Praxis
Erfahrene Turntable-User kennen die Prozedur: Zunächst den Plattenteller vorsichtig in den Dorn des Chassis einführen und absenken. Danach geht’s an den Tonarm: Für den Test wähle ich zum einen das Ortofon MkII Scratch und Ortofon MkII Club. Je nach System beträgt das empfohlene Auflagegewicht vier beziehungsweise drei Gramm. Beim Aufdrehen des Auflagegewichts fällt mir abermals die sehr hohe Wertigkeit auf. Sehr filigran lässt sich das Gewicht Milligramm für Milligramm einstellen. Auch beim Antiskating brilliert der SL-1210 MK7 durch eine sehr genaue Spurtreue. Steht das Rädchen auf null, hält der Tonarm die Position, er pendelt nicht oder driftet in Richtung Plattentellerrand. Für die optimale Performance beim DJing wird ein Wert zwischen null und maximal der Hälfte des Auflagegewichts empfohlen.
Noch den Plattenspieler über das anzuschließende Kaltgerätekabel mit Saft versorgen, Massekabel und Cinch-Kabel mit meinem Pioneer DJ DJM-S9 verbinden und schon ist der Turntable startklar für den Test.
Das haptische Feeling Auch hier enttäuscht die Neuauflage des Klassikers in keiner Weise: Die Start-Stopp-Taste ist vom Hub nur leicht gedämpft, für Schnellstopper das richtige Maß. Der Pitch-Control gleitet sehr sanft, von Vorteil für subtiles Tempoeinstellen. Zwischen der schwarz-weißen Fader-Kappe und der eingelassenen Fader-Bahn auf dem Chassis ist genügend Luft, damit der Fader nicht die Oberfläche berührt und damit zerkratzt, was man vom alten SL-1210 MK2-Modell noch kennt.
Den MK7 „customizen“ Mit einem Kugelschreiber lässt sich der SL-1210 MK7 ganz einfach anpassen: Den Plattenteller ohne aufgelegter Slipmat und Platte drehen, bis in einer der beiden Plattentellerlöcher die Schalter auftauchen. Dann einfach die Funktion mit dem gewünschten Schalter durch „On“-Stellung freischalten:
-Rote oder blaue LED
-78 RPM oder Reverse Play
-Low oder High Brake
-Low oder Higher Torque
Reverse und auch 78 RPM, die Abspielgeschwindigkeit für Schellackplatten, sind tatsächlich wichtige Features für einen DJ-Turntable. Allerdings muss man sich für eins von beiden entscheiden. Entweder drückt man 33 RPM und anschließend Play für Reverse oder die beiden RPM-Tasten für 78 Umdrehungen/Minute gleichzeitig. Letzteres gern als Ultra-Pitch-Effekt, auch zu Sampling-Zwecken genutzt.
Der Antrieb
Der SL-1210 MK7 zieht mit einem maximalen Drehmoment von 2,2 kg/cm. Beim Phase-Matching, speziell Bremsen am Plattenteller, spüre ich minimal einen kräftigeren Zug als beim MK2. Eine sehr gut verdauliche Portion. Der Plattenteller startet gewohnt flott und spielt innerhalb von 0,7 Sekunden mit Originalgeschwindigkeit.
Alternativ läuft der Teller auch mit circa 1,5 kg/cm, bedingt allerdings auch etwas mehr Anlaufzeit. Im Vergleich zu dem High-Torque eines Pioneer DJ PLX-1000 und Reloop RP-7000 MK oder RP-8000 startet er zwar etwas behäbig. Aber auch trotz halben Drehmoments droppt die Platte von Hand ohne Verzögerung. Zumal ich Phasenkorrekturen im Mix am High-Torque angetriebenen Plattenteller regelrecht körperlich anstrengend empfinde.
Dank neuem Antrieb samt Stator und Rotor genießt der SL-1210 MK7 einen ruhigeren Lauf, den man vielleicht mit einer Ultra-Slo-Mo-Aufnahme, jedoch nicht beim herkömmlichen Playback hört. Aber es beruhigt das Gewissen, dass nichts ruckelt und den Sound verunglimpft. Seine 0,025 Prozent Toleranz beim Gleichlauf entsprechen dem schon seit Jahrzehnten Referenzwert, der technisch nicht unterschritten werden kann.
Für dich ausgesucht
Selbst am SL-1210 MK2 konnte man einst die Bremse einstellen, allerdings etwas umständlich über ein Rädchen auf der Leiterplatte, an das man nur durch Abschrauben der Abdeckung unter dem Plattenteller kam. Mit dem MK7 geht’s wesentlich komfortabler. Die zwei Modi beeinflussen nicht das Startdrehmoment und bremsen nur die Platte entweder recht sanft mit einem leichten Auslaufgeräusch oder auf den Punkt. Völlig zweckmäßig und ausreichend.
Performance und Klang
Für einen DJ spielt Zuverlässigkeit eine große Rolle, Technics enttäuschte dahingehend nie, nur die schlechte Wartung. Es wird Zeit für den Wechsel auf den MK7. Schließlich fühlt er sich nicht nur beim Auflegen extrem gut an, sondern pariert aufs Wort. Vor allem bei der Königsdisziplin, dem Scratching, hält er den Versprechungen die (Spur)treue.
Der robuste Plattenteller gibt der Hand ordentlich kontra, sodass der Teller kaum nachgibt und die Nadel nicht verkantet. Die überarbeitete Tonarmbasis sogt für den optimalen Sitz des Diamanten auf den Rillenflanken, auch ein Argument für seine exzellenten Klangeigenschaften. Beim Vergleich zum SL-1210 M5G mit jeweils einem Ortofon Mk II Club und der identischen Platte liegt er genau auf Augenhöhe, sei es vom Grundrauschen, aber auch von der Transparenz und Auflösung des Klangbildes. Und digital auflegend: Selbst bei sechs Stunden Playtime am Stück brach das DVS-Signal kein einziges Mal ein. Für mich Argumente, heruntergerockte MK2s endlich in den wohlverdienten Ruhestand zu schicken.
Bei voll aufgedrehter Lautstärke, nur minimales Rauschen und kein Unterschied zwischen SL-1210 MK7 (als erstes zu hören) und SL-1210 M5G zu hören Auch vom Sound sind beide komplett identisch, jeweils nach vier Takten wechselt der Plattenspieler. Als erstes spielt der SL-1210 MK7.
Absorptionseigenschaften
Einem Gehäuse, das reichlich zwei Kilogramm weniger wiegt, unterstellt man gern schlechtere Bass- und Schockabsorptionseigenschaften. Oder warum legen Pioneer DJ, Denon DJ oder Reloop lieber noch eine Schippe an Kilogramms drauf. Tja, schwer muss nicht gleich besser sein. Schließlich ist es eine Frage der Technik und vermutlich auch der überarbeiteten Füße, die dank ihrer Federn und des Gummis nicht mehr so weich sind, dafür das Chassis stabiler als bei den beiden teuren Modellen tragen.
Der SL-1210 MK7 reagiert damit auf Bässe und Vibrationen recht unempfindlich und schluckt auch Stöße, ohne dass die Nadel springt. Gegenüber dem SL-1210 MK2 sind zwar keine deutlichen Verbesserungen feststellbar, aber dafür wiegt er auch zwei Kilogramm weniger.
phloxxo sagt:
#1 - 03.07.2020 um 11:31 Uhr
Wofür der Test des Grundrauschens bei einem Plattenspielers ohne eingebauten Vorverstärker? Wo soll da von der Nadelspitze bis zur Cinchbuchse zusätzliches Rauschen herkommen?
Dirk Duske sagt:
#1.1 - 06.07.2020 um 07:35 Uhr
Es ist ein Vergleich zum Grundrauschen eines anderen Plattenspielers. Man hört Unterschiede.
Antwort auf #1 von phloxxo
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenphloxxo sagt:
#1.1.1 - 16.07.2020 um 05:54 Uhr
Sind das nicht eher unterschiedlich starke (Brumm-)Einstreuungen vom Motor auf den Tonabnehmer bzw. die Tonarmverkabelung? Ein passives System erzeugt doch von sich aus kein Rauschen. Was rauscht, ist der (Phono-)verstärker. Bei Tonabnehmern, die mehr Verstärkung benötigen, in der Praxis natürlich stärker hörbar.
Antwort auf #1.1 von Dirk Duske
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