Analog, semimodular und preiswert: Behringer erweitert sein Portfolio mit dem Behringer Kobol Expander. Sein Vorbild aus den 70er Jahren zählt nicht gerade zu den vielbenutzten Vintage-Synthesizern. Das ist auch gut so. Wer möchte denn jetzt noch einen weiteren Moog, Sequential oder Oberheim als Clone serviert bekommen? Behringer hat sie längst herausgerückt und im Bonedo-Test jeweils bleibende Eindrücke hinterlassen. Zurecht rangieren diese Synthesizer auf den vorderen Verkaufsrängen. Konkret sprechen wir vom Behringer Pro-800, Behringer Model D und vom Behringer Pro-1.
Mit dem Behringer Kobol Expander kommt nun ein nicht ganz so gewöhnlicher Analog-Synthesizer auf den Producer-Desktop. So richtig alternativ ist er aber nicht – auch nicht sein Vorbild, der RCF Kobold. Vielmehr könnte der ehemalige Hersteller RSF damals versucht haben, einen Minimoog bezüglich Modulation zu erweitern und daraus einen flexibleren eigenen Synthesizer zu entwicklen. Streifen wir zunächst die Geschichte.
Behringer Kobol Expander – das Wichtigste in Kürze
- Clone des RSF Kobol als Desktop-Modell
- Klassisches Design mit analogen Bauteilen
- Semimodularer Aufbau mit 31 Patch-Punkten
- Zwei VCOs mit sieben Wellenformen, Sync und PWM
- 24dB-Tiefpass-Filter
- Audio-Eingang
- Eurorack-kompatibel
Das historische Vorbild: RSF Kobol Expander
Eigentlich muss man nicht so sehr viel wissen. Fakt ist, dass die kleine französische Firma RSF nur wenige Hundert Einheiten des Kobol Synthesizers produziert hatte. Sie gerieten meist in prominente Hände, so etwa von Vangelis, Jean-Michel Jahre, Depeche Mode oder Vince Clarke.
Der RSF Kobol erschien 1978 als Tastatur-Synthesizer mit einem interessanten Oszillator-Konzept, ein Jahr später folgte ein Rackmodell: der RSF Kobol Expander, von dem es vier verschiedene Komponenten (Expander 1 und 2, Programmer und Mixer) gab. Wer sich für diese Geräte interessiert, findet auf der offiziellen Webseite von RSF die originalen Anleitungen und Dokumente.
Behringer Kobol Expander: Nicht als Plugin zu bekommen
Die Brüder Ruben und Serge Fernandez (= RSF) hinterlassen mit dem RSF Kobol einen unikaten und mittlerweile eigentlich unerschwinglichen Synthesizer. Es ist heute frustrierend nach einem gebrauchten Original zu schauen.
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Selbst Emulationen für PC oder Mac sind rar. Sogar Arturia aus Frankreich bietet keinen Kobol als Plugin (Stand: Juni 2024). Nur eine andere kleine französische Firma liefert eine polyfone Interpretation des RSF Kobol, die mit rund 160 EUR nicht viel günstiger ist als der Behringer Kobold Expander: Xils-Lab mit dem PolyKB.
Behringer Kobol Expander: Überblick
Der Behringer Kobol Expander ist ein monofoner Analog-Synthesizer mit zwei synchronisierbaren Oszillatoren (VCOs) plus Rauschgenerator (White/Pink), einem Tiefpass-Filter (VCF), zwei ADS-Hüllkurven (für Filter/Verstärker). Er ist semimodular aufgebaut: VCO, VCF und VCA sind fest verdrahtet.
Mit den 31 Patch-Punkten (Miniklinke), die über alle Bereiche der Klangerzeugung verteilt sind, lassen sich beliebige Modulationen erstellen. Hierfür liefert Behringer zwei kurze Patch-Kabel mit.
So betrachtet haben wir es mit einem ziemlich flexiblen Analog-Synthesizer zu tun, der monofone Standardklänge beherrscht und mit den vielen Ein- und Ausgängen auch für wilde Spielereien offen ist. Dabei können externe Audio-Signale in die Klangerzeugung eingespeist werden.
Ein Arpeggiator und Sequencer sind leider nicht beim Behringer Kobol Expander vorhanden, Effekte wie Chorus oder Delay gibt es auch nicht. Mit der kostenfreien App „Synthtribe“ lassen sich globale Einstellungen treffen oder auch Firmware Updates durchführen. Außerdem lässt sich der 1,65 kg leichte Kobol Expander ins Eurorack integrieren.
Behringer Kobol Expander: Solide Hardware
Optisch treffen wir auf einen typischen Behringer-Desktop-Synthesizer: eine robuste und kompakte Hardware im klassischen Look mit Seitenteilen aus echtem Holz. Die insgesamt 23 Drehregler und weitere Bedienelemente des Kobol Expander liegen großzügig verteilt auf dem schwarzen Panel. Auch für größere Hände machen sie haptisch einen guten Eindruck. Dies kann man etwa beim Behringer Pro-800 nicht gerade behaupten.
Rechts oben liegt eine klassische MIDI-In-Buchse, darunter der Kopfhöreranschluss. Auf der Rückseite findet sich neben der Netzteil-Buchse ein Mono-Ausgang (6,3 mm Klinke), MIDI Out/Thru- und USB-MIDI-Port. Zudem lässt sich mittels vier DIP-Schalter der MIDI-Kanal einstellen. Für Bastler willkommen: Der Kobol Expander lässt sich seinem Chassis entnehmen und in ein Standard-Eurorack-Gehäuse montieren.
Behringer Kobol Expander: Besondere Oszillatoren und Filter
Der Behringer Kobol Expander verfügt über zwei speziellere VCOs. Sowohl VCO 1 als auch VCO 2 liefern sieben Wellenformen. Der Clou: Man kann von einer zu anderen Wellenform beziehungsweise zwischen sämtlichen VCO-Wellenformen (Dreieck, Sägezahn, Rechteck, Pulswellen) per Drehregler oder einer Modulationsquelle morphen. So lassen sich beim Behringer Kobol Expander individuelle und bewegte Basisklänge entlocken. Zudem ist eine Oszillator-Synchronisation einstellbar, auf die Pulsweitenmodulation (per LFO/Hüllkurve steuerbar) muss man auch nicht verzichten.
Weitere Eigenart der VCOs: Anstelle der klassischen Fußlagen (8“, 16“ und so weiter) lässt sich der Oszillator von 10 Hz bis 10 kHz stufenlos durchfahren. Die Filtersektion des Behringer Kobol Expander arbeitet mit einem 24 dB-Tiefpass. Die Resonanz kann bis zur Selbstoszillation getrieben werden. Das klingt theoretisch sehr nach einer Moog-Lösung, in der Praxis offenbart sich das analoge Tiefpassfilter etwas ungezähmter. Es will vor allem im letzten Drittel des Reglerwegs behutsam justiert werden.
Behringer Kobol Expander: LFO und weitere Parameter
Der LFO schwingt mit der Dreieck- oder Rechteck-Wellenform und kann auf einige Parameter einwirken. Er begeistert mehr als ein Niederfrequenz-Oszillator für Vibrato oder Filter-Wah. Tatsächlich ist seine Geschwindigkeit von 0,1 Hz bis 100 Hz regulierbar. Es sind metallische und andere disharmonische Klänge möglich. Die beiden Hüllkurven haben drei Phasen ADS, wobei die Decay-Zeit auch für das Release umfunktioniert werden kann. Im Praxisteil beschäftigen wir uns mit den einzelnen Komponenten und liefern einige Audio-Demos – hörenswert!
Darüber hinaus wollen die über 30 Patch-Punkte erforscht werden. Man kann nicht falsch machen und über viele Monate oder sogar Jahre viele persönliche Erfahrungen sammeln.
Behringer Kobold Expander: Software Synthtribe
Behringers Freeware „Synthtribe“ unterstützt selbstverständlich auch den Behringer Kobol Expander. Nachdem Computer und Synthesizer per USB-Kabel verbunden sind, erkennt Synthtribe den angeschlossen Kobol Expander und wird nach Neuerwerb des Geräts zunächst einmal auf eine Firmware-Aktualisierung hinweisen. Sie lässt sich schnell wie problemlos durchführen. Viel lässt sich ansonsten nicht mit Synthtribe bewerkstelligen. Einstellbar sind MIDI-Kanal, Umfang des Pitchbendings, Key Priority (Low, High, Last), Multi Trigger, Gate in Revers, Clock Forward, Channel Message Forward. Der Advanced User wird es zu schätzen wissen.
Eigentlicher Höhepunkt ist die Funktion „Poly Chain“. Damit lassen sich bis zu 16 Units des Behringer Kobol Expander per MIDI verbinden und polyfon spielen. Angesichts der günstigen Anschaffungskosten und der geringen Abmessungen der Geräte ist das „Chaining“ durchaus eine überlegenswerte Option.