Die Taylor Grand Symphony Mini-e RW kommt dann ins Spiel, wenn es um die schönste Zeit im Jahr geht, den Urlaub. In der Regel sind Musiker generell nicht geneigt, ihr allerbestes Instrument den Strapazen einer anstrengenden Reise auszusetzen. Denn extreme und schwankende Witterungsverhältnisse können dem Instrument arg zusetzen, sieht man einmal von den Macken ab, die sich ein Gebrauchsgegenstand wie eine Gitarre an unsicheren Orten abholen kann.
Seit geraumer Zeit springen sogenannte Traveller-Gitarren in die Bresche, die preisgünstiger, kleiner und leichter als herkömmliche Gitarren sind und vor allem dem Zweck dienen, für gute Unterhaltung am Urlaubsort und auf der Reise zu sorgen. Der Markt bietet mit Klappgitarren, Ukulele-Gitarren oder zerlegbaren Instrumenten unterschiedliche Optionen. Allerdings setzt ein Backpacker andere Schwerpunkte als ein Flugreisender, wobei der Musiker in der Regel auch hohe Ansprüche an den Klang, die Optik und Verarbeitung stellt. Auf diesen fahrenden Zug ist auch der amerikanische Hersteller Taylor Guitars aufgesprungen.
Unsere aktuelle Testkandidatin, die Taylor GS Mini, kann sich praktisch überall Gehör verschaffen, auch ohne Amp und Kopfhörer, weil sie wie herkömmliche Vollakustikgitarren aus echtem Holz gefertigt wurde. Darüber hinaus punktet sie aber auch mit einem leistungsfähigen Pickup und könnte so auch an einem Amp aufhorchen lassen. Wir haben die reiselustige GS Mini zum Survival-Training zu uns ins bonedo-Studio eingeladen und sind zu erstaunlichen Erkenntnissen gelangt.
Details
Taylor präsentiert die GS Mini mit dem Korpus der Grand Symphony, einem Design, das Luthier Bob Taylor höchstpersönlich im Jahr 2006 entworfen hat. Pate stand dabei wohl die berühmte Grand Auditorium der Firma Martin, die Taylor leicht modifizierte und ihr, wie er meinte, einen “Turbo Booster” implantierte. Allerdings wurde der Korpus unserer GS um rund 12 % verkleinert und nimmt damit weniger Stauraum in Beschlag als ihre ausgewachsene Schwester. An der breitesten Stelle am Unterbug werden nur noch 36,5 cm (statt 41,3 cm) gemessen. Auch die Zargen der GS Mini mussten im gleichen Verhältnis abspecken. Mit diesen Größenverhältnissen kann im Übrigen auch der Nachwuchs ganz gut leben. Der Body ist allerdings immer noch größer dimensioniert als der einer handelsüblichen Dreiviertelgitarre. Ob mit dem verminderten Luftvolumen noch ein satter Sound produziert werden kann, lassen wir noch offen.
Korpus
Nicht nur auf ersten Blick macht die GS Mini einen wertigen Eindruck und mit den verbauten hochwertigen Hölzern müssen auch im Urlaub die nötigsten Schutzmaßnahmen (z.B. vor Sonneneinstrahlung) getroffen werden. Die helle Decke aus dem Holz der Sitkafichte “gebookmatched” dunkelt unter Lichteinfluss nach und nimmt im Verlauf der Zeit einen honiggelben Farbton an. Die engeren Jahresringe wurden zur Mitte hin verleimt. Die Decke schützt ein aufgeklebter Deckenschoner aus Tortoise, während das Schallloch von einer hölzernen Verzierung umrundet wird und dabei mit Normaldurchmesser (= 10 cm) verhältnismäßig groß wirkt. Den Deckenrand säumt ein schlichter schwarz-weißer Herringbone-Streifen. Ansonsten kommt das Instrument auch ohne Intarsien aus.
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Der konturierte aufgeleimte Saitenhalter (ebenfalls verkleinert) mit dem typischen Taylor-Design ist aus feinem Ebenholz geschnitzt. Die Saiten werden konventionell mit den Ball-Ends und schwarzen Pins am Unterbauch arretiert. Eine weiße Micarta-Stegeinlage mit einer Nase für die B-Saite liegt schräg in der Fräsung und kompensiert die unterschiedliche Saitensteifigkeit. Micarta ist ein Faser-Kunststoff-Verbund, der mit Phenolharz getränkt wird. Das Material kann leicht bearbeitet und eingefärbt werden; überdies besitzt es eine gleichmäßige Dichte in einer Qualität, die man bei natürlichen Stoffen bislang vermisste. Unterschiede, die die Übertragung an weicheren Stellen negativ beeinflussen könnten, soll es deshalb auch nicht geben. Weniger Einfluss auf den Ton nehmen Boden und Zargen, die aus laminiertem Palisander bestehen. Die Stoßkanten am Boden und an der Decke werden rundherum mit einer Einfassung aus cremefarbenem Binding geschützt. Die gesamte Oberfläche ist fehlerfrei seidenmatt versiegelt.
Interieur
Die Decke wurde mit einem klassischen Taylor X-Bracing (non-scalloped) unterbaut. Außerdem stärken zwei flache Leisten den fragilen Bereich rund um das Schallloch.
Da die GS Mini auch ohne Bodenbalken und Bodenmittelstreifen im Innenraum auskommt, konnte der Hersteller das Gewicht um rund 20 – 25 % reduzieren. Darüber hinaus reduzieren leichte Holzstreifen (keine Reifchen), die rundum Boden und Decke mit den beiden Zargen verbinden, das Gewicht. Einen fragilen Eindruck macht die GS Mini aber nicht. Immerhin ist sie mit einem kräftigen Satz Elixir Phosphor Bronze Medium mit einer 013er blanken E-Saite und einer 056er dicken E-Saite bespannt und im Standard-Tuning gestimmt. Die Decke kann offensichtlich locker die hohe Zugspannung (hier bis zu 85 kp) kompensieren.
Der Deckenrand ist durch die Verleimung mit Holzstreifen oder Reifchen naturgemäß eher steif. Dies wirkt sich bei herkömmlichen Konstruktionen mitunter eher kontraproduktiv auf das Schwingungsverhalten der Decke aus. Die von Taylor Guitars patentierte Relief Rout soll das Schwingungsverhalten allerdings positiv beeinflussen. Am Deckenrand wurde daher eine Nut eingefräst, die eine Verbindung zwischen der Zarge und der Decke bzw. dem Boden bildet. Diese Nut ähnelt in ihrer Funktion der Hohlkehle einer Decke wie sie im Geigenbau Verwendung findet. Durch die Hohlkehle wird in diesem Bereich mehr Flexibilität erzeugt, ohne jedoch die Stabilität an den Verleimstellen zu opfern.
Hals, Griffbrett, Kopfplatte
Taylor fertigte schon vor Jahren Hälse und Kopfplatten aus Sapele, einem mahagoniartigen Gewächs aus Afrika. Die Kopfplatte, ein spitzer Halsfuß und das eigentliche Halsstück nehmen ebenfalls an der allgemeinen “Verzwergung” teil. Davon kann auch der Nachwuchs profitieren, denn die kurze Mensur (59,7 cm) belastet eine kleine Greifhand weit weniger, weil die Bünde auf der ganzen Länge schmaler sind. Ansonsten findet der Musiker die gewohnten Abmessungen vor. Der Halsumfang (11,3 cm) im ersten Bund entspricht jedenfalls dem einer ausgewachsenen Westerngitarre (z. B. Taylor Jumbo 615) und die Sattelbreite (4,28 cm) bleibt im üblichen Rahmen. Der Hals mit ausgeprägtem C-Shaping wurde seidenmatt versiegelt und liegt gut in der Hand. Der spitze Halsfuß ist bei diesem Modell mit dem Halsblock verschraubt. Taylor stellte schon in den 70er Jahren Gitarren mit geschraubten Hälsen vor und die hielten dem Saitenzug auch dauerhaft stand. Die stabile Verbindung kann aber auch mit einem Rohrsteckschlüssel gelöst werden, wenn eine Reparatur vorgenommen werden muss. Die Gewindeschraube befindet sich am Halsblock.
Auch der Hals kommt ohne den obligatorischen eingelegten Stahlstab nicht aus. Mit diesem eisernen Halsverstärker kann auch die Halskrümmung eingestellt werden. Die Stellschraube befindet sich bei diesem Modell unter der Abdeckung an der Kopfplatte. Der Hals wurde werkseitig korrekt eingestellt.
Das aufgeleimte gewölbte Griffbrett mit 20 sauber abgerichteten und polierten Bünden besteht aus teurem und verwindungssteifem Ebenholz, das in der Regel auch nach Jahren keine Abnutzungserscheinungen zeigt. Mikrodots auf dem Griffbrett und auf der Sichtkante weisen dem Spieler auch bei schlechten Lichtverhältnissen den Weg. Am Ende des Griffbretts werden die Saiten über einen NuBone-Sattel geführt. Der Kunststoff von GraphTech soll materialtechnisch betrachtet weicher sein als der Werkstoff Tusq derselben Firma, aber einen helleren Ton produzieren. Die klanglichen Unterschiede sollen aber subtil sein.
Gitarren von Taylor erkennt man an der typischen gezackten Form der Kopfplatte. Gestimmt wird mit geschlossenen verchromten DieCast-Mechaniken in 3/3-Anordnung, die sich leichtgängig drehen lassen.
Elektronik
Taylor hat dieser GS Mini auch einen Preamp/Pickup geschenkt. Einen Verstärker möchte natürlich nicht jeder Urlauber mit sich führen, aber eine Gitarre mit integriertem Pickup/Preamp, der auch einen guten Sound generiert, gibt dem Musiker grundsätzlich mehr Spielraum und Flexibilität.
Der Sound wird mit drei Soft-Touch Controllern, einem 2-Band Equalizer (Treble und Bass) und einem Volume-Regler eingestellt. Die in der oberen Zarge am Halsfuß verbauten Controller wirken auch nicht “technisch” und fügen sich unauffällig in das Gesamtdesign ein.
Taylor hat sich schon vor Jahren vom klassischen Untersatteltonabnehmer verabschiedet und einen neuartigen Pickup entwickelt. Das Expression System 2 lauert unsichtbar unter dem Saitenhalter hinter der Stegeinlage und nicht mehr unter der Stegeinlage. Da die Stegeinlage, angeregt durch die Saitenschwingungen, nicht nur horizontal, sondern auch vertikal in Bewegung ist, soll das Signal – laut Hersteller – wesentlich dynamischer und natürlicher sein, wenn es seitlich hinter der Stegeinlage abgegriffen wird. Dabei gehen drei Sensoren auf Tuchfühlung mit der Stegeinlage. Mit drei Stellschrauben, sichtbar auf dem Saitenhalter, kann der Druck der Sensoren auf die Stegeinlage verstärkt oder vermindert werden, was das Timbre verändert. Jeweils ein Sensor ist für ein Saitenpaar zuständig und mit einem Inbus lassen sich die Sensoren separat justieren. Das Expression System 2 im Innenraum kann man übrigens auch ertasten, wenn man die Saiten löst. Ein beigefügtes Guitar Tech Sheet informiert (englisch) über dessen Funktionsweise.
Der aktive Preamp wird mit einem 9V-Block gespeist, das Batteriefach befindet sich unterhalb des unteren Gurtknopfes, der auch gleichzeitig als Ausgangsbuchse dient. Ein Wechsel wird erst nach 40-50 Stunden Betriebszeit fällig. Die Batterie kann im Handumdrehen gewechselt werden. Eine kleine LED am Preamp im Innenraum der Gitarre leuchtet rot, wenn der Klinkenstecker eingesteckt wird. Allerdings ist die Platine im Innenraum nicht durch ein Gehäuse oder sonstwie geschützt. An einem windigen Tag ist das Instrument am Sandstrands deshalb sicherlich nicht optimal aufgehoben. Die GS Mini kann man aber auch ohne Pickup/Preamp und damit auch ohne Aufpreis erwerben.