Praxis
Warm
Telefunken Elektroakustik ist mittlerweile ein etablierter Hersteller von Mikrofonen. Dies einfach nur auf den „großen“ Namen zurückzuführen, wäre eine zu starke Vereinfachung – und schlichtweg ungerecht. Das R-F-T CU-29 „Copperhead“ ist ein Mikrofon, welches die wesentlichen Erwartungen an ein Röhrenmikrofon erfüllt: Es klingt durchaus warm, wenngleich es für meinen persönlichen Geschmack immer noch etwas zu boomy ist, besonders bei geringen Abständen. Das (deutlich teurere) Microtech Gefell UM92.1S ist klar schlanker, schneller im Bass und trockener. Im Direktvergleich merkt man, dass das Telefunken deutlich mehr Fleisch bietet. Gut ist, dass das Telefunken deutlich Höhen liefert, aber gleichzeitig nicht einen Overhyped-Sound liefert, indem es das Kapselsignal zu sehr mit Harmonischen anreichert (übersetzt: verzerrt!). Das klingt auf den ersten Blick vielleicht toll, aber verbaut meist viele Möglichkeiten im Mix. Hier geht der Hersteller den richtigen Weg, das Signal bekommt lediglich eine edle Aura, keinen harten Stempel.
Lundahl eher verhalten
Die scharfen Konsonanten bekommen zwar eine leichte Anreicherung, aber ein De-Esser wird bei besonders „deutsch“ artikulierenden Sängern vielleicht dennoch häufiger zum Einsatz kommen als bei manch anderem Mikrofon. Die gehaltenen Klänge haben eine gewisse Farbe, doch ist insgesamt alles gut austariert. Man merkt, was das Hauptaugenmerk bei der Entwicklung war: Stimme. Männer- wie Frauenstimmen kommen mit dem Mikrofon gut klar, wobei ich derartige Aussagen eher verhalten machen würde – die Eignung eines Mikrofons für eine Stimme ist fast immer individuell, besonders bei eher charaktervollen, zu denen Großmembraner ja per se zählen. Als verhalten färbendes Röhrenmikro ist man mit dem CU-29 aber auf der sicheren Seite. Das liegt nicht zuletzt an der Wahl des Übertragers, denn Lundahl produziert eher verhaltene Trannys, keine brutalen Soundmonster, an denen sich das Signal aufreibt und grob wird.
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Vocal-Booth, vielleicht noch Gitarrenamp
Der Sweet-Spot des CU-29 ist sehr gut. Das bedeutet jetzt nicht, dass die Patternstabilität der Niere mit einem Audio-Technica AT5045, einem Sanken CU-51 oder einer Schoeps Colette CMC6/MK4 vergleichbar wäre. Perfekt deshalb, weil es einen recht großen Bereich vor dem Mikrofon gibt, der eine Aufnahme ohne signifikante Klangänderungen ermöglicht. Somit ist die Gefahr, dass unerfahrenere Sänger oder Sängerinnen die Aufnahme technisch ruinieren, sehr gering. Das, was das Mikrofon seitlich und von seiner Rückseite aus aufzeichnet, ist zwar nicht sonderlich linear und „phast“ ein wenig, aber das übliche Einsatzgebiet eines Nieren-Großmembranmikros ist und bleibt die Vocal-Booth, vielleicht der Gitarrenamp – da spielen Raumreflexionen und Bleeding geringere Rollen. Bei akustischen Instrumenten wie Akustikgitarre, aber besonders bei Drumkits mit den vielen umgebenden Instrumenten ist dagegen eher Vorsicht angebracht. Auch wissen sollte man, dass das Telefunken CU-29 bei starken Pegelspitzen deutlich einknickt. Dadurch ergeben sich Kompressionsartefakte bei hohen Pegeln, die das Signal dicht, aber flach wirken lassen. Bei Gitarrenamps kann man damit durchaus spielen, bei sehr lauten Sängern will man das meist dem Kompressor überlassen. Extrem kurze Pegelanstiege werden ebenfalls etwas zusammengedrückt, aber ordentliche Röhrenmikrofone, bei denen das nicht so ist, sind mir in der Preisrange des CU nicht bekannt.
Tory Grey sagt:
#1 - 17.03.2018 um 15:01 Uhr
Thanks!!!