Praxis
Klanglich liefert es, was man erwarten muss
Meine Entrüstung wäre wohl grenzenlos (und sicher deutlich früher im Text zu erkennen gewesen), wenn das Telefunken Elektroakustik C12 zwar einen fünfstelligen Kaufpreis aufruft, aber klanglich nicht mithalten könnte. Also: Das Röhrenmikrofon klingt so, wie man es erwarten muss, nämlich absolut umwerfend. Im Frequenzbild sind das die berühmten Präsenzen und Höhen, die ein C12 ausmachen: Das aufgenommene Signal klingt äußerst detailliert, ist typisch für Mikros mit der Brass-Capsule CK-12 zwar spritzig, direkt und offen, aber in keiner Weise bissig. Besonders hervorzuheben ist, dass sich das Mikrofonsignal im Anschluss an die Aufnahme (oder eben schon to-tape) mit schier unfassbaren EQ-Hüben und extremer Dynamikbewegung beackern lässt, ohne dass es an Qualität abnimmt. Viele preiswerte Mikrofone klingen so lange gut, bis man etwas mehr als ein, zwei kleckerige Dezibel Veränderung einstellt. In den Mitten und den oberen Bässen ist das Telefunken C12 ein wenig zurückhaltend, bietet aber ein dennoch konkretes und formbares Signal. Vor allem Stimmen können damit eindeutig in ihrer Pitch nachvollzogen werden. Im Bass kann das C12 besonders im Nahbereich mit zwar minimal weniger trockenem, aber umso wuchtigerem Fundament punkten.
Verschiedene Amps
Wer ein derartig edles Mikrofon kauft, wird es wohl kaum an einem Standard-Interface betreiben. Und tatsächlich kann das C12 an hochauflösenden und schnellen Preamps punkten – und zeigt ganz nebenbei, was wirklich gute Wandler zu leisten vermögen, wenn der Rest der Recording-Chain mitspielt. Am Merging Technologies HAPI und dem Lavry AD11 (mit vorgeschaltetem True Systems P-Solo Ribbon, wie in den Audiobeispielen) zeigte sich das C12 noch einmal ein deutliches Level über dem Recording mit einem einfachen Focusrite-Interface. Auch leicht oder stark färbende Systeme wie ein Neve-1073-Klon (Heritage) und der Tube-Tech MP-1A können mit einem derartigen Schallwandler zur Befeuerung so richtig zeigen, was sie eigentlich ausmacht. Himmlisch!
So, jetzt kommt der eigentliche Knaller: Sicher, das Mikrofon ist Mono, doch wer einige richtig, richtig gute Röhrengeräte kennt (nicht nur Mikros, auch Gitarrenverstärker), kennt das, was gemeinhin mit „Dreidimensionalität“ bezeichnet wird. Der Sound des C12 bekommt eine irrsinnige Tiefe und wirkt wie greifbar. Hört man so etwas das erste Mal im Leben, fühlt man sich ein wenig wie „Neo“ in „Matrix“… Zusammen mit der sanften Anreicherung mit Harmonischen, die besonders auf scharfen Konsonanten und Rauschanteilen des gehaltenen Tons der menschlichen Stimme sowie Atmern für eine deutliche Veredlung sorgt und dem dynamischen Verhalten, das bei hohen Pegeln zunächst die Anreicherung verstärkt und erst sehr spät andickt, ergibt sich ein Vocal-Sound, dem man sich anders oft kaum wünschen kann. Vor allem dünnere Stimmen profitieren davon immens, ohne wie mit allzu fetten Mikros erstickt zu werden. Superb! Und natürlich kommen diese Eigenschaften vielen Instrumenten zugute.
Patterns
Die Patterns sind deutlich und klar in ihrem Timbre unterschiedlich, wie man es von Vintage-Mikros kennt. Die Kugel ist nicht nur offen, sondern hat ein wenig angenehmes „Ringing“, bei seitlicher Besprechung, klingt im positiven Sinne etwas hohler und zerbrechlicher als die Niere. Die Acht hat die kräftigste Brustbehaarung und ist mein Favorit: Das Signal springt einen förmlich an! Dass die Pattern besonders stabil wären, wird wohl niemand erwarten, allerdings sind die Übergänge in den Höhen beim Verlassen der Achse schön fließend. Dadurch kann man mit diesem Werkzeug hervorragend arbeiten, indem man die Klangfarbe der aufzunehmenden Schallquelle steuert und das Bleeding kontrolliert.
Zum Preis…
Es gibt sicher einige Menschen, die den Preis für das Telefunken C12 recht hoch schätzen würden, so à la „Bestimmt viertausend Euro! Vielleicht sogar fünf- oder sechstausend!“ Nur leider ist er fünfstellig. Diese Grenze übertreten wenige neue Mono-Mikrofone, keine Neumann, Schoeps, DPA, Microtech Gefell. Das Sony C800G liegt in dieser Preisregion, das gilt aber auch nicht gerade als gerechtfertigter Preis. Und das Telefunken C12? Nun, die Serienstückzahl wird überschaubar sein, der Entwicklungsaufwand enorm. Und noch etwas kann den Preis zumindest ein wenig relativieren: Auf die Kaufkraft umgerechnet, hat ein derartiges Studiomikrofon in den 1950er Jahren gerne mal ein halbes oder ganzes durchschnittliches Jahresgehalt gekostet.
Alex Abedi sagt:
#1 - 16.06.2017 um 20:34 Uhr
ich bin total geflashed von dem sound. meine fresse klingt das teil gut.es gibt von soundelux eine elam 251 kopie, die sehr gut sein soll. sonst wüsste ich nicht welches mic SO einen sound liefern könnte... habt ihr ideen?
Shane McGill sagt:
#2 - 17.06.2017 um 07:03 Uhr
falsche membrane - game over for a 'replica'
rubbersoul sagt:
#3 - 01.07.2017 um 13:39 Uhr
Eine klanglich hervorragende Replik!
So muss ein C12 klingen.
Aus meiner Sicht leider zu teuer, selbst bei kleinen produzierten Mengen, FLEA zeigt mit Ihrer C12 Replik das es auch deutlich günstiger geht.Die Kritik, das die Membran falsch ist, kann ich nicht nachvollziehen. Diese ist der Brass Replik genau nachempfunden.