Praxis
Vor allem der EQ gefällt
Positiv bemerkbar macht sich die einfache Bedienung des Tegeler Crème. Hier sitzt alles an seinem Platz, und das sorgt für wenig Bedienfehler und ganz einfach Spaß bei der Arbeit. Klanglich bietet der Crème ein durchweg recht positives Bild. Am besten gefallen hat mir tatsächlich die EQ-Schaltung, die zwar einfach, aber sehr effektiv ist. Die breiten Filter sind so musikalisch wie es nur geht, da klingt nichts unschön „prozessiert“ oder verdreht. Vielmehr lassen sich zu dumpfe Signale obenrum effektiv öffnen, während im Umkehrschluss auch in den tiefen Frequenzen ein gar zu schlankes Signal mit guten Resultaten angedickt werden kann. Auch die Eckfrequenzen halte ich für gut gewählt, und hier darf man sich von den recht niedrigen respektive recht hohen Werten nicht täuschen lassen. Selbst die höchste Position des High-Shelves, 24 kHz, greift beisweilsweise schon ab etwa 1 kHz ins Klanggeschehen ein und bildet dann ähnlich einer Baxandall-Kurve eine ganz sanfte Rampe die bis oben ansteigt. Der Punkt ist hier nicht, für den Menschen unhörbare 24 kHz herauszukitzeln, sondern die sanfte Kurve in den Frequenzen unterhalb dessen. Von etwaigem „gefährlichem Halbwissen“, das bisweilen an anderen Stellen durchs Internet geistert, sollte man sich tunlichst nicht verwirren lassen! Auch wenn der EQ auf dem Papier nicht besonders flexibel ist, so ist er doch wesentlich effektiver, als einige Leser vielleicht vermutet hätten. Für mich ist diese Baugruppe das Highlight des Crème, auch wenn sie erst einmal eher unscheinbar daherkommt, zu effektiv sind diese breit abgestimmten Filter. Gut ist, dass der Bassbereich schön konturiert bleibt auch wenn er an Volumen gewinnt. In den Höhen allerdings schenkt einem der EQ nicht ganz so viel: Ist das Ausgangsmaterial an sich bereits harsch, so hält der Crème-EQ nicht damit hinterm Berg, diesen Effekt weiter zu verstärken wenn die Höhen angehoben werden.
Kompressor „analytisch-direkt“
Als typischer THAT-VCA-Kompressor arbeitet diese Abteilung erwartungsgemäß sauber, konturiert und knackig. Die Feed-Forward-Kompression kann ihren etwas analytisch-direkten Charakter nie ganz abschütteln, aber der Vorteil eines solchen Gerätes ist, dass der Klang immer stabil und ebenfalls konturiert bleibt. Die Zeitkonstanten liefern den gesamten Bereich von Transienten-Squashing bis hin zu ziemlich ordentlichem Bass-/Bassdrum-Punch. Die Verdichtung kann gut dosiert werden, das Sidechain-Filter ist bei einem Kompressor dieses Typs eh quasi unverzichtbar. In den allermeisten Fällen wird man wohl den EQ hinter den Comp schalten wollen, auch um das Bassvolumen, das prinzipbedingt auch mit Sidechain-Filterung verlorengehen kann, wiederherzustellen. Aber schön, dass man die Wahl hat und beide Varianten ausprobieren kann!
Soundbeispiel Mix 1: Original
Soundbeispiel Mix 2: Low Boost 3 @ 100 Hz
Soundbeispiel Mix 3: Low Boost 3 @ 100 Hz, Hi Boost 1 @ 18 kHz
Soundbeispiel Mix 4: Low Boost 3 @ 100 Hz, Hi Boost 1 @ 18 kHz, Attack 30 ms, Relwase 100 ms, Ratrio 1.5:1
Soundbeispiel Mix 5:Low Boost 3 @ 100 Hz, Hi Boost 1 @ 18 kHz, Attack 30 ms, Relwase 100 ms, Ratrio 1.5:1, SC Filter 120 Hz
Soundbeispiel Chor 1: Original
Soundbeispiel Chor 2: Low Boost 3 @ 200 Hz
Für dich ausgesucht
Soundbeispiel Chor 3: Low Boost 3 @ 200 Hz, Hi Boost 5 @ 24 kHz
Soundbeispiel Chor 4: Low Boost 3 @ 200 Hz, Hi Boost 5 @ 12 kHz
Soundbeispiel Chor 5: Low Boost 3 @ 200 Hz, Hi Boost 5 @ 12 kHz, Attack 0.1 ms, Release 800 ms, Ratio 2:1
Soundbeispiel Chor 6: Low Boost 3 @ 200 Hz, Hi Boost 2 @ 12 kHz, Attack 0.1 ms, Release 800 ms, Ratio 2:1
So cremig ist er nicht
Ich möchte dennoch noch einmal auf das Wort „Crème“ zu sprechen kommen. Ich persönlich zumindest assoziiere mit dieser Klangbeschreibung ein eher weiches, samtiges, sämig angedicktes Signal, das sich bisweilen vielleicht etwas zu träge aus den Boxen schält, aber insgesamt durch sein mollig-warmes Erscheinungsbild für Wohlbefinden sorgt. Auch wenn der Tegeler-Prozessor in vielen Situationen trotzdem für gute Ergebnisse sorgt, das liefert er für mein Empfinden nicht! Schaltungstechnisch hätte ich hier eher an einen Opto-Comp mit Übertragern à la Sowter oder Carnhill gedacht, an eine elegante Röhrenausgangsstufe und an echte Spulenfilter. Auch wenn man sich nicht so sehr an den Bauteilen aufhängt, klanglich schenkt einem die Schaltung des Tegeler all dies nicht, und das kann sie mit den verwendeten, sehr nüchternen Komponenten auch gar nicht. Was der Crème kann, ist offen punchy und klar zu klingen – er ist ein moderner abgestimmtes Gerät als sein Name mich zunächst hatte glauben machen. In diesem Metier kann er auch überzeugen, vielleicht betreffen die kritischen Überlegungen also nur mich selbst beziehungsweise eine Erwatungsghaltung, die hier bei mir geweckt wurde, wobei das Gerät von seiner schaltungstechnischen Konzeption hier einfach in eine andere Richtung marschiert.
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Alex Abedi sagt:
#1 - 28.05.2017 um 14:18 Uhr
der original mix klingt besser... glaube aber nicht dass es am creme liegt. wäre schön gewesen, wenn man etwas mehr von den höhen hören könnte oder von den tiefenbässen. 3 db bei 100 hz ist schon arg viel und zieht die tiefmitten zu sehr raus.
Fexx sagt:
#2 - 01.09.2023 um 09:47 Uhr
Ich habe den Creme schon 2 Jahre und kann mich den Autor absolut nicht anschliessen, das der Kompressor je nach Material zur Härte neigen würde und das für das Geld mehr Möglich gewesen wäre. Das ist Jammern auf extrem hohen Niveau. Erst kürzlich musste Tegeler die Preise um 100€ erhöhen und selbst bei 6-8 db gain reduction arbeitet der Kompressor relativ unauffällig und transparent, nach 2 Jahren bin ich immer noch begeistert vom Creme. In der Preisklasse gib es in dieser Kombi keine Konkurrenz. Die EQs sind auch wirklich Klasse, egal ob Synthesizer, Vocals, Gruppen, Mastering oder akustische Instrument (Ja sogar für Mono Signale nutzbar!). Wobei ich sagen muss, wer das nötige Kleingeld hat, sollte zum flexibleren Creme RC greifen, das aber den Manko hat, dass die Potis nicht gerastert sind und somit nicht "dawless" Recall fähig, also quasi am Gerät selbst.