die Möglichkeiten je nach Gerät sehr verschieden.
So hört es sich an, wenn die Tonhöhe, das Filter oder die Lautstärke per LFO moduliert werden. Die LFO-Depth (Modulationstiefe) wird jeweils langsam erhöht.
Auch die LFOs selbst sind von Gerät zu Gerät unterschiedlich ausgestattet. Das beginnt bei den verfügbaren Wellenformen. Während die LFOs vieler Synthesizer nur ein paar Standard-Wellenformen wie Sinus, Dreieck oder Rechteck bieten, gibt es auch Geräte, deren LFOs etliche verschiedene Schwingungen erzeugen können. Oftmals ist auch eine zufällig erzeugte Schwingung dabei (Random). Bei vielen Synthesizern lässt sich mit einem Delay-Parameter eine Einsatzverzögerung des LFOs einstellen. Auch kann man meist wählen, ob der LFO frei laufen oder bei jeder Note neu getriggert werden soll (Retrigger, Key Sync o.ä.). Moderne Hardware- und Software-Synthesizer ermöglichen es häufig, die Frequenz des LFOs zu einem MIDI-Clock-Signal zu synchronisieren, was temposynchrone Modulationen erlaubt.
Modulationsmatrix
Bei den oft kleiderschrankgroßen analogen Modularsystemen wird nicht nur der Audio-Signalfluss von einem Baustein des Synths zum nächsten per Patchkabel realisiert, sondern auch die Verteilung von Steuerspannungen. Somit ist es möglich, sehr frei zu bestimmen, was innerhalb des Synths von wo aus gesteuert werden soll. Bei kompakten Synthesizern sind viele Modulationsroutings fest verdrahtet, wodurch die Möglichkeiten unflexibler sind. Schon in der Analogära gab es aber auch Mischformen wie den Korg MS20, bei dem man die fest verbundenen Routings per Patchkabel “überschreiben” konnte.
Noch heute führt uns die Frage “Was kann ich womit steuern?” zu einem der wesentlichsten Unterschiede zwischen verschiedenen Synthesizern. Einfache Geräte bieten nur wenige, voreingestellte Modulationsmöglichkeiten, während andere sehr flexible Verschaltungen ermöglichen. Viele heutige Synths haben zu diesem Zweck eine sogenannte Modulationsmatrix, die eine mehr oder weniger freie Verknüpfung von Modulationsquellen (Envelopes, LFOs, Modulationsrad, Expressionpedal, Aftertouch etc.) mit Modulationszielen (Pitch, Amp, Cutoff und je nach Synth diverse andere Parameter) erlaubt. Auch der Tyrell bietet eine recht gut ausgestattete Modulationsmatrix, mit der man alle wesentlichen Parameter des Synths von vielen Quellen aus steuern kann.
Wie die Matrix im Einzelnen aufgebaut ist, ist von Instrument zu Instrument verschieden. Einige Synths haben eine gesonderte Matrix-Sektion, innerhalb derer alle Modulationseinstellungen gebündelt vorgenommen werden. Üblicher ist jedoch, dass direkt bei einem steuerbaren Parameter ausgewählt wird, welche Modulationsquelle wie stark zum Einsatz kommen soll. Beim Tyrell haben wir es mit einer Mischform zu tun: Bei Parametern wie Filter-Cutoff, Oszillator-Tuning, Pulsbreite, LFO-Rate und -Depth lassen sich Modulationen direkt definieren. Zusätzlich steht eine Matrix mit zwei Slots zur Verfügung, über die man weitere Modulationen realisieren kann.
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Zum Schluss
Wenn ihr bis hierher durchgehalten habt, solltet ihr jetzt ein solides Grundverständnis der einzelnen Bausteine eines typischen Synthesizers haben. In den Praxis-Folgen dieses Workshops könnt ihr nun selbst Hand anlegen.
Natürlich gibt es Instrumente mit noch wesentlich komplexeren Möglichkeiten, die hier den Rahmen sprengen würden. Zum Glück geht die Entwicklung ja immer weiter. Zum Beispiel bieten einige Synthesizer spezielle Filtertypen wie Kamm- oder Formantfilter oder sind mit Ring- oder Crossmodulatoren ausgestattet. Die Hersteller haben sich im Laufe der Jahrzehnte allerhand einfallen lassen, um aus den simplen Wellenformen komplexe Klanggebilde herauszuholen. Viele dieser Features sind aber nicht sehr verbreitet und auf wenige, spezielle Geräte beschränkt, weswegen ich sie hier weglasse. Schließlich wollen wir uns auch nicht zu lange mit der Theorie aufhalten, sondern hauptsächlich Sounds programmieren! Wenn ihr nicht gerade vor einem analogen Modularsystem sitzt, könnt ihr beim Ausprobieren auch nichts kaputt machen – also: Ran an die Knöpfe!
gaswerk-music sagt:
#1 - 09.02.2013 um 21:20 Uhr
Sehr gut geschrieben und auch optisch bzw. akustisch ansprechend gestaltet.
Bin zwar kein "Neuling" mehr. Zur Auffrischung da und dort, schadet es nicht, alles zu lesen und Einiges davon neben dem Tyrell auch an interessanten Plug-ins wie dem Synth1, dem Sonigen Modular oder dem Blaukraut Charlatan zu exerzieren.
wontus sagt:
#1.1 - 02.12.2017 um 01:11 Uhr
Hast Du jemals einen KORG gespielt?
Egal welchen, wirst Du nie im Leben vergessen!
Es sei denn, du hast einmal eine Kirchenorrgel probiert!!
Antwort auf #1 von gaswerk-music
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