Praxis
Die Ein- und Ausgangs-Peripherie zeigt schon deutlich, wo die Reise hingeht. Das bearbeitete Signal ist primär nicht dazu gedacht, an einen konventionellen Bassamp weitergeleitet zu werden. Das wird auch dadurch bestätigt, dass beide Kanäle stets getrennt ausgegeben werden. Dies setzt voraus, dass auch zwei getrennte Eingänge bereitstehen, und diese finden sich ja für gewöhnlich eher an Mischpulten oder an einem Audio-Interface als an einem Bassamp.
Zudem arbeitet im GED-2112 die von anderen SansAmp-Produkten bekannte Speaker-Simulation, welche sich auch nicht deaktivieren lässt. Der Geddy Lee Signature Preamp wurde also konsequent auf die veränderten Bedingungen im Live- und Studiobetrieb ausgerichtet, in denen Amps und Boxen aus pragmatischen Gründen zunehmend an Bedeutung verlieren. Diese Tatsache kann man natürlich bedauern, aber es ist seitens Tech21 sicherlich ein kluger Schachzug, sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen, denn der Bedarf an Geräten dieser Art wird zukünftig wohl eher noch steigen. Equipment im Wandel der Zeit …
Die geschmackliche Ausrichtung sollte durch den Namensgeber Geddy Lee wohl auch klar sein. Hier geht es um grundsolide Rocksounds in verschiedenen Schattierungen. Schauen wir also mal, was der GED-2121 so hergibt, und stellen erst einmal alle Regler auf 12 Uhr, d.h. wir bringen beide Kanäle zu gleichen Anteilen ins Klanggeschehen. Die Simulationen “Drive” und “Saturation” lassen wir an dieser Stelle vorerst noch aus dem Spiel. Ich spiele immer das gleiche Lick, um die graduellen Unterschiede deutlich zu machen. Schon ohne Verzerrung färbt der GED-2112 den Klang rauchig mit etwas Röhrencharakter an:
Nun kommt der Saturation-Regler auf 12-Uhr-Position hinzu. Der Klang wird hier bereits spürbar fetter, obwohl der Equalizer ja immer noch flat ist:
Bringen wir nun darüber hinaus den Drive-Regler in der 12-Uhr-Position ins Spiel. Die Verzerrung nimmt jetzt hörbar zu, das Low End leidet aber dank des Deep-Kanals nicht.
Probieren wir es jetzt einmal mit dem Drive-Regler in der 9-Uhr-Stellung:
Für dich ausgesucht
Für noch mehr Biss und Aggressivität hebe ich nun die Mitten bei 800Hz sowie die Höhen um jeweils ca. 5dB an:
Bisher war immer noch ein Anteil meines unbearbeiteten Clean-Signals im Spiel. Als nächstes drehe ich den Blend-Regler auf Rechtsanschlag, um 100% des Effektsignals zu hören. So hören wir jetzt den GED-2112 ganz pur:
Auch hier hört man gut, dass trotz heftiger Zerre dank des Deep-Kanals noch genügend Low End übrigbleibt – sehr schön!
In der Bedienungsanleitung finden sich außerdem zwei Soundvorschläge vom Meister persönlich – die wollen wir natürlich ausprobieren! Das erste Preset nennt sich “Geddy Lee Standard” und klingt wie folgt:
Das zweite ist nach dem Rush-Song “Roundabout” benannt:
Wie man hört, ist die Bandbreite schon mit den Drive- und Saturation-Reglern bereits recht groß – und dabei habe ich noch gar nicht viel am Equalizer herumgespielt. Tatsächlich sind dem GED-2112 noch viel mehr Nuancen zu entlocken, von cleanen Sounds mit leichtem Röhrencharakter bis hin zu heftig verzerrten Heavy-Klängen.
Die Tube-Simulationen können natürlich klanglich ihr Vorbild nicht ganz ersetzen, machen aber insgesamt einen guten Job. Bei Geräten dieser Art muss man natürlich immer den praktischen Nutzen (Gewicht, Transport, Kosten …) gegenüber dem Soundverlust im Vergleich zum Original abwägen. Und dieses Original wäre in unserem Fall ja ein stattlicher Vollröhren-Bolide mit zugehöriger großer Box. Da reden wir von mindestens 60 kg aufwärts und benötigen schon ein entsprechend geräumiges Auto, einen dicken Geldbeutel, gute Muskeln und einen gesunden Rücken. Der GED-2112 liefert da in Sachen Sound, Preis, Größe und seinen gerade mal ca. 2,2 kg Gewicht schon ausgezeichnete überzeugende Argumente!
Etwas ZU konsequent in der Umsetzung ist mir persönlich die Eingangssektion. Geddy Lee sieht man seit vielen Jahren fast nur mit diversen Fender Jazz-Bässen. Aus diesem Grund hat er vermutlich nicht mit dem Problem von verschiedenen Pegeln beim Wechsel zwischen unterschiedlichen Instrumenten zu kämpfen. Nutzt man aber sowohl passive wie aktive Bässe oder leise Singlecoils und laute (serielle) Humbucker, ist ein “- 20dB”-Schalter für meine Begriffe etwas zu wenig sensibel, um die Eingangslautstärke sinnvoll anzupassen. Diese beeinflusst ja maßgeblich den nachfolgenden Drive-Regler, was zu massiven Veränderungen des Sounds (mehr Verzerrung) führen kann. Hier wäre ein stufenloser Regler sicher hilfreich!