TC Electronic System 6000 Native Series Bundle Test

Die edle Remote des TC Electronic System 6000 und Reverb 6000 galt mit ihren sechs Motorfadern und dem großen Touchscreen ab 1999 als wichtiges Prestige-Symbol renommierter Studios sei es als High-End-Reverb, als digitaler Mastering-Prozessor oder in der Post-Pro. Im Hintergrund lief dennoch ein und dieselbe Plattform: ein dicht bepackter 19-Zoll-Mainframe mit vielen DSP und reichlich physischen IOS. 

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Über die Jahre durfte das nicht ganz so günstige Konzept wachsen und auch die immer weiter entwickelten Algorithmen haben Möglichkeiten auf absolutem Top-Niveau eröffnet. Mit der TC Powercore gab es UAD-ähnlich Versuche, die hochpreisigen Systeme auch unter dem Normalvolk zu verbreiten. Geblieben ist nicht viel und lange Zeit schien es, als wollte TC überhaupt keine nativen Lösungen, von wenigen Ausnahmen einmal abgesehen, anbieten. Seitdem der Music Tribe nun aber das Ruder in die Hand genommen hat, ist vieles anders!

Details

In einem Land vor unserer Zeit

2009 habe ich ein Praktikum bei der BBC in Glasgow gemacht und war richtig heiß auf das „6000er TC“ in den Dubbing Suiten. Nüchtern erklärte mir der damalige Chief Engineer aber, dass die niemand nutzen würde, weil der umständliche Workflow schon damals nicht mehr zu den modernen Aufgabenprofilen passte. Eine Zeit übrigens, in der auch die TDM-Lizenz des VSS3 einem rund 1.000 Euro abverlangte.  
Es handelte sich dabei genau genommen um High-Tech, der letztlich viel Arbeit bedeutete, weil am Ende alles in Real-Time „getaped“ werden musste. Konventionelle Plugins mit schneller Offline-Bounce-Möglichkeiten sind heutzutage deutlich komfortabler – und sogar analoge Hardware ist jetzt schon wie ein Plugin nutzbar. Aber ich schweife ab: Es gab natürlich einen Grund, warum damals alles so sperrig war: Die TC Algorithmen brauchen Leistung, und das in Form von vielen DSPs, die leider auch an ihre Echtzeitfähigkeit gebunden waren, durchaus auch vergleichbar mit dem Eventide H9000.

Wer damals ein TC System 6000 besaß durfte sich als reichen Mann betrachten – und zwar nicht nur finanziell sondern auch klanggestalterisch!
Wer damals ein TC System 6000 besaß durfte sich als reichen Mann betrachten – und zwar nicht nur finanziell sondern auch klanggestalterisch!

Kurzum: Erst mit heutigen Prozessoren kann man so was überhaupt nativ machen – und das auch immer noch nicht ganz perfekt, denn eins sollten wir gleich von Anfang an festhalten: Die Dinger fressen CPU – Ähnliches kennt man aber auch bereits von anderen DSP-Portierungen wie dem Softube Weiss EQ.
Aktuell besteht das native Bundle aus dem mächtigen Multiband-Tool MD4 HD sowie den berühmten VSS4 HD. Einzeln kosten diese jeweils 249 US-Dollar. Hinzu kommen „ältere“ Sachen bzw. teilweise bereits erschienene Titel: MD3, VSS3 und Nonlin 2, die einzeln jeweils 199 US-Dollar kosten.
Alle haben eine neue und einheitlich GUI. Gedealt wird am effektivsten im Bundle, wofür man 699 US-Dollar statt 1095 US-Dollar berappen muss. Anders gesprochen: Für 101 Dollar mehr gibt es den Rest zu den beiden Top-Plugins MD4HD und VSS4HD (zweimal 249 US-Dollar) hinzu. Das VSS3-Update ist für VSS3-Bestandskunden kostenlos, ein Upgrade zum Bundle gibt es für 599 US-Dollar.

Multiband-Dynamics: MD3 und MD4 HD

Die beiden EQ/Multiband-Dynamic/Limiter-Plugins sind sich ähnlich, aber nicht gleich. Beide Plugins beinhalten verschiedene Bearbeitungsstufen, von denen die erste mit einem EQ beginnt, die zweite mit einem Multiband-Dynamics fortgeführt und die dritte mit einem Limiter beendet wird. Eine Übersichtsseite mit den wichtigsten Parametern für das Fine-Tuning gibt es außerdem.

Fotostrecke: 12 Bilder MD4 HD: Main

Der Unterschied liegt in der Anzahl der Bänder, wobei es genau vier bzw. sechs Bänder im EQ und drei bzw. fünf Bänder im Kompressor zugunsten des MD4 HD sind. Man könnte außerdem salopp sagen, dass der MD4 besonders gut für komplexe Summensignale geeignet ist und der MD3 auch eine gute Wahl bei Einzelsignalen darstellt. 
Ebenfalls nicht unwichtig: Der MD3 kennt einen Expander, der MD4 hingegen nicht. Außerdem gönnt der MD4 HD auch mehr CPU, letztlich sind aber beide durchaus hungrig. Das Layout ist funktional und übersichtlich, die Farbkodierungen ist schick gewählt. Man findet ziemlich schnell, was man sucht.

Fotostrecke: 14 Bilder MD3: Main

Das Bedienkonzept mit den Unterseiten ist etwas verkopft: Besonders im unteren Bereich kann es zu Verwirrungen kommen. Hier gibt es einerseits die Feineinstellungen der Prozessoren sowie umschaltbare Unterkategorien inklusive verschiedener Layouts der Bedienelemente; aber immer nur mit maximal sechs Parametern. Logisch: Beim Original saßen hier die Motorfader, mit denen man das Ganze fein reguliert hat. 
Ohne den passenden Controller macht das für mich nur bedingt Sinn – ob da noch was im Anflug ist? Immerhin hat man das mit dem TC Brickwall, dem Master X HD und dem MIDAS PEQ und DYN 3000 vorgemacht, auch wenn diese etwas putzig anmuten und dem 6000er nicht gerecht werden. Der SSL UC1 hingegen macht vor, wie es sein sollte.

Gäbe es für die Plugins eine Remote würde das Konzept mit den vielen Pages und ihren maximal sechs Parametern durchaus Sinn machen – ohne sie wirkt die Bedienung leider umständlich.
Gäbe es für die Plugins eine Remote würde das Konzept mit den vielen Pages und ihren maximal sechs Parametern durchaus Sinn machen – ohne sie wirkt die Bedienung leider umständlich.

Stereo Reverb: VSS3, VSS4 und Nonlin 2

Der VSS3 wurde bereits vor ein paar Jahren nativ herausgebracht und jetzt nur neu „gebundelt“. Die GUI sieht allerdings fresher aus, auch wenn das Layout im Prinzip identisch ist. Hier sieht man deutlich, wie wichtig aktuelle Farben und Grafiken sind. 
VSS3 und VSS4 HD sind sich damit grundsätzlich ähnlich und man kann sagen, dass der VSS4 HD die „Anabolikaversion“ des VSS3 ist, der wiederum dem VSS2 aus dem M5000 entspringt. Tatsächlichen sind die Bedienunterschiede nicht sonderlich groß: Man muss V4 einfach als Weiterentwicklung betrachten Beispielsweise hat der VSS3 mehr ” Post-Pro technische Möglichkeiten” hinsichtlich der Earlys, ob man die allerdings so fein braucht, sei mal dahingestellt. Der VSS4 HD wiederum lässt die Early Optionen für meinen Geschmack deutlich intuitiver und “musikalisch kreativer” nutzen.

Fotostrecke: 8 Bilder Reverb VSS4 HD: Main

Widmen wir uns an dieser Stelle vermehrt den Unterschieden von VSS4 HD und Nonlin 2, die vom Prinzip her anders gedacht sind. VSS3/4 verspricht eher authentische und realistische Räume, während man mit No-Linear 2 grundsätzlich auch stärker färbende oder drastische Effekte erhält. Möglich machen das die Modifier sowie die unterschiedlichen Style- und Twist-Effekte, die in ihrer Intensität zusätzlich regelbar sind. 
Man kann hier FX-drastischer und detailliert arbeiten, trotzdem wirken die Möglichkeiten im Vergleich zu ganz modernen Plugins wie Output Thermal, iZotope Neoverb oder gar Stutter Edit 2 dann doch etwas betagt. Klanglich haben sie es dann aber alle umso mehr in sich! Und das hören wir uns am besten in der Praxis einmal genauer an!

Fotostrecke: 2 Bilder NonLin 2: Main
Kommentieren
Profilbild von Harry

Harry sagt:

#1 - 10.09.2022 um 16:17 Uhr

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TC Electronic System 6000 Native Series Bundle Test Eigentlich klanglich super! Bei der grafischen Oberfläche habe ich keinen Zugang, die fnde ich unglücklich erstellt!

Profilbild von Martin

Martin sagt:

#2 - 22.11.2023 um 12:08 Uhr

0

Extrem gutes Bundle und mit nichts vergleichbar. Seidenweich und hochprofessionell, Schlägt mit Abstand alle gängigen Varianten.

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