PRAXIS
Mit einer gewissen Ehrfurcht vor so viel purer Kraft betätige ich den Power-Schalter und erlebe die erste positive Überraschung: Ich höre nichts, kein Rauschen, nicht einmal ein Lüftergeräusch. Kühlung braucht der Blacksmith tatsächlich erst nach einer erheblichen Betriebszeit, allerdings kann man das Geräusch aber auch dann vernachlässigen, sogar im Studiobetrieb wird es keine Probleme bereiten. Das Hauptanwendungsgebiet des Blacksmith mit seiner gewaltigen Leistung geht aber eher in eine Richtung, in der Lüftergeräusche ohnehin keine große Rolle spielen. Sein Revier sind die großen Hallen und Arenen dieser Welt. Ich habe den Blacksmith mit einer Kombination bestehend aus zwei 4×10“ Boxen getestet und musste feststellen, dass ich noch nie das Gefühl hatte, eine derartige Leistung mit so viel Souveränität zur Verfügung zu haben. Mit dieser Kombination ist man wirklich spielend jeder Livesituation gewachsen und das mit der Sicherheit, noch jede Menge Reserven zu haben. Das macht sich natürlich auch im Sound bemerkbar. Da der Amp praktisch nie im Stress ist, klingt er bis in sehr hohe Lautstärkepegel absolut entspannt und transparent, keine komprimierten Bässe oder zerrende Höhen, die den Sound kaputtmachen. Theoretisch kann man den Blacksmith sogar, wie in der Einleitung bereits erwähnt, mit vier 4×10“ Boxen, also sechzehn 10-Zöllern betreiben, wenn man ihn mittels Schalter auf der Rückseite vorher auf 2-Ohm-Betrieb umgestellt hat. Ob es dafür eine wirklich sinnvolle Anwendung gibt, sei dahingestellt, es macht aber deutlich, dass man mit dem Blacksmith leistungsmäßig immer auf der sicheren Seite ist.
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Das gilt allerdings auch für den Sound, denn der neue TC ist kein brutaler Rockamp, der nur laut sein kann, sondern wie seine Kollegen aus der RH Serie, wohl einer der flexibelsten Amps, die derzeit auf dem Markt sind. Im Flat-Betrieb, also ohne irgendwelche Anpassungen, klingt er schon sehr offen und transparent. Es ist genau das Basisvoicing, das wir schon vom RH450 oder vom neueren RH750 kennen: der TC-typische leichte Röhren- oder Vintage-Charakter in den Bässen und Tiefmitten und der etwas abgeregelte, eher dezente Höhenbereich. Mit den Kombos der BG-Serie haben die Dänen den „Tweetertone“ Regler eingeführt, mit dem man den werksseitig eingestellten Highpassfilter nach oben oder unten verschieben kann und der sich auch beim Blacksmith als äußerst wirkungsvolles Klangwerkzeug erweist. Mit aufgedrehtem Tweetertone klingt der Amp auf eine angenehme Art sehr offen, prädestiniert für Slapsounds oder eben Hifi-artigere Bässe, jedoch ohne jegliche Schärfe oder Aufdringlichkeit – sehr geschmackvoll eben. Entgegengesetzt wirkt das Feature wie ein Tonblende. Vintagesounds, die dem Blacksmith aufgrund seines warmen Mittencharakters ohnehin gut zu Gesicht stehen, produziert er genauso überzeugend in sämtlichen Schattierungen. Wenn man jetzt noch die schier unendlichen Möglichkeiten des äußerst flexiblen und sehr geschmackvoll wirkenden EQs hinzunimmt, gibt’s bei den Soundvarianten kaum Grenzen. Die Frequenzen der einzelnen Bänder können nämlich wie bei den RH-Amps, in einem bestimmten Bereich verschoben und somit an persönliche Bedürfnisse oder den Raum angepasst werden. Besonders zum Auffinden und Eliminieren von Stör- oder Dröhnfrequenzen ist dieses Feature unglaublich hilfreich. Die Features „Tubetone“ und „Spectracomb“ habe ich ja beim RH750 schon angepriesen und kann dies hier nur wiederholen. Ich bin kein Fan von Basskompression beim Livesound, der Multiband-Kompressor geht aber so musikalisch zur Sache, dass man nie das Gefühl hat, an Dynamik zu verlieren. Der Sound wird bei moderatem Einsatz griffiger und kompakter, bleibt aber stets lebendig. Stark aufgedreht kann man das Sustain verlängern und schwebende, weiche Sounds erzeugen. Spectracomb ist in der Tat der erste Onboard-Kompressor, den ich jemals mit voller Überzeugung benutzt habe. Ähnlich verhält es sich mit dem Tubetone. Röhrensimulation habe ich bisher immer sehr kritisch beäugt, die Ergebnisse sind meist ernüchternd. Aber diese hier simuliert eine komplette Röhreneinheit bestehend aus Vor – und Endstufe und klingt in der Tat sehr überzeugend, besonders bei dezenten Einstellungen, die dem Sound etwas Wärme und Grip geben. Richtige Overdrive-Sounds sind mit hohem Gainpegel und voll aufgedrehtem Tubetone natürlich auch drin, ich kann in der Praxis allerdings nicht allzuviel damit anfangen. Zum Schluss möchte ich noch das komfortable Presetfeature des Blacksmith erwähnen, das wir schon aus der RH Serie kennen. Die Bedienung ist kinderleicht, mit einem kurzen Druck auf einen der drei Taster ruft man ein Preset auf, durch längeres Drücken speichert man das aktuelle Setting ab, was mit doppeltem Blinken quittiert wird. Das Großartige neben der intuitiven Bedienung ist daran, dass wirkliche alle Einstellungen inklusive des Gainpegels gesichert werden und zusätzlich jedes Preset mit einer anderen Endlautstärke gespeichert werden kann.
Ich weiß, der Test klingt eher wie von einem TC Electronic Fan als von einem neutralen Tester geschrieben, deshalb hier schon mal die Antwort auf eventuell auftretende Fragen: Nein, ich habe den Amp nicht geschenkt bekommen und nein, ich arbeite nicht für TC. Die Dänen haben nur wieder mal alles richtig gemacht.
uwe forschner sagt:
#1 - 25.08.2011 um 22:01 Uhr
Wie ich auf einem amerikanischen Musikerboard anhand von Messdaten gesehen habe, leistet der TC RH 450, der kleine Bruder des TC RH 750, "nur" 236 Watt an 4 Ohm und 133 Watt an 8 Ohm. Durch diese belegten Informationen ist eine heftige Diskussion ob der Richtigkeit der Leistungsangaben entsprungen. Ob diese Diskussion "wichtig" ist, mag dahingestellt bleiben, wird doch schon der RH 450 als lauer, sich im Bandkontext gut durchsetzender Amp beschrieben. Dennoch wäre es sehr interessant, die Leistungsangaben des Blacksmith genauer zu überprüfen. Denn de facto schaut doch -vor Allem der nicht so erfahrene Musiker, und vor Allem bei Bassverstärkern- der Verbraucher auf de Wattangabe. Somit ist schon in gewisser Weise von einer, wenn auch (für mich) unmaßgeblichen, Täuschung der Käufer auszugehen.
Chris Arndt sagt:
#1.1 - 02.08.2023 um 15:12 Uhr
Ist doch egal, was die Daten von RH450 und RH750 betrifft, hier geht's um den Blacksmith. Dazu Folgendes: Die Ausgangsleistung von Endstufen lässt sich auf verschiedene Arten ermitteln. Und die Amis messen anders als die Europäer. Deshalb muss man, um aussagekräftige Vergleiche ziehen zu können, zunächst einmal nach der verwendeten Messmethode fragen. Zweitens traue ich den TClern durchaus zu, dass sie korrekt messen können und vorsätzlich ganz sicher keine Kundentäuschung begehen. Was da andernorts in irgendwelchen "Foren" kolportiert wird, interessiert mich herzlich wenig. Wer Zweifel hat, kann bei TC bestimmt Messdaten und Diagramme anfordern. Dann hat man's schwarz auf weiß und es steht Aussage gegen Aussage. Maßgeblich neben der reinen Leistungsangabe ist jedoch vor allem auch die Stabilität der Endstufe. Mir ist eine laststabile und dauerstromfeste mit 300 Watt alle mal lieber als eine mit 1000 Watt, die bei Impulsen gleich einknickt. Watt ist nicht gleich Watt! Also lieber selber ausprobieren und genau hinhören, anstatt irgendwelches Gefasel von wildfremden selbsternannten Experten nachplappern.
Antwort auf #1 von uwe forschner
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