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Tascam DR-44WL Test

Praxis

Intuitive Bedienung mit ein bisschen Kurbelei

Wenn man den Power-Schalter des DR-44 betätigt, wartet der Recorder zunächst gut drei Sekunden ab, bevor das System hochgefahren wird, um versehentliches Einschalten zu vermeiden. Das macht natürlich Sinn, doch wenn diese Verzögerung bei nur zwei Sekunden liegen würde, hätte das auch nicht geschadet. Sobald das Display einmal leuchtet, wird man im Gegenzug mit einem zügigen Systemstart entschädigt: Nach insgesamt gut fünf Sekunden ist der Recorder an. Ab diesem Punkt ist erfreulicherweise kein weiteres Navigieren durch das Menü erforderlich, um eine Aufnahme zu starten. Man drückt ganz einfach die Record-Taste und versetzt den DR-44WL damit in Bereitschaft, wählt darauf gegebenenfalls über die kleinen Track/Input-Taster unter dem Display die Eingangskanäle aus und startet die Aufnahme über einen weiteren Druck auf die Record-Taste.

In der Aufnahme-Bereitschaft wird gepegelt... oder besser gesagt „gekurbelt“.
In der Aufnahme-Bereitschaft wird gepegelt… oder besser gesagt „gekurbelt“.

Um das Anpassen des Eingangspegels kümmert man sich am besten ebenfalls im Bereitschafts-Modus, denn auch wenn Pegelveränderungen jederzeit über einen Druck auf den Input-Level-Taster möglich sind, liegt nur in diesem Fall ein Audio-Signal an. Um festzulegen, welche Eingangskanäle von dem seitlichen Input-Regler betroffen werden, drückt man erneut auf die Track/Input-Taster unter dem Display und kurbelt am Input-Regler. Das Wort „Kurbeln“ ist hier übrigens vorsätzlich gewählt, denn wenn größere Pegelveränderungen anstehen, muss man wegen seiner geringen Empfindlichkeit eine ganze Weile an dem kleinen Rädchen drehen. Eine Art Shift-Taste, mit der man größere Veränderungen schneller umsetzen könnte, wäre da sicher nicht verkehrt gewesen. Zumindest ist zu geringe Empfindlichkeit aber noch besser als zu hohe Empfindlichkeit, und die Möglichkeit, den Eingangspegel sorgfältig anzupassen, ist allenfalls gegeben.
Sollten während der Aufnahme unerwartet hohe Lautstärken entstehen, so schützt ein für jeden Eingangskanal separat schaltbarer Limiter vor digitalem Clipping. Alternativ lässt sich auch eine automatische Preak-Reduction verwenden, die das Eingangssignal bei zu hohem Pegel absenkt. Da solche Schwankungen während einer Aufnahme in den meisten Fällen jedoch eher unerwünscht sind, empfiehlt sich natürlich eine behutsame Anpassung von Hand. Eine Art doppelten Boden bildet dabei die Dual-Recording-Funktion, die eine Datei parallel noch in einer um 12 dB abgesenkten Variante aufzeichnet. Wer dieses Feature aktiviert, muss sich schon bemühen, um Probleme mit Übersteuerungen zu bekommen! Weiterhin ist für jeden Kanal ein Low-Cut-Filter vorhanden, das wahlweise bei 40, 80, 120 oder sehr hoch angesetzten 220 Hz zugreift, um eventuelle Störgeräusche im Bassbereich abzusenken. Im Menü lässt sich all dies recht komfortabel und ohne kompliziertes Navigieren umsetzen. 
Wirklich außergewöhnlich für solche Recorder ist zudem eine Funktion, über die sich einzelne Tracks in Schritten von jeweils einer Millisekunde um bis zu 300 Millisekunden verzögern lassen. Der Sinn dahinter ist, Laufzeitunterschiede beim Verwenden von externen Mikrofonen auszugleichen, und dementsprechend gibt es im Menü neben der Angabe in Millisekunden auch eine passende Angabe in Metern. Wenn man noch nicht zu den Großmeistern der Tontechnik gehört, ist aber davon abzuraten, solche Einstellungen schon während der Aufnahme vorzunehmen. Wenn es denn nötig sein sollte, Laufzeitunterschiede zu korrigieren, so macht man das in der Regel im Nachhinein und nondestruktiv am Rechner.

Sehr schön breit, doch etwas dünn – Der Klang der internen Mikrofone

Die internen Mikrofone des DR-44 bilden den Raum sehr schön detailliert und angenehm breit ab, ohne dabei zu übermäßigen Färbungen oder Resonanzen zu neigen. Der wohl insgesamt größte Kritikpunkt an unserem Testkandidaten ist aber, dass der Bassbereich ein wenig unterrepräsentiert daherkommt. Es wirkt, als würde bereits ein Low-Cut-Filter zugreifen und tiefe Mitten und Bässe deutlich absenken. Ein etwas harscher Anteil in den hohen Mitten bzw. Höhen tritt dadurch noch deutlicher hervor. Die Gefahr, dass eine Aufnahme in irgendeiner Form „matschig“ klingt, wird folglich zwar weitestgehend eliminiert, die Energie in den tieferen Frequenzbereichen geht aber natürlich ein Stück weit verloren. 

Die Mikros des DR-44 bilden den Aufnahmeraum sehr schön ab, präsentieren sich im Bassbereich aber sehr schlank.
Die Mikros des DR-44 bilden den Aufnahmeraum sehr schön ab, präsentieren sich im Bassbereich aber sehr schlank.

Im Fall der Schlagzeugaufnahme mit externen Mikros an Bassdrum (AKG D-112) und Snare (Shure SM57) ist das locker zu verschmerzen, die Aufnahmen ohne Stützmikrofone wirken dagegen wirklich ein wenig dünn. Ähnlich wie bei den wackeligen Bedienelementen gilt hier aber, dass es bei weitem noch schlimmer sein könnte. Bei den XY-Mikrofonen des Zoom H6 ist eine vergleichbare Eigenschaft beispielsweise noch in weit ausgeprägterer Form als bei den Schallwandlern unseres Testkandidaten vorhanden. Wir üben hier also definitiv noch Kritik auf hohem Niveau.

Audio Samples
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Gitarre und Vocals Drums (interne Mikros) Drums (Mix) Atmo

Steuerung über WLAN

Ja, es stimmt, der DR-44WL lässt sich über WLAN von einem Smartphone oder Tablet aus steuern, und das funktioniert sogar richtig gut! Dazu wird eine kleine App namens DR Control benötigt, die auf aktuellen Android oder iOS Systemen läuft und kostenlos aus den entsprechenden Online-Stores heruntergeladen werden kann. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die DR Control App auf einem Android-Handy.

Die Kommunikation zwischen dem Handheld-Recorder und dem zur Fernsteuerung auserkorenen Gerät läuft über einen internen WLAN-Hotspot, der sich reibungslos einrichten lässt. Bei bestehender Verbindung erkennt die App den Recorder ohne Probleme, und wenn es beispielsweise darum geht, ein Konzert der eigenen Band mitzuschneiden, ist man dadurch wahrlich im siebten Himmel. Kein hastiges Hin und Her mehr zwischen der Bühne und dem in der Regel nicht gerade zugänglich aufgestellten Recorder! Das Einpegeln funktioniert ebenso bequem wie das Starten und Stoppen einer Aufnahme, und auch Zugriff auf das komplette Menü ist möglich. Sogar Streaming der aufgenommenen Titel und Datenübertragung direkt aufs Handy ist möglich. Da hat sich Tascam wirklich etwas Feines einfallen lassen. Umso befremdlicher wirkt es, dass die standardmäßig vergebenen Tracktitel in der App zumindest unter Android mit japanischen Schriftzeichen dargestellt werden. Auch nach längerem Experimentieren ließ sich dies leider nicht umstellen. Das ist wirklich verwunderlich, bis zum nächsten Update kann man aber wohl behelfsmäßig damit leben. 

Weitere Funktionen

Wie die meisten seiner Artgenossen hat der Tascam DR-44 ein Stimmgerät und ein Metronom an Bord. Weiterhin gibt es einen Multitrack-Modus, mit dem beinahe das alte Portastudio-Feeling aufkommt. Allerdings nur beinahe. Im Grunde liegt der einzige Unterschied zum normalen Aufnahme-Modus darin, dass die verschiedenen Eingangskanäle im Sinne von Overdubs zu bestehenden Tracks aufgenommen werden können. So lässt sich beispielsweise eine Schlagzeug-Aufnahme, die mit den internen Mikrofonen gemacht wurde, im Nachhinein auch noch mit einer jeweiligen Bass- und Gesangs-Aufnahme über die externen Eingänge anreichern. Nicht möglich ist es dagegen, mehrere Overdub-Aufnahmen über die gleichen Eingänge zu machen, und das verschafft dem Projekt der Ein-Mann-Band natürlich einen kleinen Dämpfer. Wer ernsthaftes Multitrack-Recording betreiben will, macht das aber wohl ohnehin besser mit einer DAW.
Eine Pre-Record-Funktion, bei der auch noch die letzten zwei Sekunden vor dem Start der Aufnahme eingefangen werden gibt es genauso wie einen Timer, der vor dem Start der Aufnahme einen Countdown abfährt. Ob der ebenfalls vorhandene Hall-Effekt denn wirklich nötig gewesen wäre, ist dagegen fraglich — vor allem da er immer in eine Aufnahme mit eingerechnet wird und somit im Nachhinein nicht mehr entfernt werden kann. Für mobile Einsätze wäre ein Hall aber ohnehin nicht im oberen Bereich meiner persönlichen Wunschliste. Eine Nebenfunktion als kleines Audio-Interface, wie sie mittlerweile von mehreren vergleichbaren Konkurrenten geboten wird, wäre wohl für viele Anwender hilfreicher gewesen.

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