Teenage Engineering OP-1 im Test: Spätestens seit seinem Auftritt im Swedish House Mafia-Video „One“ geistert der OP-1, von einem leicht mystischen Hauch umgeben, durch die synthetische Musiklandschaft. Nachdem die zunächst in geringer Stückzahl produzierten OP-1 schnell abverkauft waren, war es anfangs schwierig, ein Exemplar zu erwerben. Mittlerweile findet man den „Operator-1“ des jungen schwedischen Herstellers aber im Sortiment der meisten etablierten Fachhändler.
Aber was ist das überhaupt für ein Gerät, das aufgrund seines Designs unweigerlich Assoziationen zu dem 80er Jahre Spielzeugkeyboard VL 1 von Casio (Trio – „Da Da Da“) erweckt? Welche Zielgruppe ist bereit, dieses vermeintliche Gadget zu einem Preis zu kaufen, für den man schon den ein oder anderen „ausgewachsenen“ Synthesizer bekommt? Um darauf eine Antwort zu finden, müssen wir zunächst einmal herausfinden, was der „Kleine“ denn alles so drauf hat.
Details
Laut Hersteller gehört die ständige, intensive Weiterentwicklung des Funktionsumfangs zum Konzept des OP-1 und just heute (29.05.13) ist ein weiteres Update (OP1- OS#13585) mit einer brandneuen Synth-Engine und einem neuen Effekt (muuh!) zum Download bereitgestellt worden.
Lieferumfang
Der Teenage Engineering OP-1 befindet sich in einer, mit Produktabbildungen recht informativ gestalteten, Verpackung, auf welcher die wesentlichen Features und Bedienelemente vorab schon einmal ansatzweise erklärt werden. Das Gerät selbst wird zudem von einer anscheinend umweltverträglichen „Papierschaum-Box“ geschützt, die zusammen mit zwei mitgelieferten, schicken Gummibändern (mit Firmenschriftzug und Logo) dem weiteren Transport dienen soll. Tolle Idee, allerdings löst sich das Teil nach wenigen Transportaktionen z.B. in einer Laptoptasche in seine Einzelteile auf.
Im Lieferumfang befindet sich außerdem ein, mit Firmenlogo verziertes, USB-Kabel. Fehlt nur noch das wasserlösliche Abzieh-Tattoo zur Markenbindung. Die Gehäuseoberseite wird von einer beschrifteten transparenten Folie bedeckt, die den Neu-User als Kurzanleitung in die wesentliche Bedienschritte einweist – vorbildlich! Eine ausführliche Bedienungsanleitung gibt es ausschließlich hier als englischsprachige Downloadversion (Version 1.0 auch in japanisch, wer kein englisch kann …).
Für dich ausgesucht
Weiteres Zubehör ist optional und zu echt „skandinavischen“ Preisen erhältlich, u.a.:
- Radio-Antenne
- diverse Aufsätze für die Encoder
- Soft-Case
- Strap-Kit (Tragegurt inkl. Befestigung)
- Display-Schutzfolie
Gehäuse
Die erste Überraschung (sofern man nicht darauf vorbereitet ist) erfolgt direkt nach dem Auspacken des „Taschen-Synthesizers“. Wenn ich irgendeinem technischen Gerät mein Leben anvertrauen müsste, dann sollte es genau so wie der OP-1 verarbeitet sein! Das für seine Größe erstaunlich schwere Gerät ist eine tadellos verarbeitete Symbiose aus Aluminium und sehr hochwertigem Kunststoff. Laut Hersteller sind sämtliche Bedienelemente auf eine hohe Lebensdauer ausgelegt, so finden z.B. die Encoder auch in der Luftfahrt (hohe Temperaturschwankungen/betrunkene Engländer) Verwendung. Jeder Quadratzentimeter macht einen mehr als soliden Eindruck – alle Taster/Bedienelemente sitzen stramm und sprechen gut an. Anhand von Bildern habe ich ein weißes Gerät erwartet, in Wirklichkeit ist das OP-1 in einem matten Hellgrau-Ton lackiert und wirkt trotz der bunten Encoder fast schon seriös.
Oben links befindet sich ein kleiner Lautsprecher (1Watt/8 Ohm), der einen höheren Nutzwert hat, als man vielleicht aufgrund seiner geringen Abmessungen erwartet. Es ist durchaus möglich, Studio-Kollegen musikalische Ideen zum laufenden Playback präsent darzubieten, ohne sich gleich verkabeln zu müssen. Direkt gegenüber, auf der rechten Seite, hinter vier kleinen Löchern, verbirgt sich ein eingebautes Mikrofon, dessen Qualität ebenfalls meine Erwartung übertrifft und sich z.B. überraschend gut bei der Aufnahme von Sprachsamples schlägt.
Direkt darunter gibt eine 5-stufige LED-Anzeige Auskunft über Pegel und Ladezustand des Akkus. Am rechten Gehäuserand finden sich neben dem Power-Schalter alle weiteren Schnittstellen zur Außenwelt. Jeweils ein Audio Ein- und Ausgang in Form einer 3,5mm Klinkenbuchse wurden dem Gerät spendiert, wobei die Eingangsbuchse gleichzeitig als Anschlussmöglichkeit der optional erhältlichen Antenne für den Radiobetrieb dient. Laut Bedienungsanleitung reicht bereits ein 3,5mm Klinkenkabel als Antenne!
Außerdem gibt es einen USB-2.0-Port, der auch die einzige Möglichkeit zum Aufladen des internen Lithium-Ionen-Akkus ist. Alternativ zum, im Lieferumfang enthaltenen, USB-Kabel lässt sich auch jedes Handy-Ladegerät (5V) zum Aufladen des OP-1 nutzen – super!
OLED-Display
Hier handelt es sich um eines der ersten Highlights. Neben der luxuriösen Anmutung ist es aufgrund der vorbildlichen Ablesebarkeit aus sämtlichen Winkeln und bei unterschiedlichsten Lichtverhältnissen von sehr hohem Nutzen – des Weiteren bildet es die Basis des „farbcodierten“ Bedienkonzeptes, auf das ich später noch detaillierter eingehen werde.
Keyboard
Der OP-1 bietet 24 Keyboardtasten in ungewöhnlicher Buttonform, welcher der Tastatur des mutmaßlichen Urahn VL1 von Casio nicht ganz unähnlich ist. Die Tasten besitzen keine Anschlagsdynamik und senden den Velocity-Wert 100, wobei die Klangerzeugung als MIDI-Slave selbstverständlich auch auf Velocity-Änderungen reagiert. Über die Pfeiltasten (unten links) lassen sich Oktav-Verschiebungen einstellen oder bei gleichzeitig gedrückter Shift-Taste Pitchbendings durchführen. Die Audiobeispiele dieses Testberichts wurden zu 99 Prozent mit der OP-1 Tastatur eingespielt.
Doch was verbirgt sich unter der durchgestylten Oberfläche des OP-1? Eine kurze, zunächst kommentarlose Zusammenfassung:
Elf unterschiedliche Synth-Engines: Die Synth-Modes.
- DNA
- Dr Wave
- FM
- Pulse
- Digital
- Phase
- Cluster
- Sampler
- String
- DSynth
- Voltage (Neu!)
Die Engines scheinen allesamt 6-stimmig zu sein – interessant, dass dieser elementare Umstand nirgends Erwähnung findet, weder auf der Hersteller-Homepage, noch in irgendwelchen Verkaufsportalen! Jeder Sound im Synth-Mode verfügt über eine ADSR-Hüllkurve, einen Effekt und einen LFO (dazu später mehr).
Zwei Klangerzeugungen für Beats: Die Drum-Modes
- Sampler
- Drum Box (Synthese)
Sechs Sequenzer für Synth- und Drum-Mode
- Endless
- Finger
- Pattern
- Tombola
- Sketch
- Arpeggio (Neu!)
Die Effekte
- (Ein Effekt pro Soundprogramm plus ein Mastereffekt gleichzeitig nutzbar)
- CWO (neu!)
- Delay
- Phone
- Punch
- Grid
- Spring
Der 4-Spur Tape Recorder
- variable „Bandgeschwindigkeit“
- 16Bit/44,1kHz bei normaler Bandgeschwindigkeit
- 6 bis 24 Minuten Aufnahmezeit (abhängig von Bandgeschwindigkeit)
- Overdub-Recording
- diverse Schneide- und Loopfunktionen
- „Tape tricks“ (Tapestop, Reverse, Loop)
Der Mix-Mode
- 4-Spur Mixer
- mit Lautstärke, Panorama, Dreiband Master EQ, Master FX (siehe Effekte) und Drive (Kompressor)
Motion-Sensor
Bewegungssensor zur Steuerung des LFO
Radioempfänger
Dadurch wird der OP-1 zum stylischen Küchenradio. Der Clou: Das Radioprogramm lässt sich aufnehmen und samplen!
Anni sagt:
#1 - 11.06.2013 um 16:55 Uhr
Danke für den Test, sehr schön geschrieben.Ist es richtig, das der OP-1 nicht per MIDI synchronisiert werden kann?
Peter Koenemann sagt:
#2 - 11.06.2013 um 22:55 Uhr
Hi, im Sync Mode synchronisiert sich der OP-1 als MTC Slave. Funktioniert mit meinem Logic bestens inklusive Start, Stopp und Spulen. Tape Tricks, Cycle etc. erzeugen einen bleibenden Offset. Wenn man aus einer DAW etwas synchron aufnehmen möchte muss man etwas tricksen: Mit Note On Befehl des OP-1 ("stummes" Preset) gleichzeitig DAW starten (Keycommand "Start") und die Tape Aufnahme (Record Button vorher gedrückt halten). Weitere McGyver Lösungen für andere Setups gibt es im Netz. LG Peter
Martinair sagt:
#2.1 - 27.03.2020 um 17:28 Uhr
Lässt sich denn das OP1 mit dem Roland UM one mk2 (usb midi) verbinden um damit andere geräte mit midi kabel per midi clock zu synchronisieren ?
Antwort auf #2 von Peter Koenemann
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenPeter Koenemann sagt:
#2.1.1 - 28.03.2020 um 18:18 Uhr
Hallo Martinair,
auf deine Frage kann ich dir leider keine verlässliche Antwort geben, da mich der OP-1 bereits vor einiger Zeit verlassen hat und das Review auch schon einige Jahre her ist. Sonst jemand? ...
Antwort auf #2.1 von Martinair
Melden Empfehlen Empfehlung entfernenChris Clavinova sagt:
#3 - 20.06.2013 um 17:25 Uhr
Toller Bericht, der die Vorzüge und die Faszination des kleinen "Zauberkastens" gut beschreibt. Ich besitze das Gerät nun seit einem Jahr und habe noch immer genauso viel Freude an dem Gerät wie nach den ersten paar Takten. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich die Finger vom OP-1 lassen kann, zumal es tatsächlich ohne Postproduktion möglich ist, komplette Tracks damit zu editieren und live zu arrangieren. So gibt es auf Soundcloud.com eine eigene Gruppe, in der ausschließlich OP-1-Songs hochgeladen werden dürfen - habe da auch schon gepostet ;-)Sie schrieben:
"Beim Speichern von Sounds im OP-1 wird zunächst eine willkürlich erscheinende Zahlenkombination als Name generiert"
Meines Erachtens setzt sich die Zahlenkombination aus Datum und Uhrzeit des Zeitpunktes des Abspeicherns zusammen. Datum und Uhrzeit lassen sich im OP-1 einstellen.
Peter Koenemann sagt:
#4 - 20.06.2013 um 20:05 Uhr
Hi Chris, danke für Deinen korrekten Hinweis. Nicht alles, was willkürlich erscheint ist es auch. Trotzdem fällt es mir schwer anhand von Datum und Uhrzeit Rückschlüsse über den Sound zu ziehen. Besonders wenn 2 Sounds innerhalb von einer Minute gesichert wurden - dann haben sie tatsächlich identische Namen. Eine direkte Bennenungsmöglichkeit im Gerät wär schon hilfreich. LG Peter