In der ersten Folge dieses Tutorials haben wir die Drums programmiert und somit die Basis für unseren Track erstellt. Für einen kompletten Tech-House-Groove fehlen nun aber noch stilechte Elemente, die für den harmonischen Teil zuständig sind. Daher zeigen wir euch in dieser Folge, wie ihr Bassline, Leads und Filtersweep-Sounds idealerweise einsetzt. Zu guter Letzt erfahrt ihr, wie ihr Vocals ganz leicht sampeln und slicen könnt, um Tech-typische Vocal-Schnipsel zu bauen. Auf geht’s!
Bass, Bass, wir brauchen Bass!
Gemeinsam mit der Bassdrum bildet die Bassline das Fundament des Grooves. Wie bei so ziemlich jedem Genre der elektronischen Tanzmusik werden auch im Tech House die Bassklänge mit Synthesizern erstellt. Je nach Tech House Style können „stiltypische“ Basssounds allerdings sehr unterschiedlich klingen. Daher gibt es für das Sounddesig hier keine Allgemeinlösung. Wichtig ist für dieses Tutorial nur, dass die Envelope auf Cutoff eingestellt sein sollte, sodass sich der Basssound bei einer Fahrt mit dem Cutoff-Filter öffnet.
Damit werden wir im weiteren Verlauf des Tutorials ein Build-up zum Drop umbauen. Und um dem Ganzen noch eins obendrauf zu setzen, nutzen wir den Onboard-Delay-Effekt des Synths. Er sollte also ebenfalls aktiviert sein. Die Parameter stellt ihr, wie in der Abbildung zu sehen, ein. Besonders wichtig sind hierbei ein Lo- und Hi-Cut-Regler. Mit ihnen entzieht ihr dem verzögerten Delay-Signal tiefe und hohe Frequenzen und erzeugt ein definiertes Echo, das dem eigentlichen Bass nicht in die Quere kommt. Für das Build-Up drehen wir später den Feedback-Regler auf.
Wer den Basssound nicht von Grund auf selbst kreieren möchte, kann natürlich auch im Synthesizer des Vertrauens einen voreingestellten Sound (Preset) wählen und bei Bedarf nachjustieren. FL Studios hauseigener Software-Synthesizer Poizone hat viele brauchbare Klänge am Start. Wer dagegen tiefer in die Synthesizermaterie eintauchen möchte, erfährt in unserem Workshop „Synthesizer Soundprogrammierung“, wie man Klänge selber schrauben kann.
Für dich ausgesucht
Abgesehen von der Bassline benötigt der Tech-House-Track natürlich noch weitere Elemente: etwa einen Lead-Sound, Pads, Arpeggios etc. – je nach Tech-Style fällt die Auswahl sehr unterschiedlich aus. Bei allen Sounds, die ihr hinzufügen wollt, könnt ihr gleich vorgehen – ihr könnt sie über die Piano Roll programmieren oder aber live einspielen. Und wie immer gilt: Erlaubt ist, was gefällt!
Noten programmieren in der Piano Roll
Damit der Synthi den Basssound erzeugt, müssen wir ihn mit Noten füttern. Diese lassen sich entweder live mit einem MIDI-Keyboard aufnehmen oder programmieren. Die letztgenannte Möglichkeit ist für Einsteiger deutlich einfacher und setzt keinen jahrelangen Klavierunterricht voraus:
In diesem Fall zeichnen wir die Noten mit der Maus ein. Via Rechtsklick auf den gewünschten Soundslot erreicht ihr die sogenannte Piano Roll.
In dieser seht ihr links vertikal angeordnete Pianotasten, die euch die entsprechenden Noten darstellen. Rechts daneben könnt ihr die Noten einzeichnen. Am oberen Rand der Piano Roll könnt ihr auf verschiedene Werkzeuge zugreifen, mit denen ihr die Noten bearbeiten könnt. Wählt das Paint-Werkzeug, um die Noten mit der Maus einzuzeichnen – mit einem Rechtsklick könnt ihr sie wieder löschen.
Korrekte Töne
Wer sich in Musiktheorie nicht wirklich auskennt, wird schnell mal eine „schiefe“ Note programmieren, die nicht zu Grundton und Tonart passt.
Hier könnt ihr auf Nummer sicher gehen und euch von FL Studio die korrekten Töne vorgeben lassen. Nutzt hierzu das Stamp-Werkzeug und stempelt euch auf einer Note die dazu passende Tonleiter. Dabei könnt ihr beispielsweise zwischen Moll- (Minor Natural Aeolian) und Dur-Tonarten (Major) auswählen.
Von hier aus könnt ihr die Noten verschieben und mit gehaltener Shift-Taste duplizieren. So könnt ihr sicher sein, dass ihr keine falschen Noten programmiert und euer Song harmonisch bleibt. Rhythmisch gesehen bewegen sich die Basslines vieler Tech-House-Tracks in Achteln oder Sechszehnteln.
Ducking-Effekt – Pump up da Bass!
In vielen elektronischen Musikarten, wie auch dem Tech House, ist die Bassdrum das Herzstück des Grooves, das uns den Takt angibt. Um unseren Track so richtig zum Pumpen zu bringen, können wir uns die Bassdrum als Keysignal zunutze machen. Das bedeutet, dass ihr sie als Steuersignal verwenden und damit einen Kompressor ansteuern könnt.
Dadurch werden andere Spuren veranlasst, im Rhythmus der Bassdrum zu pulsieren. Im Falle des Bass-Synthesizers hat das gleich noch einen Vorteil: Spielt man Bass und Bassdrum parallel ab, kommen sich die tiefen Frequenzen oftmals gegenseitig in die Quere. Durch den Ducking-Effekt lässt sich das Ganze so justieren, dass die Bassline erst erklingt, wenn die Bassdrum kaum noch zu hören ist bzw. ihr energiereicher Teil bereits abgeklungen ist.
Zu allererst stellen wir das Sidechain-Routing im Mixer her. Wählt dazu ganz einfach den Bassdrumkanal aus und klickt mit der rechten Maustaste auf das kleine Pfeilsymbol der Bassspur. Mit „Sidechain to this Track“ ist die Bassdrum nun als Keysignal verfügbar. Daraufhin inseriert ihr in der Bassspur einen Kompressor bzw. Dynamikprozessor mit Sidechain-Eingang, wie beispielsweise den „Fruity Limiter“. Unter „Comp —> Sidechain“ lässt sich hier nun die Bassdrum als Keysignal auswählen.
Die weiteren Parametereinstellungen des Kompressors sind abhängig vom Material. Ein niedriger Threshold, eine hohe Ratio und eine kurze Attack sorgen grundsätzlich dafür, dass der Bass von der Bassdrum unterdrückt wird. Mit Release könnt ihr festlegen, wie lange es dauert, bis der Pegel der geduckten Bassline wieder auf den Ursprungswert ansteigt. Wem die Einrichtung eines Ducking-Effekts nicht zusagt, kann mit Shaper-Tools wie dem Cableguys VolumeShaper schneller und übersichtlicher ans Ziel kommen. Eine kostenlose Alternative ist der Filter2 der Freeware-Plugin-Schmiede TAL.
Selfmade Filter Sweep
Natürlich werden wir unseren Groove nicht dauerhaft laufen lassen, sondern im Arrangement einen Break einbauen, der auf dem Tanzparkett für eine Pause sorgt. Dieser wird sich im Laufe des Songs bis hin zum darauffolgenden Drop steigern. Neben einigen Parameterautomationen der bisher verwendeten Klänge können Effektsounds, wie Noise Filter Sweeps, als dramaturgisches Stilmittel eingesetzt werden. Sie können das sogenannte Build-up, also die Steigerung bis Drop, nochmals unterstützen. FL Studio hat einige passende FX-Samples am Start, die ihr nur noch an die entsprechende Stelle im Arrangement setzen müsstet.
Wesentlich kreativer und individueller wäre es aber, wenn wir uns einen solchen Effektsound ganz einfach selber schrauben. Das hat zum einen den Vorteil, dass ihr keine Effektsounds nutzen müsst, die schon von vielen anderen verwendet wurden. Zum anderen kann der Filterverlauf passend zum eigenen Song automatisiert werden und sich somit besser in den Song einfügen.
Für einen Noise Filter Sleep benötigen wir grundsätzlich nur zwei Dinge: Einen Noise Generator, der weißes Rauschen erzeugt, und ein Low-Pass-Filter. Mit FL Studios Synth „3xOSC“ haben wir beides in einem Klangerzeuger. In diesem wählt ihr den Noise-Generator als Wellenform des ersten Oszillators aus (Würfelsymbol). Die Lautstärke der beiden weiteren Oszillatoren dreht ihr ganz einfach ab. Unter Envelope stellt ihr das Filter auf „Fast LP“, woraufhin sich die Cutoff und die Resonanz mit den beiden Reglern steuern lassen. Auf diese Weise kann dann das Filter geöffnet und der Filter-Sweep reguliert werden – fertig!
Vocal Slices
Typisch für Tech-House-Tracks sind kurze Vocal-Schnipsel, die rhythmisch in den Song eingebaut werden. Dazu könnt ihr entweder FL Studios eigene Vocal Samples oder Sample-Librarys, wie beispielsweise Output Exhale verwenden. Wer es auch hier individueller angehen möchte, nimmt eigene Vocals auf bzw. sampelt selbst. In dem Fall habe ich mich für letztere Variante entschieden und einen Satz des US-Youtubers Ed Bassmaster gesampelt.
FL Studio kommt mit einem Klangerzeuger namens Fruity Granulizer, mit dem sich die Vocal Cuts schnell und einfach erstellen lassen. Zieht das Audiomaterial zum Importieren ganz einfach via Drag-and-drop auf den Granulizer. Unter „Key to“ wählt ihr Transient aus. Daraufhin werden die Vocals anhand ihrer Transienten in Slices aufgeteilt. In der Piano Roll könnt ihr nun statt der Tonhöhe die einzelnen Slices anwählen und rhythmisch in den Song einfügen. Dank der Granularsynthese lässt sich das Audio flexibel bearbeiten, etwa um Timing und Pitch anzugleichen oder das Material komplett zu verfremden – der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!
Damit wäre unser Tech-House-Groove komplett und bereit, arrangiert zu werden. Dazu werden wir aus unserem Pattern einen kompletten Song entwickeln. Im dritten und letzten Teil dieses Tutorials und zur Vollendung unseres Tracks legen wir daher den Fokus auf Arrangement, Build-ups und Automation!
Hier geht es zur letzten Folge unseres FL Studio Tech House Tutorials.